Bernd Leno spielte vor Wochen noch in der Dritten Liga. Derzeit begeistert der vom VfB Stuttgart ausgeliehene Torwart die Leverkusener Fans.    

London - Es ist eine ziemlich aufregende Sache, brasilianischer Nationalspieler zu sein und dann auch noch bei einem Club wie dem FC Chelsea in einer Stadt wie London zu spielen. Erst recht, wenn man ein junger Kerl ist wie David Luiz, 24. Und der Innenverteidiger fand sich auch sehr lässig, nachdem er das wichtige erste Tor zu Chelseas 2:0-Erfolg gegen Bayer Leverkusen in der Champions League beigetragen hatte.

 

Als sich der gefeierte Held auf den Heimweg machte, signalisierte seine Körpersprache deutlich, dass er wenig Lust auf Gespräche mit lästigen Journalisten hatte. Doch als ihm jemand eine Frage nach diesem jungen, deutschen Torhüter zurief, da blieb Luiz stehen. Wie ein Hip-Hopper aus Los Angeles wippte er von einem Bein auf das andere. "Der ist toll", sagte Luiz. Jemand fragte, ob er den Namen des Mannes im Tor der Deutschen kenne, seine Schultern zuckten: "Nein, aber trotzdem Glückwunsch!"

Leno beeindruckt selbst Gegner

Bernd Leno hatte Luiz derart beeindruckt, dass der Brasilianer den Leverkusenern zu diesem Spieler gratulieren wollte. Genau genommen hatte der Torhüter alle Anwesenden beeindruckt an diesem Abend. Leverkusens Trainer Robin Dutt schwärmte gar von einer "Ausstrahlung, die Petr Cech auf der anderen Seite in fast nichts nachstand". Leno spielt seit Wochen ruhig, souverän, fehlerfrei, doch an diesem Abend hatte er seinen stabilen Auftritt mit drei, vier fabelhaften Reflexen zu einer internationalen Spitzenleistung veredelt.

"Ich habe das Gefühl, dass ich auch innerlich ruhig bin, ich bin einfach so ein Typ", sagte er. "Und ich glaube, es ist wichtig für eine Mannschaft, dass da hinten einer drinsteht, der nicht dauernd rumzappelt." Auch eine Stunde nach der Partie hatte er noch diesen Champions-League-Glanz in den Augen, berauscht war Leno aber keinesfalls.

Neue Torwarthoffnung spielte zuvor in der Dritten Liga

Seine Formulierungen waren wohlüberlegt und ehrlich wie sein Spiel. "Der Cech hat mir gratuliert und gesagt, gutes Spiel und so, und da musste ich sein Trikot abstauben", erzählte der gebürtige Bietigheimer, der vor wenigen Wochen noch für die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart in der dritten Liga spielte.

Ob es denkbar sei, auf diese Ebene zurückzukehren und gegen Heidenheim und Sandhausen zu spielen, fragte jemand, und Leno meinte: "Nee, das kann ich mir nicht vorstellen, aber über die Presse habe ich mitbekommen, dass der VfB-Manager Fredi Bobic sagt, ich müsse am 1. Januar wieder in Stuttgart sein."

Und genau deshalb ist die Freude über diesen wunderbaren Torhüter in Leverkusen ein wenig getrübt. Leno ist nur vom VfB ausgeliehen, eigentlich erwartet Bayer René Adler zurück. Doch der ist noch verletzt, und selbst nach einer Genesung Adlers wäre es verrückt, diesen Leno auf die Ersatzbank zu setzen.

Folgt Leno auf Adler?

Genau genommen sind Adlers Leistungen nämlich seit zwei Jahren durchwachsen, außerdem läuft sein Vertrag im Sommer aus. Dass er verlängert wird, gilt zurzeit als unwahrscheinlich. Und ob der hochgelobte Leno Adler gleich nach dessen Genesung wieder weichen muss, hält der Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser zudem nicht für ausgemacht: "Es gibt da keinen Automatismus."

Leno würde gerne am Rhein bleiben, das war seinen Worten deutlich zu entnehmen: "Leverkusen spielt Champions League, der VfB nicht. Ich könnte mir das schon vorstellen, ich fühle mich hier superwohl, aber es liegt vielleicht nicht an mir", sagte er. Ob sein bis 2014 gültiger Vertrag beim VfB Schlupflöcher enthält, verriet er nicht. Aber es ist so - Leno hat eine Klausel und kann Stuttgart nach der Saison verlassen.

Leno hat trotz Niederlage gewonnen

Und als all die spannenden Fragen nach der Zukunft des 19-Jährigen diskutiert waren, sprach Leno noch über das Spiel, das Bayer zwar etwas unglücklich, aber durchaus verdient verloren hatte. Es war Michael Ballack, der die Partie bei seinem ehemaligen Club in eine andere Richtung hätte wenden können, nach 63 Minuten hatte er inmitten der stärksten Leverkusener Phase eine große Chance zum Führungstor. Doch er scheiterte an Petr Cech.

Diese Szene verfolgte den Routinier bis weit hinein in die Nacht, nach dem Bankett im Melia White House sagte er, dass diese Situation ihm "immer noch durch den Kopf" geistert. Ballack hätte in diesem Moment die Glanzleistung des jungen Torhüters endgültig veredeln können.

Zum Knackpunkt war der Moment geworden, als Renato Augusto für Ballack eingewechselt wurde, die Leverkusener waren kurze Zeit unsortiert, so ergab sich der Raum für Luiz - 1:0. Das 2:0 erzielte Mata in der Nachspielzeit, am Ende waren die Londoner eben ein klein wenig abgebrühter. Der Abgebrühteste von allen an diesem Abend war aber eindeutig: Bernd Leno.