Die Legionärskrankheit fordert immer wieder Menschenleben. Kontrollen von Trinkwasseranlagan sollen nun die Erreger in Schach halten.

Ulm - Zu Beginn des Jahres 2010 ging in Ulm die Angst um:

 

Zahlreiche Menschen erkrankten schwer an der Legionärskrankheit

, die von Bakterien, den Legionellen, verursacht wird. Es dauerte lange Wochen, bis nach akribischer Suche

die Quelle gefunden wurde

: Ein besonders aggressiver Vertreter der Legionellenfamilie hatte sich im Blockheizkraftwerk und in dessen Kühltürmen im neuen Telekom-Gebäude eingenistet, das mit einem sogenannten Rückkühlwerk ausgerüstet ist.

Von den rund 70 bekannten Patienten, die damals an der Legionärskrankheit litten, fielen fünf dem Erreger zum Opfer. In ihrer Bilanz zu der Ulmer Legionellenepidemie schrieb eine Expertenrunde damals, dass die Todesfälle nicht hätten auftreten müssen, wenn in Deutschland eine "adäquate Gesetzgebung und Risikoregulierung" zur Kontrolle offener Rückkühlwerke vorhanden wäre.

Legionellen in Trinkwasseranlagen

Auch Leitungswasser ist nicht ohne Risiko. Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen - meist nach dem Auftreten einer oder mehrerer Erkrankungen - Legionellen in der Trinkwasseranlage von Wohngebäuden gefunden werden. Ein Beispiel ist eine Anlage in Kornwestheim mit fast tausend Bewohnern, wo im vergangenen August eine zu hohe Legionellenzahl im Wassernetz festgestellt wurde.

Selten ist dies keineswegs: Experten schätzen, dass 20 bis 25 Prozent aller Wohnkomplexe erhöhte Legionellenkonzentrationen aufweisen könnten - wenn man denn danach suchen würde. Auch das bundesweit für Infektionskrankheiten zuständige Robert-Koch-Institut geht von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. In einem vor einem Jahr erschienenen RKI-Bericht über einen Patienten, der sich eine durch Legionellen verursachte Lungenentzündung im Ausland zugezogen hatte, heißt es: "Die nach dem Infektionsschutzgesetz gemeldeten labordiagnostisch gesicherten etwa 500 Fälle pro Jahr sind nur die absolute Spitze des Eisbergs." Hochrechnungen gehen von 15.000 bis 20.000 Fällen pro Jahr in Deutschland aus.

Masseninfektionen sind selten

Allerdings gibt es verschiedene Krankheitsbilder und unterschiedlich schwere Verlaufsformen. Dabei sind Masseninfektionen eher selten, auch wenn sie besonders im Gedächtnis bleiben wie 2010 in Ulm oder 1999 in den Niederlanden, wo 32 Menschen durch Legionellen starben, die sich in einem Springbrunnen festgesetzt hatten. Zumeist handelt es sich um "sporadische Einzelinfektionen", wie die Ärzte sagen. Gemessen an der recht weiten Verbreitung der Keime kommt es nach Meinung des RKI aber vergleichsweise selten zu Problemen: In der Regel erkranken bei Epidemien nur etwa ein Prozent der exponierten Personen. Den betroffenen Patienten hilft diese Statistik allerdings nicht viel.

Die größte Infektionsgefahr geht dabei nicht von belastetem Wasser selbst aus - es kann trotz Legionellen getrunken werden. Problematisch ist vielmehr Nebel oder Dunst, der Legionellen enthält: Die Infektion erfolgt, wenn man diese feinen Tröpfchen samt den Bakterien einatmet, etwa beim Duschen. Die Bakterien fühlen sich zwischen 25 und 50 Grad am wohlsten. Eine massive Kontamination mit Legionellen ist dabei ein deutlicher Hinweis, dass das betreffenden Wassersystem technisch nicht in Ordnung sein kann.

Kaltes Wasser sollte auch im Sommer kühler als 20 Grad sein - dann stellt es keine Gefahr dar. Und warmes Wasser sollte am Boiler mindestens 60 Grad heiß sein und mit 55 Grad im Haus zirkulieren. Wenn man dann noch darauf achtet, dass es keine größeren Toträume im Haus gibt, in denen längere Zeit Wasser stehen kann, hat man der Gefahr einer Verseuchung durch Legionellen recht gut vorgebeugt. Doch dem Gesetzgeber reicht diese Vorsorge nicht mehr: Wie berichtet tritt am 1.November die neue Trinkwasserverordnung in Kraft. Sie sieht unter anderem eine regelmäßige Kontrolle von größeren Anlagen auf einen möglichen Befall mit Legionellen vor (siehe Kasten). Betroffen von dieser Regelung sind gewerbliche Anlagen, wozu auch Mehrfamilienhäuser zählen.

Der Kampf gegen Legionellen

Novelle: Am 1. November tritt in Deutschland die neue Trinkwasserverordnung in Kraft, bei der es laut Bundesgesundheitsministerium um „Anpassung an europarechtliche Vorgaben sowie Entbürokratisierung“ geht. Die Novelle sieht erstmals umfassende Regelungen für Legionellen in Trinkwasseranlagen vor.

Kontrolle: Einmal im Jahr müssen größere Trinkwasseranlagen von einem zugelassenen Labor auf Legionellen untersucht werden. Das Ergebnis ist unaufgefordert dem Gesundheitsamt mitzuteilen. Dies gilt auch für Besitzer von Mehrfamilienhäusern, die einen Wasserspeicher mit mehr als 400 Liter Inhalt haben. Nicht betroffen sind Ein- und Zweifamilienhäuser.