Viele Einwohner von Katar arbeiten an Bauten für die Fußballweltmeisterschaft 2022. Fifa-Boss Joseph Blatter wirft Bauunternehmen eine Mitschuld an tödlichen Unfällen vor. Die Unternehmen erklären, sie würden die Arbeitschutzbestimmungen einhalten.

Stuttgart - Die deutsche Baufirmen Hochtief und Züblin lassen die Kritik Joseph Blatters an sich abperlen. Der Weltverbands-Präsident führt die menschenunwürdigen Umstände beim Bau der Stadien für die Fußball-WM 2022 in Katar und die Todesfälle unter den Arbeitern auch auf ein Versagen deutscher Unternehmen zurück. Diese halten dagegen, dass sie ihre Vertragspartner auf deutsche Sicherheitsbestimmungen und Arbeitsrecht festlegen. Darüber hinaus seien sie nicht in der Bauausführung, sondern in der Planung eingebunden.

 

„Die Arbeitsorganisation ist schlecht. Das hat nichts mit dem Fußball zu tun. Die großen Unternehmen, vor allem aus Deutschland und Frankreich, sind verantwortlich“, sagte der Fifa-Boss am Sonntag dem französischen TV-Sender BeIN Sport. Blatter bezieht sich auf die Zustände, die der Guardian im Winter dieses Jahres aufdeckte. Nach Berichten der britischen Zeitung kamen innerhalb von zwei Monaten 44 nepalesische Arbeiter auf Baustellen ums Leben. Die Kritik schoss sich auf das Arbeitsrecht und Schutzmaßnahmen in Katar ein. Blatter rückte durch seine Vorwürfe erstmals Dritte in den Fokus. Ob es sich bei seiner Äußerung um ein Ablenkungsmanöver handelt, möchten Hochtief und Züblin nicht beurteilen. Unisono lassen die Unternehmen verlauten, dass sie weder die Kritik Blatters bestätigen können noch auf sich beziehen.

Der Ölreichtum des Landes möchte die Emirfamilie nutzen, den Ministaat zu modernisieren. Die WM war der geeignete Anlass dieses Programm zu initiieren. Gleichwohl waren deutsche Unternehmen besonders in Projekten abseits der WM-Stätten eingebunden. Im Stadionbau sind Hochtief und die Strabagtochter Züblin nicht tätig. Das letzte große Projekt der Essener war die „Barwa Commercial Avenue“. Eine 8,6 Kilometer lange Einkaufsmeile, die 2012 fertiggestellt wurde. Auf der Baustelle richtete das Unternehmen eine eigene Klinik mit Ärzten, Ambulanz und drei Behandlungsräumen sowie tägliche Inspektionen in jedem Abschnitt der Baustelle ein. Derzeit hat die Firma keine Bauarbeiter in Katar. Hochtief übernimmt innerhalb des Projektes „Lusail City“ über die Tochtergesellschaft Hochtief Vicon die technische Planung. „Mit den späteren Bauprojekten hat das jedoch nichts zu tun und wir sind auch nicht in die späteren Bauabläufe involviert“, erklärt der Hochtief-Sprecher. Ein ähnliches Bild gibt sich bei der Strabag-Gruppe. „Wir waren für verschiedene Bauvorhaben in Katar tätig, jedoch keines für die WM 2022“, sagte eine Sprecherin. Derzeit führt die Baufirma lediglich ein Büroprojekt in Katar aus.

Beide Bauunternehmen machen aber geltend, dass sie in der Vergangenheits immer ihre Sicherheitsstandards durchgesetzt haben. Dies wird auch in Zukunft ihre Politik sein. Hochtief erklärte, dass sämtliche Bewerbungen und eventuelle Aufträge ausschließlich nach firmenintern gültigen Standards ablaufen. Diese Vorgaben gelten auch für Subunternehmer. Jeder Nachunternehmer von Hochtief muss sie überall auf der Welt akzeptieren und einhalten. Hochtief verwahrt sich in seinem Code of Conduct gegen Zwangsarbeit -eben jenen Missstand in Katar, den zuletzt Menschenrechtsorganisationen anprangerten. „In Ländern, in denen diese Vorgaben nicht durchsetzbar sind, arbeiten wir nicht“, so der Sprecher.

Strabag muss ebenfalls keine schweren Unfälle auf seinen Baustellen melden. Die Bestimmungen werden dort strikt eingehalten, dafür sorge das Baustellencontrolling. „Uns liegen keinerlei Kenntnisse über etwaige Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften vor“, erklärt das Unternehmen. Die IG-Bau unterstützt die Firmen in ihrer Auffassung. „Blatter kann sich nicht so einfach einen schlanken Fuß machen. Die Fifa hat Einfluss genug, Zustände wie die Zwangsarbeit zu unterbinden“, so ein Sprecher. Vertreter der IG-Bau stellten während ihres Besuchs im Emirat keine Verstöße deutscher Firmen fest.