In Kenia und in einigen anderen afrikanischen Staaten südlich der Sahara erledigen viele Menschen bereits heute ihre Bankgeschäfte mittels Smartphone. In Deutschland sind das Fintech-Unternehmen Number26 und der Mobilfunkanbieter O2 die Vorreiter auf diesem Feld.

Frankfurt. In Kenia dürfte man über die Offerten lächeln. Auch in anderen afrikanischen Staaten südlich der Sahara ist man auf diesem Gebiet schon viel weiter als Europa und Deutschland. Das Bankkonto auf dem Smartphone ist für viele Menschen in Afrika Alltag. Und eine wichtige Hilfe. Mit Number26 gibt es hierzulande erst seit Ende 2015 ein reines Smartphone-Konto, im Spätsommer will die spanische Telefonica über ihren Mobilfunkanbieter O2 in Deutschland eine weitere Offerte starten, mehrere Großsparkassen wollen bis zum Jahresende bereit sein.

 

Der Clou bei dem „komplett mobilen“ Bankkonto von O2, so Telefonica-Manager Markus Haas, sei, dass Kunden mit „zeitgemäßer Währung“ belohnt würden. Statt „Magerzinsen bieten wir Megabytes“. Abhängig von der Nutzung des Kontos soll es Daten-Volumen fürs Surfen im Internet geben. Das ist in vielen afrikanischen Ländern zwar nicht der Fall, aber dort steigt die Zahl der Menschen, die ein Bank-Konto erhalten, nach Angaben des Finanz-Dienstleisters Moody’s Investor rasant, getrieben durch mobile Bank-Konten. „Ende 2014 hatten zwölf Prozent aller Erwachsenen in Afrika südlich der Sahara ein mobiles Konto, weltweit waren es nur zwei Prozent“, sagt Constantinos Kypreos von Moody’s. „In Kenia sind es sogar 58 Prozent“. Insgesamt sollen bereits eine Milliarde Menschen in Afrika mobiles Banking nutzen, bis 2020 sollen es zwei Milliarden sein.

Deutschland ist in diesem Feld ein Entwicklungsland. Kein Wunder, dass Telefonica-Manager Haas und Matthias Kröner, Chef der Fidor Bank in München – mit der Telefonica zusammenarbeiten muss, weil sie selbst keine Banklizenz hat – ihr Projekt anpreisen. „Wir machen das Smartphone zum vollwertigen Bankkonto.“

Die Bankfiliale auf dem kleinen Gerät und das mobile Konto könne alles was auch ein klassisches Konto leiste: Überweisungen, Geld per Überweisung erhalten, Daueraufträge, eine kostenfreie Kreditkarte für das kostenfreie Geldabheben am Automaten. „Sie können auch Geld an Telefonnummern oder E-Mail-Adressen von Menschen verschicken, die Sie in ihren Kontaktdaten haben“, schwärmt Kröner. Meist sei dazu die 22stellige Kontonummer IBAN nicht nötig. Auch Mikrokredite sollen über das Konto angeboten und mit wenigen Klicks aufgerufen werden können. „Es soll ein Konto sein, das Sie einfach jeden Tag über ihr Smartphone und überall nutzen können.“ Für die Sicherheit von Konto und Daten werde gesorgt. 43 Millionen Mobilfunkverträge hatte Telefonica nach eigenen Angaben Ende 2015 in Deutschland - eine stattliche Basis für das Smartphone-Bankkonto.

Philipp Sandner, Banken-Professor an der Frankfurt School of Finance, ist vom neuen Ansatz begeistert. „Das Konzept des O2-Bankings ist eine äußerst spannende neue Idee. Eine derartige Verbindung eines Mobilfunkanbieters mit einer Bank gab es noch nie.“ Besonders clever findet Sandner, dass treue Kunden statt mit Zinsen mit Datenvolumen belohnt werden sollen.

Das angeblich erste vollwertige mobile Bankkonto des Berliner Fintechs Number26, die mit der Wirecard Bank in München kooperiert, ringt aber mit ersten Problemen. Number26 hat unlängst mehrere hundert Konten ohne Vorwarnung gekündigt, weil sie von Kunden zu häufig (15 bis 30 Mal pro Monat) nur für das kostenfreie Geldabheben am Automaten genutzt wurden. Für das wiederum Number26 jeweils zwischen 1,50 und zwei Euro zahlen muss - pro Kunde im Monat also bis zu 60 Euro, obwohl die Konten kostenlos sind. Geld nimmt Number26 von seinen nach eigenen Angaben 160.000 Kunden nur ein, wenn die mit ihrer Mastercard bezahlen oder ihr Konto überziehen. Also werden Kunden aussortiert, so Number26, deren „Nutzerverhalten mit unserem Angebot nicht vereinbar ist“. Jetzt soll gemeinsam eine „Fair-Use-Policy“ erarbeitet werden, die Kunden aufzeigen soll, wie das kostenlose Smartphone-Konto so genutzt wird, dass auch Number26 mit seinen 140 Beschäftigten davon leben kann.

Banken-Professor Sandner zeigt gewisses Verständnis für das Verhalten des Berliner Fintechs, auch wenn er die Vorgehensweise kritisiert. „Klar ist, dass solche Smartphone-Konten dann nicht kostenfrei sein können, wenn sie nur wenig genutzt werden. Unter dem Strich muss sich ein solches Angebot auch für den Anbieter rechnen.“ Das gilt auch für die O2-Offerte. Wirklich kostenfrei bleibt das Konto nur für Kunden, die es regelmäßig nutzen, lässt Fidor-Chef Kröner durchblicken.

Allein auf ein Smartphone-Konto setzen würde Sandner allerdings derzeit nicht. „Ich würde es erst einmal als Zweitkonto nutzen bis sich das Angebot bewährt hat.“ Für Gehalt und andere regelmäßige Zahlungen empfiehlt er die bisherige Bank oder Sparkasse. Klar aber sei: „Die Konzepte von O2 und Number26 setzen die gesamte Branche unter zusätzlichen Druck. Nicht umsonst wollen einige Großsparkassen mit einem Smartphone-Banking-Angebot unter dem Stichwort yomo reagieren.“

Acht Sparkassen arbeiten derzeit an einer solchen Offerte – darunter die Berliner Sparkasse, die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, die Stadtsparkasse München, die Kreissparkasse Köln und die Sparkasse Köln-Bonn. Ende des Jahres soll die Testphase für yomo – der Begriff steht für „Your Money“ – beginnen. Details sind allerdings noch nicht bekannt. Bislang gibt es nur eine Homepage (www.yomo.de) - ohne Inhalt. Ob die Entwickler der Sparkassen auch den Blick nach Afrika und vor allem nach Kenia werfen, ist nicht bekannt.