In der Affäre um die Beamtenhochschule gerät Ministerin Theresia Bauer weiter unter Druck: Es fehlen zentrale Akten zur Absetzung der Rektorin. Nun berät der Landtag über Bauers Niederlage vor Gericht; die FDP denkt bereits an einen Untersuchungsausschuss.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - In der Affäre um die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg erhöht die Opposition den Druck auf Wissenschaftsministerium Theresia Bauer (Grüne). Auf Antrag der FDP, die bereits mit einem Untersuchungsausschuss droht, wird sich der Landtag an diesem Mittwoch in einer aktuellen Debatte mit der Krise der Hochschule befassen. Hintergrund ist der jüngste Erfolg der auf Betreiben Bauers abgesetzten Rektorin Claudia Stöckle vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. In einem Eilverfahren hatte das Gericht Stöckles Abwahl als voraussichtlich rechtswidrig eingestuft, da die zuständigen Gremien entgegen den Vorschriften nichtöffentlich darüber beraten hätten. Zugleich untersagte es dem Land, einen Nachfolger zu ernennen. Gegen den Beschluss hat das Ministerium jetzt Beschwerde eingelegt.

 

Nach dem inzwischen veröffentlichten Beschluss übt die 10. Kammer auch in einem weiteren Punkt gravierende Kritik am Verfahren zu Stöckles Absetzung: Von der Kommission unter Leitung von Ex-Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU), deren Votum das Aus für die Rektorin besiegelt hatte, gebe es keine Akten. Damit verstoße das Wissenschaftsministerium, das das Dreiergremium eingesetzt hatte, in mehrerlei Hinsicht gegen die für alle Behörden geltende „Aktenführungspflicht“. Man habe so nicht nachvollziehen können, auf welcher Grundlage die Kommission zu ihrem Ergebnis – Stöckle müsse weg – gekommen sei, rügen die Richter.

Zweifel an Unabhängigkeit der Kommission

Zugleich äußern sie massive Zweifel an der Unabhängigkeit der Kommission. Von einem externen oder gar autonomen Gremium könne angesichts der Umstände keine Rede sein. Vielmehr sei es nicht ausgeschlossen, dass das Trio um Stratthaus vom Ministerium beeinflusst worden sei, die Grundlage für eine erfolgreiche Abwahl Stöckles zu schaffen. Eine mögliche „Manipulation des Verfahrens“ würde jedoch zur Rechtswidrigkeit des Ergebnisses führen. Nach der Darstellung des Gerichts versprach sich Bauer von dem Kommissionsbericht „öffentlich aufkommenden Druck“, dass die „Rektorin nicht mehr tragbar sei.“ Während die Ministerin den Entwurf und die Endfassung erhielt, bekamen die Hochschulgremien nur eine von ihrem Haus erstellte Zusammenfassung; in dieser sollen wesentliche Passagen fehlen.

Aus dem Gerichtsbeschluss geht hervor, dass es Akten der Kommission gegeben haben muss. Den Mitgliedern seien bei Besprechungen „Vorschläge, Darlegungen und weitere Schriftstücke“ übergeben worden, die ans Ministerium hätten weitergeleitet werden müssen. Angesichts des Fehlens von Akten hat Stöckle nun Strafanzeige wegen des Verdachts auf Vernichtung von Beweismitteln erstattet. Die Unterlagen seien wichtig für die Aufklärung des Sachverhalts.

Studentenvertreter hatte früh gewarnt

In einer parlamentarischen Anfrage erkundigte sich auch die FDP nach dem Verbleib etwaiger Akten. Das Ministerium antwortete, man habe keine gesonderten Kommissionsakten geführt; relevant sei alleine der Abschlussbericht gewesen. Eine weitere Dokumentation etwa über Kontakte oder ausgehändigte Unterlagen sei „nicht angezeigt“ gewesen. Wenige Tage später kam der Beschluss des Verwaltungsgerichts, das dies ganz anders sieht. Die Pflicht zur Aktenführung gilt als wichtige Grundlage dafür, dass Verwaltungshandeln überprüfbar ist.

Die Niederlage vor Gericht ist für Theresia Bauer umso peinlicher, als ihr Ministerium gewarnt war: Der frühere Asta-Chef , Sebastian Kröber, hatte gremienintern ausdrücklich auf mögliche Formfehler bei der Abwahl hingewiesen. Ihm wurde jedoch eine Stellungnahme des Bauer-Ressorts entgegengehalten, man habe bei einer rechtlichen Prüfung keinerlei Verstöße feststellen können. Kröber hatte seine Warnung damit begründet, ihm sei an Rechtssicherheit gelegen. Damit lag der Student richtiger als der geballte juristische Sachverstand des Ministeriums.

Schützenhilfe von der Grünen-Fraktion

Gegen den wachsenden Druck bekommt Bauer nun Rückendeckung von den Landtags-Grünen. Per Antrag fordern sie eine Darstellung, wie sich die Funktionsfähigkeit der Hochschule seit der Abwahl Stöckles entwickelt habe. Begründung: die Erfolge würden „in der öffentlichen Debatte weitgehend ausgeblendet.“ Mit Spannung wird erwartet, wie sich die CDU positioniert; ohne sie gäbe es keinen U-Ausschuss.

Aufgrund der vom Gericht gerügten Fehler droht der Hochschule nun eine Hängepartie. Dabei könnte sie in Kürze ganz ohne Chef dastehen: der von Bauer eingesetzte Beauftragte Hartmut Melenk, will seine Mission Ende November in jedem Fall beenden. So hatte er es bereits vor der Gerichtsentscheidung intern angekündigt. Für eine Übergangszeit solle die Hochschule von den beiden Prorektoren und der Kanzlerin geführt werden – jener Kanzlerin, die ausweislich des Urteils hinter dem Rücken ihrer Kollegen mit dem Wissenschaftsministerium kooperierte.