Der umstrittene Baumwipfelpfad in Wiesensteig wird Thema eines Bürgerentscheids. Der Gemeinderat hat den Weg frei gemacht, der Zeitpunkt ist noch offen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Wiesensteig - Befürworten Sie die Erstellung eines Baumwipfelpfads am Reußenstein im Gewann Bronnen/Feldkopf? Diese Frage wird den Bürgern von Wiesensteig zur Entscheidung vorgelegt. Der Wiesensteiger Gemeinderat hat einstimmig einem entsprechenden Bürgerbegehren seinen Segen erteilt. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abstimmung seien erfüllt, sagte der Bürgermeister Gebhard Tritschler.

 

Der Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein von Wiesensteig hatte innerhalb weniger Wochen 694 Unterschriften gesammelt und vor einem Monat im Rathaus eingereicht. Die vorgeschriebene Prüfung sei nun abgeschlossen, sagte Tritschler. Lediglich 36 Unterschriften hätten gestrichen werden müssen, weil sie nicht von Wiesensteiger Bürgern gestammt hätten. Das vorgeschriebene Quorum von zehn Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung sei damit deutlich überschritten worden. Ausgereicht hätten 159 Unterschriften.

Abstimmung wahrscheinlich im Oktober

Es sei richtig, diese Frage der Bevölkerung zur Entscheidung vorzulegen, sage der Gemeinderat Thomas Weimper. „Es wird in der Stadt heiß diskutiert.“ Im April hatte der Gemeinderat es noch abgelehnt, einen Bürgerentscheid von sich aus zu beschließen. Allerdings sei dies nur ein vorläufiger Beschluss gewesen, betonte Tritschler. „Wir haben den Zeitpunkt für zu früh gehalten.“

An dieser Einschätzung habe sich nichts geändert. Tritschler schlug deshalb vor, mit dem Bürgerentscheid bis nach der Sommerpause zu warten. Er favorisiere einen Termin Ende September oder Anfang Oktober. Dann lägen auch die noch ausstehenden Gutachten zur Umweltverträglichkeit und zur Verkehrssituation vor, über deren Ergebnisse bei einer Bürgerversammlung noch ausführlich berichtet werden solle. Die Gemeindeordnung schreibe keine Fristen vor, innerhalb derer ein Bürgerentscheid abzuhalten sei, sagte Tritschler.

Der Landrat will kämpfen

Die Gemeinderätin Renate Rothfuß, die den Reußensteinhof betreibt und deshalb bei den Beratungen über den Baumwipfelpfad als befangen gilt, erklärte gegenüber der StZ, die Verschiebung der Abstimmung sei nachvollziehbar. „Das ist ein guter Weg“, sagte die erklärte Gegnerin. Der Göppinger Landrat Edgar Wolff, der als Initiator des Vorhabens gilt, kündigte an, die Bevölkerung umfassend zu informieren und für Zustimmung zum Baumwipfelpfad zu werben. Ein Aus für das Projekt „müssten wir akzeptieren, auch wenn ich dies sehr bedauern würde“, sagte Wolff.

Verbindlich ist ein Bürgerentscheid, wenn die Mehrheit auch mindestens ein Drittel aller Abstimmungsberechtigten repräsentiert. Dass dieser Wert verfehlt werden könnte, ist unwahrscheinlich, nachdem sich schon am Bürgerbegehren mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten beteiligten. Unklar ist, ob auch der Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein das Ergebnis akzeptieren wird. Der Verein habe sich dazu noch nicht festgelegt, sagte Tritschler.

Bis zu 250 000 Besucher im Jahr

Wie berichtet, möchte die Erlebnisakademie aus dem bayerischen Bad Kötzting im Staatswald unweit der Ruine Reußenstein einen Baumwipfelpfad bauen, der in 30 Metern Höhe an den Baumkronen vorbei führt. Das Unternehmen betreibt bereits eine ähnliche Einrichtung im Bayerischen Wald und baut derzeit weitere Baumwipfelpfade in Tschechien und auf der Insel Rügen. Der Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein lehnt das Vorhaben ab. Es zerstöre die Natur, zerschneide ein Vogelschutzgebiet, schaffe unlösbare Verkehrsprobleme auf den engen Zufahrtsstraßen und bringe den Wirten kaum einen Nutzen. Nach Schätzungen der Erlebnisakademie würden rund 250 000 Besucher im Jahr den Baumwipfelpfad besuchen.