Die LBS steht vor dem zweitbesten Ergebnis ihrer Geschichte. Trotzdem bereitet die Niedrigzinsphase Sorgen, wenngleich man sich gerüstet fühlt.

Kurz vor Weihnachten gibt es noch einmal einen Andrang bei den Bausparkassen. Denn der Bausparvertrag sei gerade zur Weihnachtszeit ein Renner - vor allem als Geschenk für Kinder, Enkel, Nichten und Neffen, wirbt Tilmann Hesselbarth. Der LBS-Vorstandsvorsitzende verschenkt seit Jahren mit Vorliebe 'Zinssicherheit'. Auch an seine eigenen Kinder, die jetzt in einem Alter seien, wo sie das Geschenk wohl schon richtig einschätzen könnten, hofft er insgeheim. Eigentumsbildung ist für Hesselbarth Zukunftsvorsorge, nicht nur weil 'die Zinsen nicht immer so niedrig bleiben werden'.

 

Gerade der Bausparvertrag biete die beste Zinssicherheit für einen künftigen Immobilienerwerb - oder etwas anderes, ist der Vorstandsvorsitzende beim Redaktionsgespräch überzeugt. Den Einwand von Kritikern, dass Sparer unter Umständen mit einem normalen Banksparplan schneller zum Sparziel kämen, hält er für Augenwischerei. Schließlich bestehe der Bausparvertrag immer aus zwei Komponenten, der Ansparphase und dem Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen. Deshalb hinkten auch viele dieser Vergleiche. 'Das wäre so, als wenn man einer achtköpfigen Familie ein Coupé empfiehlt und sich dann darüber auslässt, dass Coupés schlechte Autos seien', macht er den Unterschied deutlich.

Dabei hat der LBS-Vorstandsvorsitzende derzeit keinen Grund zum Klagen. Die Geschäfte für die Bausparkassen laufen aktuell so gut wie lange nicht mehr. Die Landesbausparkasse Baden-Württemberg kommt trotz eines 'schwierigen Umfeldes' im laufenden Jahr auf das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte. Tilmann Hesselbarth rechnet zum Ende des Geschäftsjahres sogar mit einem Bruttoneugeschäft von rund sieben Milliarden Euro. Im zurückliegenden Jahr konnte die LBS 1,3 Milliarden Euro Baudarlehen ausgeben, weitere 1,1 Milliarden Euro wurden als Guthaben an die Bausparer ausbezahlt.

Sicherheit lässt sich die LBS einiges kosten

'Und da sage noch einer, das Bausparen habe an Bedeutung verloren', freut er sich. Die langanhaltende Niedrigzinsphase sei für ein Unternehmen wie die LBS, das in langen Zyklen Zinssicherungsprodukte anbietet, allerdings mit Blick auf die Neuverträge schon eine extreme Herausforderung, so der Vorstandsvorsitzende. Man sei aber davon überzeugt, dass man die Zinsversprechen, die die LBS eingeht, auch langfristig bedienen könne. Diese Sicherheit lässt sich die LBS auch einiges kosten. Immer wieder in der Diskussion ist die Abschlussgebühr. 'Zu hoch und unnötig', sagen die Verbraucherschützer.

'Legitim und notwendig', meinen unisono die Bausparkassen. Tilmann Hesselbarth fühlt sich in dem 'ewigen Streit um die Provisionen' auch von höchstrichterlichen Entscheidungen bestätigt, denen zufolge die Abschlussgebühr Teil der Vertriebskosten sei. Im Übrigen - wiederholt der LBS-Vorstandsvorsitzende die Meinung der Branche - bekomme auch jeder Auto- oder Möbelverkäufer eine Provision, und große Teile der Wirtschaft würden ohne dieses Modell nicht funktionieren. Warum also nicht auch der Verkauf eines Bausparvertrages, fragt er. Natürlich sei er sich darüber bewusst, dass sich in dem Provisionsgeschäft vieles nicht eins zu eins auf ein Finanzprodukt wie einen Bausparvertrag übertragen lasse.

Gerade wer solche sensiblen Produkte verkaufe, müsse dafür auch besonders qualifiziert sein. Deshalb schule die Landesbausparkasse die Mitarbeiter auch, immer das Kundeninteresse in den Mittelpunkt zu stellen und nicht den Abschluss. 'Beratung und Verkauf müssen sich aber nicht ausschließen. Gerade weil wir als Bausparkasse eine lebenslange Beziehung zu unseren Kunden anstreben, haben wir überhaupt kein Interesse an einer systemischen Falschberatung.' Schließlich sei nach der Berufs- und Partnerwahl die Baufinanzierung die wichtigste Entscheidung im Leben eines Menschen, sagt er. Während allenthalben in der Branche über eine mögliche kommende Immobilienblase diskutiert wird, gibt sich Tilmann Hesselbarth gelassen.

