Feuerbach-Ost existiert als reines Industrie- und Gewerbegebiet nur noch auf dem Papier. Wer Flächen Be- oder Umbauen will muss einige Regelungen beachten, doch es gibt auch so manche Ausnahmen.

Feuerbach - Im Industrie- und Gewerbegebiet zwischen Heilbronner Straße und dem Bahndamm an der Siemensstraße sollen bevorzugt Betriebe des produzierenden Gewerbes heimisch werden. So steht es jedenfalls im aktuellen Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans Arbeitsstättengebiet Feuerbach-Ost II: „Die im Geltungsbereich liegenden Flächen sollen vorrangig für gewerbliche Betriebe vorgesehen und entsprechend langfristig gesichert werden.“ Die Gültigkeit dieser stadtplanerischen Prämisse für das Gebiet hob auch Karl-Theo Maurer vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung bei der Vorstellung des Auslegungsbeschlusses bei der vergangenen Sitzung des Bezirksbeirates hervor. Im Vordergrund stehe nach wie vor die „Sicherung der Produktions- und Industriegebietsflächen“, sagte Maurer.

 

Doch bereits in der Vergangenheit drängten immer wieder Investoren, die mit einer industriellen Nutzung der Fläche rein gar nichts im Sinn hatten, auf das Gelände zwischen der Stuttgarter Automeile und der Siemensstraße beim Bahnhof Feuerbach. Beispielsweise war Ende der 1990er Jahre die damals noch so genannte Biblische Glaubensgemeinde bei der Suche nach einem größeren Bauplatz für ihr neues Gospelforum auf dem nicht mehr genutzten Gelände eines Lackherstellers an der Leitz- und Junghansstraße fündig geworden. Im Technikausschuss des Gemeinderates wurde das Vorhaben der religiösen Gemeinschaft damals gegen den Willen des Bezirksbeirates genehmigt.

Viele Regelungen sind beim Be- und Umbauen zu beachten

Im Laufe der Jahrzehnte kam eine Ausnahme zur nächsten. Inzwischen existieren allein im Bereich der Siegle-, Siemens- und Leitzstraße neben der freikirchlichen Versammlungsstätte die Musikinitiative Rock auf dem MKI-Gelände an der Junghansstraße, ein Kindergarten des Gospelforums an der Dieselstraße, die New York City Dance School an der Leitzstraße und der Tafelladen des Bhz an der Hohnerstraße. In der nun festgesetzten GE2-Fläche (Gewerbegebiet) sind ausnahmsweise „Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke“ zulässig. Planungsrechtlich abgesichert wird auch der Bereich rund um die Moschee, wo sich verschiedene Geschäfte und Gastronomiebetriebe befinden. „Die dort bereits genehmigten Einzelhandelsbetriebe dürfen baulich erneuert, aber nicht erweitert werden“, sagte Maurer. Das bedeutet für die türkischen Ladenbesitzer, dass sie weiterhin Bestandsschutz genießen. Zudem gilt: Ein Neubau oder eine Gebäudesanierung ist für bestimmte Einzelhändler dort im Industriegebiet zulässig und genehmigungsfähig – sofern die bestehende Verkaufsfläche nicht vergrößert wird. „Wir wollen verhindern, dass dort ein großes Einkaufszentrum entsteht“, sagte Maurer bei der Sitzung.

Auch die Pläne für einen neuen Moschee-Bau sind mit dem neuen Bebauungsplan kompatibel und könnten an Ort und Stelle realisiert werden. „Durch diese allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen wird ein in diesem Gebiet gewünschter städtebaulicher Entwicklungsspielraum ermöglicht“, heißt es im Bebauungsplanentwurf.

Ausnahmegenehmigungen vom Bebauungsplan

Eine Ausnahmegenehmigung erhält zudem das neue Kreativzentrum Im Werk 8 (IW8) an der Siemensstraße. „Auch dort weichen wir das Planungsrecht auf“, sagte Maurer. Um die Fläche als reines Industriegebiet zu sichern, war bisher eine kulturelle Nutzung explizit ausgeschlossen. „Da aber andererseits in Stuttgart eine starke Nachfrage nach bezahlbaren Flächen für die Kreativwirtschaft besteht, die kaum abzudecken ist, soll in einem begrenzten Bereich in diesem Teil des Industriegebietes die Möglichkeit geschaffen werden, ausnahmsweise Anlagen für kulturelle Zwecke zuzulassen.“ Die Ausnahme dürfe freilich nicht zur Regel werden: Der Gebietscharakter der GI3-Fläche als Industriegebiet dürfe nicht kippen. Er müsse gewahrt bleiben, betonte der Stadtplaner Maurer.

Bezirksbeiräte verschiedener Fraktionen wollten wissen, welches Verkehrskonzept die Stadt verfolge, falls die Moschee vergrößert werde. „Die verkehrstechnische Anbindung wird dann auch in Zukunft über die Heilbronner Straße und Borsigstraße erfolgen“, sagte Maurer. Der Bezirksbeirat votierte bei zehn Ja-, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung für die Umsetzung des Bebauungsplanes und stimmte dem Aufstellungsbeschluss zu.