Die Bahn modernisiert den Bahnhof in Bietigheim. Er soll heller, schöner und behindertengerechter werden. Nur S-Bahn-Steig und die Toiletten nicht. Das stört die Stadt – und bittet deswegen zum Ortstermin.

Bietigheim-Bissingen - Im Grunde sind es nur gute Nachrichten, die die Deutsche Bahn in Bietigheim verkünden kann: Die Modernisierung des Bahnhofs liege im Zeitplan, Ende Dezember will sie fertig sein. Und der Kostenrahmen von knapp sechs Millionen Euro scheint auch eingehalten werden zu können. So gäbe es also kaum etwas Spektakuläres zu berichten.

 

Doch die Bahn hat die Rechnung nicht mit der Stadt gemacht. Die beschwerte sich nämlich bei der Bahn, dass der neue Bahnhof nicht behindertengerecht genug sein werde. So bleibe das S-Bahn-Gleis von der Modernisierung ausgespart, bekomme also auch keine weißen Leitstreifen am Boden, die für Sehbehinderte so wichtig seien. Ebenso sollen demnach die Treppengeländer hier im Unterschied zu den anderen Bahngleisen nicht in Blindenschrift die Gleisnummer eingeprägt bekommen. Ein weiteres Anliegen der Stadt ist eine behindertengerechte Toilette. Bislang gibt es eine Toilette im Untergeschoss, die nur per Treppe erreichbar ist.

Die Klagen sind nicht neu

Die Klagen sind an sich auch nicht neu, auch die lokale Presse berichtete bereits Ende des vergangenen Jahres darüber. Nun brachten Behinderte die Beschwerden beim jährlichen Gespräch mit der Stadt unter dem Stichwort „barrierefreies Bietigheim“ wieder aufs Tableau. Und jetzt traf sich der Oberbürgermeister Jürgen Kessing mit den Projektverantwortlichen der Bahn zum Ortstermin am Bahnhof, um zu erklären, wo der Schuh drückt.

„Das ist ein Thema, das immer wieder hochkommt, auch zurecht“, merkte Kessing mit Bezug auf die Bahnhofstoilette an. Ein Anbau am Bahnhofsgebäude sei nicht möglich, da es denkmalgeschützt sei. Michael Groh, der Leiter des Regionalbereichs Südwest bei der Deutschen Bahn, schlug eine Toilettenanlage auf dem Bahnhofsvorplatz vor. Kosten: rund 100 000 Euro. Dabei ist noch völlig unklar, wie die Kosten zwischen Bahn und Stadt aufgeteilt werden, geschweige denn, wer den Unterhalt übernimmt. „Wir werden uns bemühen, hier bis zum Dezember aussagefähig zu sein“, sagte Groh.

Die Bahn kann noch keine definitiven Zusagen machen

Auch beim zweiten Punkt, den Leitlinien für Blinde auf dem S-Bahn-Steig, konnte Groh keine definitive Aussage machen. Der S-Bahn-Steig ist als einziger von der Modernisierung der Bahn ausgenommen, weil er bereits über die notwendige Höhe von 96 Zentimetern verfügt. Groh schlug vor, die Leitlinien aufzukleben, wie es bereits in Vaihingen an der Enz oder Stuttgart gemacht wurde. Für diese Lösung habe der Verband Region Stuttgart seine Unterstützung in Aussicht gestellt. „Wir brauchen eine Lösung, die so günstig und so praktikabel wie möglich ist“, sagte Groh. Zu den Kosten konnte er keine Angaben machen, nur, dass sie nicht Teil der Kosten des Modernisierungsprogramms seien. Hierbei sind die Stadt und das Land je mit 15 Prozent mit im Boot.

Die Umsetzung der Modernisierungspläne in Bietigheim ist nach Angaben der Bahn zu 75 Prozent abgeschlossen. Derzeit wird der Bahnsteig an Gleis zehn abgetragen und dann höher neu errichtet. Die Züge in Richtung Heilbronn fahren daher auf Gleis neun. Im September soll die Unterführung neu gestaltet werden, jeweils in Abschnitten und immer nur halbseitig, so dass ein Durchlaufen weiter möglich ist. „Natürlich ist so ein Umbau immer mit Behinderungen verbunden, aber da müssen wir jetzt durch“, sagte Reinhard Fandrich, der zuständige Projektleiter der Bahn.

Die drei neuen Aufzüge könnten bereits Ende August in Betrieb gehen. Wenn alles glatt ginge, könne man in der Kalenderwoche 51 die offizielle Einweihung feiern. „Das wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk“, kommentierte Kessing.