Architekten, Bauunternehmer und Verbände möchten nicht länger Bittsteller, sondern Kunden sein. Bei einem Ausspracheabend ist teils heftige Kritik laut geworden.

Stuttgart - Der öffentliche Druck auf das Baurechtsamt wegen seines oft als restriktiv bis schikanös kritisierten Umgangs mit Baugesuchen wächst. Bei einer Veranstaltung der CDU-Gemeinderatsfraktion unter dem Motto „Baustelle Baurechtsamt“ hagelte es am Mittwochabend Kritik. Rund 100 Architekten, Bauunternehmer, Makler und Verbandsvertreter leerten im Haus der Handwerkskammer nicht nur ihren Kropf, sondern machten mit konkreten Verbesserungsvorschlägen auch deutlich, dass sie sich nicht länger schweigend mit der Rolle als „Bittsteller“ abfinden, sondern endlich als „Kunden“ behandelt werden wollen.

 

Architekt spricht von einem „Bauverhinderungsamt“

Alexander Kotz, der Chef der CDU-Fraktion, legte die Latte für das seit Monaten anschwellender Kritik ausgesetzte Baurechtsamt hoch. „Wir möchten, dass das Baurechtsamt das Leuchtturm-Baurechtsamt in Deutschland wird“, sagte er. Vorbildlich leuchten soll das Amt in Zukunft bei Service und Dienstleistung, mit möglichst kurzen Bearbeitungszeiten und mit seinem Erscheinungsbild. „Wir wollen, dass das Amt zum Bauen motiviert“, sagte Kotz. Ein Architekt spitzte die Kritik auf das Wort „Bauverhinderungsamt“ zu.

Viele der Vorwürfe, die das Amt zum Teil bereits zurückgewiesen hat, waren nicht neu. Neu aber war die Schärfe der Kritik und die Einmütigkeit der Betroffenen darin. Dabei zielte die Kritik weniger auf einzelne Mitarbeiter – Tenor: „Es menschelt überall“ –, sondern auf die Amts- und insbesondere die Referatsleitung. Beide, so hieß es immer wieder, müssten mehr delegieren und Verantwortung abgeben, statt mit dem letzten Wort über Bauanträge die Verfahren unnötig zu verzögern.

Die Bürgermeister Hahn und Wölfle bitten zum Gespräch

Einig waren sich Veranstalter und Geladene darin, dass externe Experten das Baurechtsamt unter die Lupe nehmen sollten. Diesen Vorschlag der CDU haben SPD und Grüne jedoch kassiert, sie setzen auf Verbesserungen aus eigener Kraft. Die CDU hält dies weiterhin für falsch und hat mit der Veranstaltung den Druck von Außen erhöht – mit Erfolg. Für den 7. Dezember haben der grüne Personalbürgermeister Werner Wölfle und der SPD-Baubürgermeister Matthias Hahn überraschend Architektenkammer, Immobilienwirtschaft und andere Betroffene zum Gedankenaustausch mit Verwaltung und Gemeinderat eingeladen.

Die vorgebrachten Vorwürfe im Detail

Kritik
Nachfolgend eine Auswahl von Zitaten der Tagungsteilnehmer. Sie sind zum Teil erkennbar verbittert.

Bearbeitungszeit
„Bei ernsthaften Bauvorhaben sind bis zu 15 Monate die Regel, das liegt an fehlender Kapazität und an der falschen Einstellung zum Bauwilligen.“

Nachforderung
„Am schlimmsten sind die Entfristungsschreiben, immer kurz vor Ablauf der vorgeschriebenen Drei-Monats-Frist zur Genehmigung werden Unterlagen nachgefordert. Notfalls werden dann eben Meereshöhen von Dachrinnen abgefragt, wenn es nichts anderes mehr zu klären gibt.“

Unsicherheit
„Selbst wenn alles bis ins Detail sogar mit dem Baubürgermeister besprochen ist, kann man in Stuttgart nicht sicher sein, ob mit dem Bauantrag alles gut geht.“

Ämterschach
„Stadtplanungsamt und Baurechtsamt sind sich nicht grün und blockieren sich.“

Untertanengeist
„Die Mitarbeiter scheinen Angst zu haben vor der Amtsspitze, sie trauen sich nicht, zu entscheiden.“ – „Es gibt ein Über- und Unterordnungsverhalten wie aus anderer Zeit.“

Verbesserungsvorschläge
„Wir brauchen einen zentralen Ansprechpartner, der die Akte durchlotst.“ – „Statt immer die Feuerwehr zu fragen braucht das Amt eigene Brandsachverständige, die rasch entscheiden.“ – „Ermessensspielräume müssen auch genutzt werden.“