Die Eröffnung der Kita Hohewartstraße in Feuerbach verzögert sich. Der Grund: zu viel Formaldehyd in der Raumluft. Erst müssen die gemessenen Werte unter den vorgegebenen Grenzwerten liegen, bevor hier Kinder spielen dürfen.

Feuerbach - Eigentlich sollten in dem Neubau an der Hohewartstraße 100 bereits seit Ende Oktober 60 Kinder spielen. Doch der zahlreiche Nachwuchs wird sich noch einige Zeit gedulden müssen, ehe er die schmucken neuen Räume in Beschlag nehmen darf. Weil die Belastung durch Formaldehyd zu hoch war, hat die Stadt nun die Eröffnung der Feuerbacher Kindertagesstätte kurzerhand verschoben.

 

Die verwendeten Baumaterialen waren das Problem

Die Eltern wurden nach Angaben einer betroffenen Mutter am 24. Oktober telefonisch informiert, dass der geplante Eröffnungstermin nicht eingehalten werden kann. Als neuer Starttermin für den Kita-Betrieb wurde der 1. März 2015 genannt. Fünf Tage später kam die schriftliche Mitteilung. Darin war zu lesen, dass es Probleme mit den verwendeten Baumaterialien gegeben habe. Nach einer Zwischenlösung für die Betreuung der bereits angemeldeten Kinder werde gesucht, stand zudem in dem städtischen Schreiben.

Zu hohe Messwerte bringen weitere Verzögerungen mit sich

Kurz zuvor waren Experten bei routinemäßigen Messungen im Zuge der Bauabnahme auf zu hohe Formaldehydbelastungen im Innern des Neubaus gestoßen. Der erlaubte Emissionswert bei Formaldehyd liegt bei 0,124 Milligramm pro Kubikmeter Luft (0,1 ppm): „Ohne die Möblierung lagen die Messungen knapp darunter“, sagt Heinrich Korn, der stellvertretende Leiter des Stuttgarter Jugendamtes. Doch mit der kompletten Inneneinrichtung sei in einigen Bereichen des Gebäudes der festgelegte Höchstwert leicht überschritten gewesen. Deshalb haben die beteiligten Ämter entschieden, die Kindertageseinrichtung erst zur Nutzung freizugeben, wenn die Belastung der Luft in einem gesundheitlich vertretbaren Bereich liegt. „Für uns ist entscheidend, dass bei erneuten Messungen keine Grenzwertüberschreitungen mehr vorliegen. Erst dann werden wir den Betrieb genehmigen“, sagt Korn.

Schafwoll-Vliese als mögliche Problemlösung

Rund 2,5 Millionen Euro hat die Stadt in den Bau des zweistöckigen Gebäudes investiert. 60 Kita-Plätze wurden dort insgesamt geschaffen, vier neue Gruppen sind geplant. Der Kleinkindbereich befindet sich im Erdgeschoss, während die Drei- bis Sechsjährigen ihre Räume im oberen Stockwerk haben. Im aktuellen Formaldehyd-Fall sollen nun Schafwoll-Vliese für Abhilfe sorgen. „Mit ihnen werden die betroffenen Holzflächen bespannt“, sagt Korn. Was kurios klingt, ist längst erforscht und auch wissenschaftlich bewiesen: „In der Schafwolle enthaltene Stoffe können das Formaldehyd binden und absorbieren.“ Häufiges Lüften soll zudem die Schadstoffwerte peu à peu absenken.

Auch andere Kindergärten haben das selbe Problem

Das Gift in der Raumluft kann vor allem zu Reizungen der Augen und Schleimhäute führen. Der Kindergarten in Feuerbach ist allerdings kein Einzelfall. Vor allem bei neuen Holzbauten taucht der Schadstoff neuerdings wieder häufiger auf. Das Formaldehyd entweicht nicht nur aus frisch verbauten Spanplatten, sondern es dünstet auch aus verleimtem Vollholz aus.

In Zukunft wird auf strengere Richtlinien gesetzt

Beim Stuttgarter Hochbauamt hat man das Problem inzwischen erkannt: „Bei weiteren Projekten in Holzbauweise werden wir auf einen ausgewogenen Materialmix achten“, sagt Mitarbeiterin Barbara Blank. Die sich ergebende Konsequenz sei, noch strengere Richtlinien anzuwenden: „Wir werden in Zukunft noch mehr Wert auf die Verwendung von emissionsarmen Baustoffen und Materialien legen.“

100 Prozent sicher wird man aich auch in Zukunft nicht sein

Zudem werde die Stadt künftig verstärkt das Augenmerk auf das Thema Möblierung richten, sagt Blank, fügt aber gleichzeitig einschränkend hinzu: „Bei der Komplexität und Vielzahl der Baustoffe sowie einem europaweiten Baustoffmarkt kann aber selbst durch klare Vorgaben in der Ausschreibung, durch sensibilisierte städtische Mitarbeiter und durch unterwiesene Handwerker auf der Baustelle nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass auch in Zukunft im ein oder anderen Fall erhöhte Werte gemessen werden.“