Der Rücktritt von Bastian Schweinsteiger kommt zum richtigen Zeitpunkt, meint unser Sportredakteur Thomas Näher.

Stuttgart - Das war’s dann. Nach 120 Länderspielen, nach sieben Turnier-Teilnahmen und dem Gewinn des Weltmeistertitels 2014 zieht Bastian Schweinsteiger einen Schlussstrich unter seine Karriere in der Nationalmannschaft. Das kommt zum jetzigen Zeitpunkt überraschend – und dennoch ist der Schritt nur folgerichtig. Mehr geht nicht, das musste der ehemalige Münchner nach dem Halbfinal-Aus bei der EM in Frankreich selbst feststellen. Das Vorhaben, nach dem Vorbild Spaniens dem WM- auch einen EM-Titel folgen zu lassen, ist nicht aufgegangen. Auch deshalb, weil Schweinsteiger selbst mit seinem folgenreichen Handspiel im Halbfinale gegen den Gastgeber das Turnier-Aus eingeleitet hatte. Das ist bedauerlich, an Schweinsteigers großer Karriere ändert das nichts. Er hat, zusammen mit Kollegen wie Philipp Lahm, Miroslav Klose und Lukas Podolski, eine Ära geprägt, die nicht zu den schlechtesten in der Geschichte der Nationalmannschaft und des deutschen Fußballs zählt. Weltmeister 2014, WM-Dritter 2006 und 2010, Vize-Europameister 2008 – das kann sich sehen lassen. Die Fans danken ihm dafür. Für sie ist er der „Schweini“ geblieben, auch wenn er sich von der Rolle des Talents und des Jungen von nebenan längst emanzipiert hat und zu einem Weltstar aufgestiegen ist.

 

Mag sein, dass er den perfekten Zeitpunkt für seinen Rücktritt verpasst hat. 2014, nach dem WM-Triumph in Rio, hätte ideal gepasst. Der Finalsieg gegen Argentinien trug seine Handschrift wie kein Länderspiel zuvor. Mit unbändigem Willen, getreten, geschunden und mit blutenden Wunden, führte der Kapitän und „emotional leader“ von Bundestrainer Joachim Löw seine Mannschaft vor zwei Jahren zum Titel, es war das Spiel seines Lebens. Doch Schweinsteiger, damals 29 Jahre alt, wollte mehr. Dabei hatte sein Körper den hohen Anforderungen des modernen Fußballs schon in relativ jungen Jahren mehr Tribut zollen müssen, als er sich eingestehen mochte. Immer mühsamer gelang es Schweinsteiger, sich gegen den körperlichen Verschleiß zu wehren und sich immer wieder aufs Neue in Form zu bringen, auch zuletzt für die EM. Das leichte Spiel war ihm abhanden gekommen, der Fußball wurde ihm zuweilen zur Qual.

Richtig befreit erlebten ihn die Fans zuletzt nur bei seiner Hochzeit mit dem Tennisstar Ana Ivanovic. Es war sein persönliches Sommermärchen 2016, zehn Jahre nach dem sportlichen Sommermärchen bei der WM in Deutschland. Auf dem Fußballplatz indes ziehen dunkle Wolken am Horizont auf. Bei seinem Club Manchester United steht Schweinsteiger angeblich vor dem Aus, Trainer Jose Mourinho will ihn offenbar aussortieren. Seine sportliche Zukunft scheint offen. Sicher ist nur: Verdient hat er ein solches Ende nicht. In der Nationalelf ist er einer ähnlich würdelosen Abschiebung zuvorgekommen. Insofern hat er doch alles richtig gemacht.