Allein schon wegen des Brandschutzes müssen drei denkmalgeschützte Häuser dringend saniert werden, in denen Stadtbedienstete arbeiten. Die Liste der Mängel ist aber bei weitem länger.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Herrenberg - Vor fast auf den Tag genau einem Jahr war der Notstand fühlbar, erst für die Bediensteten, dann auch für die Besucher des Rathauses. Die Heizung war ausgefallen, zwei Wochen lang. Ein erstes Leck war schnell geflickt, aber umgehend brach ein nächstes Rohr, danach ein drittes. Die Leitungen sind schlicht durchgerostet – nicht nur an diesen Stellen. Sie müssen dringend ausgetauscht werden.

 

Was ein vergleichsweise lässlicher Punkt auf der langen Mängelliste ist, die das Rathaus wie die beiden anderen historischen Bauten am Marktplatz betrifft, in denen die Verwaltung arbeitet: das Bürgeramt und das Oberamt. Der Zustand des Rathauses und des Bürgeramts gelten gar als lebensgefährlich. Dies hat der Kreisbrandmeister bescheinigt. Die Bauten haben eine Schonfrist von maximal vier Jahren. Danach dürfen sie nicht mehr benutzt werden. Um diese Frist gewährt zu bekommen, müssen Brandmelder und Feuerschutztüren eingebaut werden, dies sofort.

Behindertengerecht sind die drei Häuser ohnehin nicht

Fenster sind undicht, Dächer müssen immer wieder geflickt werden, die Fassaden müssen erneuert, das Fachwerk saniert werden, Fluchtwege fehlen. Behindertengerecht sind die drei Häuser ohnehin nicht. Weil die Zahl der Mitarbeiter in den Rathäusern grundsätzlich gestiegen ist, in Herrenberg allein in der Kernverwaltung inzwischen auf 150 Bedienstete, sind die Platzverhältnisse in den Büros kaum mehr zumutbar. Längst sind Besprechungsräume zu Büros umgewidmet worden. Auf vielen Schreibtischen, eigentlich für einen Mitarbeiter gedacht, stehen inzwischen zwei Rechner. Überdies bedürfen die Böden, Wände, Decken und Toiletten dringend einer Renovierung.

Die drei Häuser sind denkmalgeschützt. Was ihre Kernsanierung kosten wird, ist noch nicht einmal geschätzt, aber unzweifelhaft ist: „Wir stehen vor Investitionen in Millionenhöhe“, wie der Oberbürgermeister Thomas Sprißler sagt. „Welche Gebäude wir sanieren oder gleich neu bauen, muss gründlich durchdacht sein.“ Die denkmalgeschützten Bauten kommen für einen Abriss selbstredend nicht in Frage, aber die Herrenberger Verwaltung ist über etliche Standorte verteilt. Zu den drei Häusern am Marktplatz kommen Büros im Klosterhof, Stadtarchiv und Tiefbauamt sind genauso ausgelagert wie die Stadtwerke und die Technischen Dienste. Hinzu kommen die Volkshochschule, die Stadtbibliothek und die Musikschule.

Wie die Verwaltung sich künftig auf die Standorte verteilt, ist gänzlich offen, allein schon, weil unklar ist, ob die oberen Stockwerke im Rathaus und im Bürgeramt in Zukunft noch als Büros genutzt werden dürfen. „Wir stehen vor der aufwendigen Arbeit an einem Gesamtkonzept, das wirtschaftlich und funktional Sinn machen muss“, sagt der Oberbürgermeister.

Zumindest zeitweise müssen die Rathaus-Mitarbeiter umziehen

Fest steht allerdings, dass die Sanierungsarbeiten binnen vier Jahren auf keinen Fall bei laufendem Betrieb erledigt werden können. Weshalb die Rathaus-Mitarbeiter zumindest zeitweise an anderen Standorten werden arbeiten müssen. „Ohne Interimslösung geht es nicht“, sagt Sprißler. Als Ausweichquartier ist an den Neubau gedacht, der auf dem Seeländer-Areal entstehen soll. Zwar ist das Gebäude vorwiegend als Einkaufszentrum konzipiert, wird aber auch Büroflächen beinhalten. Ein Umzug wäre frühestens Ende des Jahres 2019 möglich. Zu diesem Termin ist die Fertigstellung geplant – im Idealfall.

Beim Investoren, der Geiger-Gruppe, hat die Stadtverwaltung vorgesprochen, bisher aber ohne konkretes Ergebnis. Derzeit werde über einen Mietvertrag verhandelt, heißt es in einer städtischen Mitteilung. 1300 Quadratmeter Fläche will die Verwaltung mieten, zunächst für zehn Jahre, aber mit der Möglichkeit zur Verlängerung. Falls die Verhandlungen ergebnislos bleiben, sollen andere Gebäude in der Nähe der Altstadt gesucht werden.

Ursprünglich war geplant, zumindest zwei Abteilungen der Verwaltung im Haus des Stadtarchivs einzuquartieren, das auch Verein und noch bis zum Jahresende das Notariat nutzen. Dieser Gedanke war allerdings „keine rentable Option“, sagt Sprißler – ebenfalls wegen Baumängeln. Ingenieure hatten eine Liste mit unvermeidlichen Modernisierungen vorgelegt. Eigentümer des Hauses ist der Landkreis.