Die frühere Chefin der Beamtenhochschule in Ludwigsburg, Claudia Stöckle, will als „Betroffene“ im U-Ausschuss zur Zulagenaffäre mitwirken. Ihren Antrag begründet sie mit Kritik an ihrer Amtsführung – und mit Urteilen zum Fall Mappus.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die frühere Rektorin der Beamtenhochschule Ludwigsburg, Claudia Stöckle, will künftig als „Betroffene“ im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags zur Zulagenaffäre mitwirken. Ein entsprechender Antrag Stöckles sei am Mittwoch bei der Ausschussvorsitzenden Sabine Kurtz (CDU) eingegangen, bestätigte eine Landtagssprecherin unserer Zeitung. Das Gremium werde sich in seiner nächsten Sitzung am 30. Juni damit befassen und eine Entscheidung treffen. Nach dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU), der sich im Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal den Status erstritten hatte, wäre Stöckle erst die zweite „Betroffene“ in der Geschichte des Parlaments. Die gesetzliche Voraussetzung dafür ist, dass das Gremium plant, ihr eine „persönliche Verfehlung“ zu bescheinigen.

 

Wie aus dem Umfeld des Landtagsausschusses bekannt wurde, begründet Stöckle ihren Antrag unter anderem mit dem Regierungsbericht zur Zulagenaffäre. Nach Medienberichten kritisiere das Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne) darin massiv ihre Amtsführung als Rektorin. Die Rolle Bauers, die eigentlich im Fokus der Untersuchung steht, und ihre eigene Rolle seien somit „untrennbar miteinander verknüpft“. Um sich gegen die unberechtigten Vorwürfe wehren zu können, müsse ihr der Status als Betroffene gewährt werden, argumentiert die promovierte Juristin.

Auswirkung auf laufende Prozesse

In der Begründung verweist sie auch auf Gerichtsentscheidungen zum Fall Mappus, der zwar den Status als Betroffener, aber kein Rede- und Antragsrecht erhalten hatte. Der Schutzanspruch sei danach besonders hoch, wenn das Thema des Untersuchungsausschusses auch Gegenstand von Rechtsverfahren sei. Im Zusammenhang mit ihrer Ablösung als Rektorin führe sie vier verschiedene Prozesse vor dem Verwaltungsgericht. Die angefochtenen Entscheidungen würden jeweils mit Fehlverhalten von ihr begründet; sie wiederum stütze ihre Klagen auf Pflichtverletzungen des Wissenschaftsministeriums. Die Feststellungen des U-Ausschusses wirkten sich daher „gleichsam reflexartig“ auf die Verfahren aus.

Als „Betroffene“ müsste Stöckle das Recht bekommen, vor der Beweisaufnahme eine „zusammenhängende Sachdarstellung“ zu geben. Bei der Beweisaufnahme dürfte sie anwesend sein, aber sie dürfte keine Fragen oder Beweisanträge stellen. Sämtliche Beweismittel, die Gegenstand der Beweisaufnahme sind, dürfte sie einsehen. Zum Abschluss der Ausschussarbeit müsste sie schließlich „Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme“ erhalten; diese wäre dem offiziellen Bericht beizufügen. Laut dem Landtag wurden die Gesetzesregelungen zum Status von Betroffenen zuletzt im Jahr 2016 geändert; dabei seien die jüngsten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nachvollzogen worden.

Als Zuhörerin künftig nicht mehr geduldet?

An der ersten Sitzung des Ausschusses zur Beamtenhochschule hatte Claudia Stöckle als Zuhörerin teilgenommen – genauso wie ihr Vorgänger als Rektor, gegen den Anklage wegen schwerer Untreue erhoben wurde. Man habe dies nicht beanstandet, weil keine Zeugen, sondern nur Sachverständige gehört worden seien, sagte die Landtagssprecherin. Anderes gelte, wenn Zeugen vernommen würden: Entsprechend der Strafprozessordnung sollten später zu hörende oder auch nur potenzielle Zeugen dann nicht anwesend sein. Folglich müsste Stöckle damit rechnen, des Saales verwiesen zu werden.

Für den 30. Juni ist bisher die Befragung von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer vorgesehen. Eine vorläufige Einschätzung zu Stöckles Antrag, „Betroffene“ zu werden, ist laut der Sprecherin nicht möglich. In Fachkreisen werden diesem aber gute Chancen eingeräumt.