Die Hauseigentümer in Böblingen, deren Häuser durch Geothermiebohrungen Risse aufweisen, beklagen sich über mangelnde Unterstützung. Jochen Weinbrecht vom Landratsamt ist zuversichtlich, dass die Versicherung der Bohrfirma die Sanierung bezahlt. Sicher ist das jedoch noch nicht.

Böblingen - – Jene Böblinger Hauseigentümer, deren Gebäude Schäden aufweisen, die auf eine Geothermiebohrung zurückgeführt werden, beklagen, sie hätten bisher zu wenig Unterstützung erhalten. Der Leiter des Wasserwirtschaftsamts, Jochen Weinbrecht, verspricht, dass das Landratsamt gemeinsam mit der Stadt in der nächsten Woche eine Internetseite mit Informationen und Ratschlägen einrichtet.
Herr Weinbrecht, die Hausbesitzer sorgen sich um ihre Existenz. Ist es sicher, dass eine Versicherung für die Schäden aufkommt?
Das können wir noch nicht abschließend sagen. Wir haben aber gute Erfahrungen in Leonberg gemacht, wo vor zwei Jahren Schäden an rund 30 Häusern aufgetreten waren. Nach unserem Kenntnisstand hat die Versicherung die Betroffenen alle entschädigt. Wir tun unser Möglichstes, damit es auch es dieses Mal so laufen wird. In Böblingen haben wir aber viel mehr Erdwärmebohrungen, die schadhaft sein könnten. Die Schadenshöhe in Leonberg lag im Millionenbereich. Wie viel die Versicherung der Bohrfirma – bei ihr handelt es sich um dieselbe wie in Böblingen – den Leonberger Betroffenen insgesamt bezahlt hat, wissen wir nicht.
Was haben Sie im Leonberger Fall unternommen?
Wir haben versucht, auf die Versicherung einzuwirken, damit sie rasch bezahlt. Soweit wir wissen, sind alle mit der Schadensregulierung zufrieden.
Wie hoch ist die Bohrfirma für die Böblinger Fälle versichert?
Die genaue Summe in Böblingen kenne ich nicht. In Leonberg war die Firma mit drei Millionen Euro versichert.
Die Bohrungen in Böblingen liegen schon fünf Jahre und länger zurück. Damals ist kein Genehmigungsverfahren wie heute nötig gewesen. Spielt das für die Versicherung der Bohrfirma eine Rolle?
Es gibt seit Anfang 2012 besonders wegen Schäden in Staufen im Breisgau höhere technische Anforderungen. Die Bohrungen müssen auch detaillierter dokumentiert werden. Zudem muss eine Bohrfirma eine Versicherung abschließen, die bei einem Schaden pro Fall bis zu drei Millionen Euro bezahlt, unabhängig davon, ob die Schuldfrage geklärt ist. Die Bohrungen, die wir nun untersuchen wollen, mussten im Wasserwirtschaftsamt lediglich angezeigt werden. Wir haben dennoch wasserrechtliche Erlaubnisse erteilt und dafür gesorgt, dass bei jeder Bohrung zur Überwachung ein Geologe dabei sein musste. Auch bei den Böblinger Bohrungen wäre die Firma in der Pflicht. Deshalb denke ich, dass die Versicherung auch bei solchen Altfällen bezahlt.
Unter den Betroffenen herrscht Hilflosigkeit. Viele kritisieren, sie seien bisher zu wenig unterstützt worden.
Wir haben viel Verständnis für die Betroffenen. Wir werden mit der Stadt Böblingen von der nächsten Woche an eine Seite im Internet einrichten. Zudem wird es einen Newsletter geben. Darüber hinaus können die Bürger bei uns jederzeit anrufen, wenn sie einen Rat benötigen.
Was raten Sie denn den Betroffenen?
Jeder Hausbesitzer sollte den Schaden zur Beweissicherung von einem Gutachter genau ermitteln lassen. Es ist auch eine konzertierte Aktion denkbar, dass sich die Betroffenen zusammenschließen und ein und dasselbe Büro einschalten. Das spart Zeit und wohl auch Kosten.
Ist das alles?
Momentan kann man nicht mehr tun. Solange die Bohrlöcher nicht untersucht sind, steht ja auch noch nicht hundertprozentig fest, ob die Geothermiebohrungen schuld sind. Für Gebäudesanierungen ist es noch zu früh, weil niemand weiß, wie lange sich die Erde noch hebt.
Warum wollen Sie die Löcher erst von Anfang des nächsten Jahres an untersuchen? Es gab Proteste, weil das so lange dauert.
Natürlich wollen wir die Bohrungen schnellstmöglich untersuchen. Wir mussten aber zuerst mit der Bohrfirma einen Vertrag schließen. Auch lassen es die Eigentumsrechte nicht zu, dass wir ohne Zustimmung der Hausbesitzer auf ihren Grundstücken Baustellen einrichten und ihre Geothermieheizungen außer Betrieb nehmen. Von den Eigentümern haben wir inzwischen Signale, dass sie der Untersuchung zustimmen. Das muss noch vertraglich geregelt werden. Wenn möglich, fangen wir noch in diesem Jahr an.
Und wenn sich Hausbesitzer weigern?
Dann käme es unter Umständen zu Gerichtsverfahren und wir müssten die Eigentümer dazu zwingen.
Das heißt, es könnte auch wesentlich länger dauern, bis Sie Erkenntnisse haben?
Nein, ich denke, wir kommen zu einer einvernehmlichen Lösung. Wir wollen zunächst die ersten zehn Bohrlöcher im Zentrum der Hebungen ins Visier nehmen. Wenn wir mal angefangen haben, könnte das Ganze binnen weniger Tage abgeschlossen sein.
Was passiert, wenn Sie auf kein schadhaftes Bohrloch stoßen?
Davon gehe ich eigentlich nicht aus. Wir wollen im nächsten Jahr nach den zehn Löchern weitere sieben untersuchen. Und damit alle, die im Gebiet der Erdhebungen liegen. Gegebenenfalls müssen die schadhaften Bohrungen ja repariert werden.