Die Hälfte der Tunnel zwischen Stuttgart und Ulm sind vorgetrieben, nun folgt unter Gablenberg ein Durchschlag. Stuttgart-21-Kritiker attestieren dem neuen Bahn-Chef einen „Fehlstart“ weil der sich zum Milliardenprojekt bekannt hat.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Der ganz große Bahnhof wird es nicht sein, wenn am Dienstag die letzte Gesteinsbarriere fällt und die Mineure in der Weströhre des Tunnels nach Ober- und Untertürkheim den Weg frei machen von der Innenstadt bis kurz hinter den Neckar. Kam im Dezember vergangenen Jahres zu einem vergleichbaren Anlass am Kriegsberg noch der damalige Bahn-Chef Rüdiger Grube angereist, wird dieses Mal in eher kleiner Runde gefeiert: S-21-Chef Manfred Leger wird dabei sein ebenso wie Sven Hantel, Konzernbevollmächtigter der Bahn für Baden-Württemberg, das Land ist vertreten durch den Ministerialen Peter Morhard, das Rathaus schickt Gerhard Rothermund, der sich im Tiefbauamt um S 21 kümmert. Komplettiert wird die Runde durch Regionalpräsident Thomas Bopp.

 

In Stuttgart sind 45 Prozent der Tunnel vorgetrieben

Die Bahn nimmt den Durchschlag des Tunnelteilstücks zum Anlass, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Von 120 Tunnelkilometern, die bei Stuttgart 21 und der sich anschließenden Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm durch den Untergrund getrieben werden müssen, sind mehr als die Hälfte erledigt. Betrachtet man nur die für die Umgestaltung des Stuttgarter Bahnknotens notwendigen unterirdischen Bauten, haben die Mineure gut 45 Prozent des Solls erreicht.

In der nun fertig ausgebrochenen Röhre soll einmal die Gleise liegen, auf denen die Züge vom Neckartal kommend in Richtung des neuen Bahnhofs fahren. An den beiden Tunnelenden fehlen aber noch gut 400 Meter, die die Mineure vor sich haben, ehe sie wieder Licht sehen. Vor allem der Bau in Richtung Obertürkheim gestaltete sich schwierig. Zwar gelang es bereits im März 2016, erstmals einen Verkehrstunnel unter dem Neckar durchzubauen, aber wenige Monate später musste der Vortrieb im September 2016 gänzlich eingestellt werden, da kurz hinter dem Untertürkheimer Lindenschulviertel unerwartet viel Wasser in die Tunnelbaustelle lief: bis zu zehn Liter pro Sekunde. Um beim weiteren Bau keine ähnlichen Zwischenfälle mehr zu erleben, sondiert die Bahn mit Bohrungen den vor ihr liegenden Baugrund. Zu diesem Zweck muss unter anderem der Fußballplatz und die Tennisplätze der Sportgemeinschaft Untertürkheim aufgegraben werden.

Die 10 wichtigsten Fakten zu Stuttgart 21 sehen Sie im Video:

S-21-Gegner drohen mit rechtlichen Konsequenzen

Vor solchen Risiken im Untergrund hatten die Stuttgart-21-Gegner immer wieder gewarnt. Dass der neue Bahn-Chef Richard Lutz bei der Bilanzpressekonferenz des Staatskonzerns vergangene Woche bekundete, er sei „finster entschlossen, das Projekt zu Ende zu führen, und zwar zu einem guten und erfolgreichen Ende“, wertet das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 als „finsteren Fehlstarts“ des Manns an der DB-Spitze. Der Sprecher des Aktionsbündnisses, der Jurist Eisenhart von Loeper, droht mit den „gebotenen rechtlichen Konsequenzen“, da Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla erklärt habe, „beim Thema Anhydrit ,alles im Griff‘ zu haben“, obwohl selbst von der Bahn beauftragte Gutachter vor Risiken warnten. Von Loeper hatte bereits im Februar zusammen mit dem ehemaligen Richter Dieter Reicherter Strafanzeige gegen Rüdiger Grube und Pofallas Vorgänger Volker Kefer erstattet.