Eigenkapitalquote von durchschnittlich 20 Prozent

Er sehe derzeit keine Gefahr durch eine Immobilienblase wie in den USA. Dort hatten niedrige Zinsen in Kombination mit einer geringen Tilgung und wenig bis gar keinem Eigenkapital im Jahr 2007 zur sogenannten Subprime-Krise geführt, in deren Sog die weltweiten Finanzmärkte ins Wanken gerieten. So weit kommt es in Deutschland nicht, ist sich der Finanzexperte sicher und fügt als Beleg hinzu: 'In Deutschland haben wir schon traditionell eine hohe Eigenkapitalquote von durchschnittlich 20 Prozent - und das ist die Masse der Finanzierungen.'

Damit die derzeit niedrigen Hypothekenzinsen niemandem zu Kopf steigen, haben die kreditgebenden Institute, darunter auch die Bausparkassen, längst ihre Anforderungen an die Baufinanzierung hinsichtlich Eigenkapital, Tilgungsleistung und Nachhaltigkeit der Wirtschaftlichkeit angehoben. Außerdem gehe man mittlerweile deutlich vorsichtiger mit den Beleihungswerten von Immobilien um, indem mögliche Überhitzungen bereits in die Finanzierung eingepreist werden. 'Wir empfehlen dem Kunden außerdem, die aktuell angesparte Zinsspanne in eine höhere Tilgungsrate zu investieren', so Hesselbarth.

Nach Möglichkeit sollten derzeit mindestens zwischen zwei und drei Prozent getilgt werden. Die aktuelle Situation auf den Finanzmärkten beschert den Bausparkassen derzeit ein glänzendes Geschäft. Allerdings hat die Entwicklung auch eine Schattenseite. Vor allem die Altverträge mit den hohen Zinsen drücken auf die Bilanz. Was für die Bausparer derzeit ein gutes Geschäft ist, entwickelt sich für die eine oder andere Bausparkasse in der aktuellen Niedrigzinsphase immer mehr zum Bumerang. 'Natürlich haben auch wir solche Verträge in unserem Bestand', räumt Hesselbarth ein.

"Kundenfreundlich, aber konsequent"

Allerdings habe es die LBS Baden-Württemberg lange nicht so hart getroffen wie andere Institute, da man diese Verträge schon vor zehn Jahren angepasst habe. Beim Restbestand - es geht um rund 10 000 von insgesamt 1,7 Millionen Bausparverträgen - sei man 'kundenfreundlich, aber konsequent' mit dem Thema umgegangen. 'Bausparen ist immer ein kollektives System aus Sparern und Kreditnehmern gewesen', sagt der LBS-Vorstandsvorsitzende bestimmt. Wer ausschließlich auf die Sparphase fixiert sei, enge den Spielraum für künftige Kreditvergaben ein und schade damit der Gemeinschaft der Bausparer.

'Diese übersparten Verträge haben wir dann auch gekündigt', sagt er. Allerdings habe man alles getan, damit auch diese Kunden zu all ihren Ansprüchen aus der Sparphase kommen, betont Hesselbarth und legt zum Beweis nach: 'Die entsprechende Kundenreaktionskurve war bei uns im Promillebereich.' Die jüngsten Erfahrungen der Bausparkassen mit den übersparten Bausparverträgen wird nicht ohne Auswirkungen auf die künftige vertragliche Ausgestaltung der Bausparverträge bleiben, ist man sich bei der LBS sicher. In Zukunft werden wohl alle Bausparkassen peinlichst darauf achten, dass das Kollektiv aus Sparern und Kreditnehmern im Gleichgewicht bleibt.

Wie das funktionieren soll, ist bislang nur ein Gedankenspiel. So könnten künftige Bausparer nach Erreichen der Regelsparzeit von derzeit 40 Prozent vor die Frage gestellt werden, den zuteilungsreifen Bausparkredit in Anspruch zu nehmen oder einen neuen Bausparvertrag abzuschließen. 'Man muss sich immer vor Augen halten, dass Bausparer ein Kollektiv bilden und jeder, der die Sparphase des Bausparvertrages zu seinem eigenen Nutzen maximiert, das Kollektiv belastet. Wer sich hier nicht wiederfindet, sollte da auch nicht reingehen', appelliert Hesselbarth.