Wegen einer Baustelle hat eine private Baufirma die Tuttlinger Straße in Sillenbuch teilweise in beide Richtungen gesperrt. Und dabei versäumt, die Anwohner zu informieren. Die Folge ist Ärger bei den Betroffenen.

Sillenbuch - Karl-Heinz Nuding will sich nicht nur beklagen. In der Mittagszeit holt er immer den Schlaf nach, der ihm in den Morgenstunden fehlt, weil er zu früher Stunde Brötchen und Brezeln in den Ofen schiebt. Zurzeit könne er dies wenigstens in Ruhe tun, erklärt er die Vorzüge der Misere. Denn vor seinem Laden an der Tuttlinger Straße gibt es wegen der Umleitung keinen Verkehrslärm wie sonst.

 

Dennoch war der Mittagsschlummer in den vergangenen 14 Tagen nicht ungetrübt. Karl-Heinz Nuding hat Sorgen. Seine Kasse ist seit Beginn der Bauarbeiten Ende April schlechter gefüllt als üblich. „Am ersten Tag, nachdem der Verkehr auf der Tuttlinger Straße umgeleitet worden ist, haben wir 30 Prozent weniger eingenommen“, sagt der Bäckermeister. Und auch danach sei der Umsatz deutlich unter dem Durchschnitt geblieben. Das Problem sieht Nuding darin, dass er von der Umleitung vor seiner Ladentür nichts gewusst habe und sich deshalb nicht habe entsprechend vorbereiten können. „Wir haben mit einem normalen Geschäft gerechnet, und dann ging plötzlich kaum noch was“, berichtet er. Die Stadt hätte ihn aus seiner Sicht über den Beginn und die Dauer der Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe zu seiner Ladentür informieren müssen, sagt er. „Dann hätten wir in diese Zeit zum Beispiel unsere Betriebsferien legen können “, sagt der Bäckermeister.

Privater Bauherr ist am Werk

Das Problem ist nur: Die Stadt ist nicht Urheber der Bauarbeiten an der Tuttlinger Straße. Ein privater Bauherr sei am Werk, sagt Johannes Kälber vom Tiefbauamt. „Wir haben damit nichts zu tun“, betont er. Eine Genehmigung vom Amt für öffentliche Ordnung sei dennoch nötig, sagt er.

Bernd Eichenauer, der Leiter der Straßenverkehrsbehörde, meldet sich sogar von zu Hause aus, um zuzugeben, dass in Sillenbuch etwas schiefgelaufen ist. Die Baufirma hätte die Anwohner benachrichtigen müssen. Diese ist seit Ende des vergangenen Monats an der Tuttlinger Straße am Werk. „Leider hat die Baufirma dies nicht vorgenommen, das heißt, die einzige Ankündigung waren aufgestellte Halteverbote“, heißt es in einer E-Mail von Bernd Eichenauer.

Ärger bei der SSB

Der Bäckermeister Nuding ist nicht der Einzige, der sich über die mangelnde Information zur Umleitung ärgert. Laut Bernd Eichenauer habe es Irritationen gegeben, weil die Busfahrer der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ebenfalls nichts von der Umleitung in Alt-Sillenbuch gewusst haben. Eichenauer zeigt sich verärgert über das Verhalten des Bauträgers. „Aus meiner Sicht ist dies mal wieder ein typischer Fall, der die Notwendigkeit von Baustellenkontrollen zeigt“, schreibt Eichenauer in seiner Stellungnahme. Er stellt aber auch klar: „Dies können wir zurzeit nicht leisten.“

Für Manfred Riesle, Sillenbucher Bezirksbeirat der Fraktion SÖS-Linke-Plus, ist das Verhalten der Stadt gleichwohl ein Ärgernis. Die Bezirksbeiräte hätten im vergangenen Winter mit der Stadt über derlei Versäumnisse gesprochen, berichtet Riesle. Dabei sei es auch um eine bessere Information der Bürger im Zuge von Bauarbeiten gegangen, sagt der Bezirksbeirat. „Die Stadt hat uns damals signalisiert, dass sie das Anliegen verstanden hat. Aber offenbar ist wenig geschehen“, sagt Riesle.

Backwaren vor dem Müll retten

Die Folgen der plötzlichen Umleitung in Alt-Sillenbuch stellen den Bäckermeister Karl-Heinz Nuding übrigens auch vor ein moralisches Problem. Es sei schwierig zu planen, wie viel Backwaren er derzeit produzieren soll, klagt er. Für ihn ist es eine Sünde, übrig gebliebene Lebensmittel zu entsorgen. Also versucht er, hart gewordene Brötchen an Bekannte weiterzugeben, diese würden sie dann an Tiere verfüttern. Dass Nuding mit den Backwaren lieber wie gewohnt Umsatz machen würde, versteht sich natürlich von selbst.

Stattdessen muss er wohl in den nächsten Wochen weitere Einbußen hinnehmen. Denn nun hat laut Bernd Eichenauer von der Stadt eine neue Firma die Vollsperrung übernommen. Sie werde für ihren Beitrag zum privaten Hausbau drei bis vier Wochen benötigen, schreibt Eichenauer. Allerdings sei die Firma von seiner Behörde gebeten worden, die Bauarbeiten so zügig wie möglich voranzutreiben. Für die Anwohner nur ein kleiner Trost.