Die Stadt begrüßt die geplante Modernisierung ihres Bahnhofes. Doch das Prozedere ist zäh – und teurer als gedacht.

Bietigheim-Bissingen - Die Sache an sich wird einhellig begrüßt: Dass der Bahnhof modernisiert werden soll, freut sowohl die Bietigheimer Stadträte als auch die Stadtverwaltung. Doch das Vorgehen der Bahn, die als Eigentümerin für die Sanierung zuständig ist, stößt bei ihnen auf Unverständnis. Weder die Preissteigerung um rund 25 Prozent auf fast vier Millionen Euro sei plausibel erklärt worden, noch der enorm lange Vorlauf für das Projekt, so der Tenor in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats.

 

Er freue sich ja über die Zusage zur Aufwertung des Bahnhofs, sagte der CDU-Rat Jürgen Weller. Aber die massive Kostensteigerung sei ihm suspekt: „Da muss man sich schon fragen, wie seriös die Kostenplanung war“, kommentierte er. Die Stadt Bietigheim-Bissingen trägt zwar nur rund 15 Prozent der Kosten – weitere 15 Prozent kommen vom Land und 70 Prozent zahlen Bahn und Bund. Doch die höheren Preise bewirken, dass der Anteil der Stadt von den geplanten 600 000 Euro auf nun 900 000 Euro gestiegen ist.

Arbeiten sind aufwendiger als gedacht

Laut der Stadtverwaltung sind die Mehrkosten nicht ungewöhnlich, da die ersten Schätzungen ohne Planungsgrundlagen gemacht worden seien. Nun habe sich gezeigt, dass einige Arbeiten komplizierter würden als angenommen. Zudem sei besonders für die Modernisierung der Fußgängerunterführung, in der unter anderem ein neues Beleuchtungskonzept installiert werden soll, ein größerer Betrag angesetzt. Hinzu komme, dass ein neues Europäisches Regelwerk beachtet werden und deshalb voraussichtlich ein teures Schallgutachten erstellt werden müsse.

Plausibel seien diese Erklärungsversuche nicht, befand Attila Tür (GAL). „Aber wir werden die Modernisierung dennoch vorantreiben.“ Allerdings drängte er darauf, eine Obergrenze für die Kosten sowie einen Termin, bis zu dem die Arbeiten fertig sein sollen, im Vertrag mit der Bahn festzuschreiben – was Oberbürgermeister Jürgen Kessing zusagte. Denn auch er zeigte sich verärgert über das Prozedere: „Wir haben es mit einer ehemaligen Behörde zu tun, die scheinen immer noch so zu arbeiten wie früher“, monierte er. Aber die Stadt habe eine Verantwortung für die Fahrgäste vor Ort. Zudem seien die Möglichkeiten begrenzt: „Entweder wir stimmen dem Paket jetzt zu oder es wird gar nichts passieren am Bahnhof“, stellte er klar.

Das sieht der Sozialdemokrat Kai Emmert anders: „Die Preissteigerung ist enorm ärgerlich. Ich will das nicht einfach durchwinken“, sagte er. Dementsprechend enthielt er sich zusammen mit zwei anderen Räten bei der Abstimmung, alle anderen stimmten für das Projekt.

Baustart ist voraussichtlich im Sommer 2014

Trotzdem geht die Planung wohl weiter eher in Bummelbahn- als in ICE-Geschwindigkeit voran: Der Baustart ist laut der Bahn auf den Sommer 2014 terminiert, bis zum Frühjahr 2016 könnte die Sanierung fertig sein. Bei der Modernisierung soll der Bahnhof vor allem behindertengerecht gestaltet werden. Dafür werden drei neue Aufzüge installiert. Außerdem werden Teile der Bahnsteige an den Gleisen 3 und 4 sowie an den Gleisen 9 und 10 neu gebaut. Auch die Dächer über den Bahnsteigen und die Unterführung für die Fußgänger sollen modernisiert werden.

Die Arbeiten würden „unter rollendem Rad“ ausgeführt, der Zugverkehr werde dafür nicht reduziert, verspricht eine Sprecherin der Bahn. Sie erklärt die hohen Kostensteigerungen damit, dass die ursprünglichen Zahlen auf groben Schätzungen beruht hätten. Diese seien am Schreibtisch gemacht worden, ohne dass die konkreten Verhältnisse vor Ort am Bahnhof genauer untersucht worden seien. Inzwischen habe sich herausgestellt, dass manches aufwendiger sei als gedacht.

So müssten zum Beispiel für die barrierefreie Erschließung der Gleise 9 und 10 die Treppen ganz entfernt werden, was die Kosten erhöhe. Für die Barrierefreiheit seien ursprünglich 1,7 Millionen Euro angesetzt gewesen, tatsächlich koste sie nun nach der Feinplanung 2,1 Millionen Euro. Und für die Bahnsteigerhöhung müssten nun 2,9 Millionen Euro ausgegeben werden statt der veranschlagten 2,1 Millionen Euro.

Auch für den Zeitablauf gelte, das ursprüngliche Ziel sei nur eine Annahme gewesen, aber kein fixes Zeitgerüst. Planungen pflegten sich zurzeit generell etwas in die Länge zu ziehen.