Im Januar hat der Gestaltungsbeirat der Landeshauptstadt der SWSG noch geraten, die Jakobstraße 4 zu erhalten. Jetzt hat er seine Meinung geändert und plädiert für Abriss. Zufrieden ist der Beirat mit den Plänen der Wohnungsbaugesellschaft trotzdem nicht.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Spaß macht es vermutlich den wenigsten, vor den Gestaltungsbeirat der Landeshauptstadt Stuttgart zu treten. Denn das relativ neue, beratende Gremium, das im Zuständigkeitsbereich von Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) liegt, hat am Dienstag im Literaturhaus ein weiteres Mal bewiesen, dass es Bauprojekte sehr kritisch beäugt. Das musste die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) erneut erfahren, als sie im zweiten Anlauf für den Abriss des Hauses an der Jakobstraße 4 warb.

 

Dabei machte der Gestaltungsbeirat, der aus acht Architektur- und Städtebauexperten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besteht, zunächst eine glatte Kehrtwende: Hatte das Gremium im Januar zum Ärger der SWSG noch dafür plädiert, das Gebäude zu erhalten und zu sanieren, stimmte es jetzt dem Abrissvorhaben vollumfänglich zu.

Grund dafür ist ein Gutachten, das die SWSG präsentierte. Der Befund: Schimmel, Weiß- und Braunfäule, Schädlinge, komplett zersetzte Balken – und auch den Verdacht auf denkmalgeschützte Elemente erhärtete das Gutachten nicht. Die Bilder, die die SWSG zeigte, sprachen Bände. So deutlich, dass auch der Architekt Patrick Gmür aus Zürich keine andere Lösung sah als: „Das Haus muss abgerissen werden.“ Ein Punktsieg in der Debatte für die Wohnungsbaugesellschaft.

Kleinstwohnungen abgelehnt

Aber eben nur ein Punktsieg. Zufrieden mit den Entwürfen, was anstatt des schmalen, maroden Häuschen entstehen soll, war dar Gestaltungsbeirat nicht wirklich. Dabei waren es gar nicht die reduzierten Entwürfe, an denen sich das Gremium störte, sondern einem vermeintlich fehlenden Konzept dahinter. Ein „Bekenntnis zu qualitativer, moderner Architektur“ forderte etwa Andreas Cukrowicz, ein Beiratsmitglied aus München.

Weiter formulierte der Beirat den Anspruch, bei der „Idee vom Wohnen im Quartier in eine andere Richtung zu gehen.“ Sogenannte Kleinstwohnungen, wie sie die aktuellen Pläne der SWSG vorsehen, würden dem Leonhardsviertel nicht als Mischquartier für Rotlicht, Gastronomie und Wohnen empfehlen, sondern ein falsches Signal senden. Als Denkanstoß wurde zum Beispiel ein unkonventionelle, zweistöckige Einfamilienwohnung ins Feld geführt.

„Mehr Mut zeigen“ – so eine andere Forderung des Gestaltungsbeirats: In solchen Kategorien sieht SWSG-Geschäftsführer Helmuth Caesar seinen Auftrag von der Stadt nicht wirklich: „Wir sollen uns um Alltagswohnungsversorgung kümmern“, sagte er. Ein experimentelles, superschmales Einfamilienhaus – so was zu realisieren, zähle nicht zu den Kernaufgaben der städtischen Tochter.

Bezirksbeirat steht hinter Gestaltungsbeirat

Für Caesar entwickle sich das Projekt zur „Geschmacksdebatte“. Dabei ist der Gestaltungsbeirat nicht das einzige Gremium, dass sich von den Plänen der SWSG nicht besonders begeistert gezeigt hat. Auch der Bezirksbeirat Mitte hatte mehrheitlich dafür geworben, das Gebäude zu erhalten.

Da das nun wirklich nicht möglich zu sein scheint, springt der Bezirksbeirat jetzt auf den Zug der Architekten auf: „Das Objekt sollte sich in das Umfeld gut einbinden. Kleinstwohnungen lehne ich ab“, sagt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Sie betont, dass die Empfehlungen des Gestaltungsbeirats sehr ernst genommen werden müssten.

Doch was wird nun aus der Jakobstraße 4? So sicher lässt sich das noch nicht sagen. Denn Termine für Abriss und Neubau stehen noch keine. „Das Projekt liegt der SWSG als Beitrag für eine ,charmantes Stück Stadtreparatur‘ und als kompakter Wohnungsbau auf kleinster Parzelle sehr am Herzen“, sagt der SWSG-Sprecher Peter Schwab. Der Bauantrag liege seit Mitte Dezember zur Entscheidung beim Amt.