Für die US-Republikaner ist der demokratische Präsident Barack Obama ein rotes Tuch. Jetzt wollen sie ihn vor Gericht stellen. Doch sind sie dazu mutig genug?

Für die US-Republikaner ist der demokratische Präsident Barack Obama ein rotes Tuch. Jetzt wollen sie ihn vor Gericht stellen. Doch sind sie dazu mutig genug?

 

Washington - Der Kampf der US-Republikaner gegen Präsident Barack Obama hat einen bizarren Höhepunkt erreicht. Die Konservativen nutzten ihre Mehrheit im Washingtoner Repräsentantenhaus, um eine Resolution zu verabschieden, die eine Klage gegen den Präsidenten in Aussicht stellt. Ihr Vorwurf klingt schwerwiegend: Der Mann im Weißen Haus habe eigenmächtig Gesetze verändert und so die Verfassung gebrochen. Dafür müsse er juristisch büßen.

Es ist ein historisch beispielloser Schritt: 225 Abgeordnete - nur Republikaner - stimmten am Mittwoch (Ortszeit) für den Beschluss, eine Klage gegen Obama vor einem Bundesgericht möglich zu machen. 201 waren dagegen. Das klare Abstimmungsergebnis wirft die Frage auf, ob dem Staatsoberhaupt nun das Wasser bis zum Hals steht.

Denn tatsächlich kann der Kongress gegen Präsidenten ein Verfahren (Impeachment) anstrengen, das im Extremfall in der Amtsenthebung endet. Ex-Präsident Bill Clinton kann ein Lied davon singen, auch wenn er von den Vorwürfen des Meineids und der Behinderung der Justiz nach seiner Affäre mit der Praktikanin Monica Lewinsky freigesprochen wurde. Richard Nixon trat zurück, bevor es soweit kommen konnte.

"Es geht darum, die Verfassung zu verteidigen"

Sollte Obama langsam die Umzugkartons packen? Soweit will John Boehner zwar nicht gehen, aber seine Kritik ist dennoch fundamental: „Es geht darum, die Verfassung zu verteidigen, auf die wir einen Eid geschworen haben“, sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses vor der Abstimmung. Der Republikaner hat die neuerliche Anti-Obama-Offensive angestoßen, angetrieben von den Tea-Party-Anhängern am rechten Rand seiner Partei.

Die haben schon einige skurrile Angriffe auf Obama gestartet. Mal warfen sie ihm vor, nicht in Amerika sondern in Kenia geboren worden und daher illegal im Amt zu sein. Ein anderes Mal ließen sie im Streit mit ihm wochenlang den Staat lahmlegen. Warum also nicht auch ein „Impeachment“ wagen? Ihr Vorwurf ist gar nicht so abwegig. Konkret geht es darum, was Obama selbst als „mit dem Stift regieren“ bezeichnet. Da die Republikaner das Abgeordnetenhaus dominieren, im Senat die Demokraten das Sagen haben und beide Parteien immer nur streiten, kommen im Kongress kaum bedeutende Gesetze zustande.

Also schreibt der Präsident seine eigenen Verordnungen, sei es, um Klimaschutzmaßnahmen zu erlassen oder Probleme in der Einwanderungspolitik anzugehen. Er darf das - nur wie weit er dabei gehen kann, ist nicht klar. Gesetze machen oder ändern ist jedenfalls allein Befugnis des Kongresses.

Diese Gewaltenteilung habe Obama etwa missachtet, als er per Erlass die Inkraftsetzung eines wichtigen Teiles der Gesundheitsreform verzögerte, argumentieren die Republikaner nun. Es ist nicht so, dass sie diese Verschiebung an sich schlimm fanden. Ganz im Gegenteil: Sie hassen das Gesetz und wollen es abschaffen. Doch noch lieber wollen sie Obama in die Schranken weisen. „Soll man Präsidenten auswählen lassen, welche Gesetze sie umsetzen und welche sie ändern?“, erklärt Boehner. Das müsse zum Wohle des Landes verhindert werden.

Folgen den Worten auch Taten?

Doch welche Taten diesen großen Worten folgen, bleibt abzuwarten. Schon vor der Abstimmung bemühten sich ranghohe Republikaner, den Vorgang abzumildern. Obamas Erlasse seien „keine Schwerverbrechen“, sagte der Vize-Präsidentschaftskandidat von 2012, Paul Ryan. Man reagiere verantwortungsvoll auf das Problem - aber eine Amtsenthebung stehe nicht zur Debatte.

US-Rechtsexperten bezweifeln allerdings, dass etwas anderes als ein Impeachment gegen einen amtierenden Präsidenten überhaupt möglich ist. Das sei doch alles nur „Theater, eine Show“, meint daher nicht nur der republikanische Abgeordnete Walter Jones. Selbst konservative Kommentatoren haben nur Spott für das neueste Tea-Party-Manöver übrig. Von einem teuren Sommertheater und einem törichten Schritt ist da die Rede.

Obama selbst scheint an der neuen Attacke seinen Spaß zu haben. Bei einer Kundgebung in Kansas City am Mittwoch sorgte er mit Witzen über die Klage für Lacher im Publikum. „Jeder weiß, dass das ein politischer Werbegag ist“, sagte er. „Hört auf, immer so wütend zu sein. Hört auf, immer so hasserfüllt zu sein. Lasst uns zusammen die Arbeit erledigen“, riet er den Republikanern. Sie sollten Abstimmungen im Kongress doch lieber für sinnvolle Dinge nutzen.

Doch nach Ansicht seiner Unterstützer dürfte das Schauspiel gern noch ein bisschen weitergehen. Schon die bloße Erwähnung des Wortes „Impeachment“ lässt bei den Demokraten die Wahlkampfkassen klingeln. In den Tagen seit der Ankündigung der Klage habe man mehr als 70.000 neue Spender gefunden und viele zusätzliche Millionen eingesammelt, heißt es von der Parteispitze. Das Geld kommt ihr vor den Kongresswahlen im November sehr gelegen.

Angesichts des demokratischen Frohlockens scheint es nicht undenkbar, dass die Republikaner ihren Vorstoß in der Sommerpause wortlos unter den Tisch fallen lassen. Denn am Wochenende gehen die Abgeordneten erstmal für fünf Wochen in den Urlaub.