Der Vergabekalender verliert seine Pünktlichkeit. Die Inbetriebnahme des Stuttgarter Netzes ist nun für 2019 geplant. Unternehmen erhalten mehr Zeit für den Kauf von Zügen. Die CDU kritisiert die abermalige Verzögerung.

Stuttgart - Moderne Züge, die häufiger fahren – so stellt sich Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) den Zugverkehr der Zukunft im Land vor. Wann die neue Generation des Regionalverkehrs auf die Schiene gesetzt wird, geht aus einem detaillierten Papier mit Namen Vergabekalender hervor. Der gibt vor, wann Eisenbahnverkehrsunternehmen den Zuschlag erhalten, um ihre Züge auf bestimmten Bahnstrecken fahren zu lassen. Ebenso lässt sich der Zeitpunkt der Inbetriebnahme einer Strecke erkennen.

 

CDU kritisiert die abermalige Verzögerung

Dieser Vergabekalender ist nicht in Stein gemeißelt, er wird vom Verkehrsministerium den Gegebenheiten angepasst. Konkret heißt dies, dass viele Termine verschoben werden, in der Regel nach hinten. „Noch ein Vergabekalender – Noch mehr Verzögerungen“, formulierte die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi einen Antrag mit vielen Fragen an das Verkehrsministerium. Es geht um das Herz des Bahnverkehrs mit lukrativen Verbindungen rund um die Landeshauptstadt. „Aus welchen Gründen verzögert sich die Inbetriebnahme der Stuttgarter Netze erneut um ein halbes Jahr?“ möchte Nicole Razavi beispielsweise wissen. Und tatsächlich, die Inbetriebnahme dieser Netze wurde von Dezember 2018 auf Juni 2019 verschoben. So viel Zeit wird also – mindestens – vergehen, bis der Bahnverkehr im Großraum Stuttgart neu aufgestellt ist. 14,9 Millionen Kilometer legen Züge jährlich auf diesen Strecke zurück, und zwar aufgeteilt in drei Lose Neckartal (6,8 Millionen Zugkilometer), Rems-Fils (3,7 Millionen Zugkilometer) und Franken-Enz (4,3 Millionen Zugkilometer). Jeder Bieter darf maximal zwei Lose übernehmen. Selbst wenn also die DB Regio, die bisher ihre Züge in diesem Netz rollen lässt, erneut den günstigsten Preis aufrufen sollte, wird auf jeden Fall ein Mitbewerber zum Zug kommen. „Aufgrund der Loslimitierung öffnet sich der Weg für weitere Eisenbahnunternehmen“, betont auch das britische Unternehmen Go Ahead und hat ein entsprechendes Angebot bereits eingereicht. Kommende Woche soll die Angebotsfrist enden, im November die erfolgreichen Bieter feststehen.

Minister: Wettbewerb bleibt erhalten

Dass noch knapp vier Jahre vergehen werden, bis die neuen Schienenfahrzeuge zum Einsatz kommen, begründet Minister Hermann mit „eindeutigen Hinweisen aus dem Kreis der Bieter“. Die sehen ein hohes zeitliches Risiko bei der Beschaffung und Zulassung der Neufahrzeuge. Laut Ministerium hätte dies entweder eine Einengung des Kreises der Fahrzeughersteller oder höhere Preise durch Risikoaufschläge nach sich gezogen. „An beidem kann das Land aus ökonomischen Gesichtspunkten kein Interesse haben“, betont Hermann. Die Verschiebung stelle sicher, dass der Wettbewerb erhalten bleibe und marktangemessene Preise zu erwarten seien.

Bei der Vergabe des Gäu-Murr-Netzes im August 2015 ist Hermanns Plan aufgegangen, durch mehr Wettbewerb einen besseren Zugverkehr möglich zu machen: Das Land muss von 2017 an wesentlich weniger bezahlen, damit der Wettbewerbssieger DB Regio von 2017 an dort fährt. Trotz neuem Wagenmaterial. Der große Verkehrsvertrag zwischen DB Regio und dem Land endet im Herbst 2016. Bis Mitte 2019 gelten Übergangsverträge. Auch für sie werden derzeit Angebote abgegeben. Mehrere Unternehmen sollen Interesse zeigen, heißt es in Eisenbahnerkreisen.