In Plieningen wirtschaften die meisten Bauern Stuttgarts. Deshalb hat es gepasst, dass der jüngste Bauerntag in der dortigen Zehntscheuer war. Drei Landwirte aus Riedenberg, Bad Cannstatt und Mühlhausen haben aus ihrem Alltag erzählt.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Plieningen - Bauern in Stuttgart – wie geht denn das? Mit dieser Frage sieht sich Klaus Brodbeck, der Kreisvorsitzende des Bauernverbands Stuttgart, nach eigenen Angaben oft konfrontiert. Dass es geht, beweisen etwa 200 landwirtschaftliche Betriebe in Stuttgart. Bei der jüngsten Zählung im Jahr 2010 waren es genau 198 Betriebe, die 2501 Hektar Fläche landwirtschaftlich nutzten. Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe sind laut Brodbeck in Plieningen gelistet.

 

Breites Spektrum an Landwirten in Stuttgart

Wie die Landwirte in Stuttgart arbeiten, was sie anbauen und mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben, erzählten Klaus Wais aus Riedenberg, Jens Bauer aus Bad Cannstatt und Jochen Brust aus Mühlhausen. Sie waren am Mittwoch beim Bauerntag und der Mitgliederversammlung des Bauernverbands Stuttgart in der Zehntscheuer in Plieningen eingeladen, ihre Betriebe vorzustellen. „Das Spektrum an Landwirten ist in Stuttgart sehr groß“, sagte Brodbeck. Oft setzen die Bauern auf verschiedene Betriebszweige, beispielsweise eine Kombination aus Tierhaltung und Gemüseanbau.

Viele Landwirte haben gemein, dass ihre genutzten Flächen sich über ganze Stadtbezirke und darüber hinaus verteilen. Um von einem Feld zum nächsten zu kommen, müssen sie oft mit landwirtschaftlichen Geräten durch Wohngebiete fahren. „Unser Vorteil ist, dass wir unsere Felder auch mit Bus und Bahn erreichen können“, scherzte Klaus Wais, der einen Demeterhof betreibt. Hof, Wohnhaus und die Stallungen für die Milchkühe stehen mitten in Riedenberg, Felder und Grünland liegen verteilt zwischen Riedenberg, Sillenbuch, Heumaden, Ostfildern-Ruit und -Kemnat. „Wir leben hauptsächlich vom Ab-Hof-Verkauf“, sagte Wais. Neben der Haltung von Milchkühen hat sich die Familie vor allem auf den Anbau von Kartoffeln spezialisiert.

Enge Platzverhältnisse

Jens Bauer ist gelernter Weinbautechniker. Seiner Familie gehört das Apfelparadies Bauer in Bad Cannstatt, wo seit mehreren Generationen Äpfel und Wein angebaut werden. Das Obst wird zu 100 Prozent direkt vermarktet, beispielsweise über den Hofladen und örtliche Händler. Wein baut der Betrieb unter anderem im Cannstatter Zuckerle an. „Unser Betrieb liegt mitten im Ort, es herrschen enge Platzverhältnisse“, berichtete Bauer. Teilweise seien die Wege zu den Parzellen sehr weit, „und wir haben kaum Möglichkeiten, baulich zu erweitern“. Der Familienbetrieb musste Betriebsteile wie Maschinenschuppen und Lagerräume für das Obst aussiedeln.

Auch der Betrieb von Jochen Brust steht mitten im Ort, in Mühlhausen. Seine Felder liegen zwischen Mühlhausen, Kornwestheim und Aldingen. „Unser Hauptgeschäft ist der Anbau von Erdbeeren“, sagte der Landwirt. Die Frische der Früchte steht bei Brusts an erster Stelle. „Wenn Sie samstags einen Korb Erdbeeren bei uns im Hofladen kaufen, kann es sein, dass die Beeren vor zehn Minuten noch am Strauch hingen“, so Brust. Neben weiteren Beeren baut der Betrieb außerdem Kartoffeln, Grün- und Purpurspargel an. Die Produkte werden im genannten Hofladen sowie an eigenen Verkaufsständen angeboten. Im Bereich Ackerbau baut Jochen Brust unter anderem Zuckerrüben und Sojabohnen an. Seine Felder werden pfluglos bewirtschaftet. Das schützt den Boden vor Erosion.

Perspektive für die neue Generation

Von der Politik wünscht sich der Riedenberger Klaus Wais unter anderem, die Subventionen zu überdenken. Denn Betriebe, die viele kleine Flächen bewirtschaften müssen, haben einen größeren Arbeitsaufwand als Landwirte, die zusammenhängende große Flächen nutzen. Die Förderung allerdings berechnet sich nach der Flächengröße. Zudem müsse die Politik sich überlegen, wie sie der nächsten Generation Landwirte eine Perspektive geben und wie man das Verbraucherbewusstsein für regionale Erzeuger fördern kann.

Jens Bauer sah in der fehlenden Zukunftsperspektive für junge Landwirte ebenfalls ein Problem, über das sich die Politik Gedanken machen sollte. Zudem kritisierte er die hohen Pacht- und Kaufpreise für die Böden. Von der Politik wünschte sich Jochen Brust den Abbau von Bürokratie, insbesondere mit Blick auf Förder- und Antragsmaßnahmen, außerdem wollte er wissen, wie die Politik den Flächenverlust für die Landwirtschaft durch Industrie, Siedlungen und Verkehrsflächen verringern will.