Rainer Haas soll vor dem Untersuchungsausschuss zur Beamtenhochschule als Zeuge aussagen. Der Ludwigsburger Landrat und langjährige Lehrbeauftragte trug den Korruptionsverdacht in die Öffentlichkeit. Woher wusste er von den Vorgängen im Rektorat?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart/Ludwigsburg - Es war eine lange Liste von Namen, die die Vorsitzende in der jüngsten Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Verwaltungshochschule Ludwigsburg herunterratterte. Alle Genannten sollten noch als Zeugen gehört werden, verkündete Sabine Kurtz (CDU), deswegen dürften sie nicht als Zuhörer anwesend sein. Mitten in der Aufzählung: Rainer Haas, der Ludwigsburger Landrat, langjähriger Lehrbeauftragter und bis 2014 Mitglied des Hochschulrates.

 

Haas spielte nicht nur eine wichtige Rolle bei der Ablösung der früheren Rektorin Claudia Stöckle, indem er ihr frühzeitig öffentlich das Vertrauen entzog. Indirekt gab er auch den Anstoß, dass sich die Staatsanwaltschaft mit der Beamtenschmiede befasste – allerdings nicht mit den fragwürdigen Zulagen für Professoren, deretwegen inzwischen Anklage erhoben wurde, sondern mit einem Korruptionsverdacht, der sich dann doch nicht bestätigte. Beide Vorgänge werfen Fragen auf, zu denen sich der Sprecher des Landrates jetzt gegenüber der StZ äußerte.

Das Rechtsreferat um Prüfung gebeten

Der Aufstand der Professoren gegen Stöckle sprach sich 2014 erst allmählich herum, da redete Haas bereits öffentlich Klartext. „Zu retten gibt es nichts mehr“, sagte er der „Ludwigsburger Kreiszeitung“, „die Rektorin muss weg“. Nur eine schnelle Ablösung durch eine „geeignete Persönlichkeit“ könne weiteren Schaden von der Beamtenhochschule abwenden. „Von der Lappalie bis zu gravierenden Vorkommnissen“, sagte er zu den Konfliktpunkten, sei „alles dabei“. Darf sich ein einfaches Mitglied des Hochschulrates so in den Medien äußern? Er sei dazu nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen, lässt der Landrat heute ausrichten – nach dem Landespressegesetz müsse er nämlich Presseanfragen beantworten, und nichts anderes habe er getan.

Auch in puncto Korruptionsverdacht hat Haas aus seiner Sicht alles richtig gemacht. „Aufgrund seiner eigenen Sachkunde als Jurist“, so sein Sprecher, habe er damals „einen Anfangsverdacht wechselseitiger Begünstigung“ gesehen – nämlich zwischen der Rektorin Stöckle und dem Hochschulratsvorsitzenden und Ex-CDU-Politiker Jochen Kübler. Es ging um Geschenke an Kübler und einen weiteren Hochschulrat sowie um Zahlungen, etwa eine erhöhte Funktionszulage für Stöckle oder eine Art Erschwernisausgleich für Kübler. Mitarbeiter seines Rechtsreferates, so der Kreissprecher, habe Haas damals mit der Prüfung einer möglichen Strafbarkeit beauftragt. Das Ergebnis: Der Anfangsverdacht sei ihm schriftlich bestätigt worden. Darüber habe er im Hochschulrat berichtet.

„Trennung der Tätigkeiten nicht angezeigt“

Das Wissenschaftsministerium betonte dort zwar, man sehe keinen Verdacht auf Korruption. Ein Professor nahm den Befund von Haas gleichwohl zum Anlass, um bei der Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Überprüfung anzuregen. Dort wurde das Verfahren bald wieder eingestellt: Es hätten sich keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen ergeben. In der Verfügung wurde ausdrücklich auf die Prüfung durch Haas Bezug genommen.

Woher wusste Haas von den Vorgängen im Rektorat? Durfte er sie nach außen weitergeben und für die Prüfung Ressourcen der Kreisverwaltung nutzen? Hätte er zwischen seinen Tätigkeiten als Landrat und Mitglied des Hochschulrates nicht trennen müssen? Eine „Trennung der Tätigkeiten“ sei „nicht angezeigt“, sagt der Kreissprecher; Haas sei schließlich nicht als Privatperson, sondern als Landrat des „Standort-Landkreises“ in das Gremium berufen worden. Eine „gut funktionierende und entsprechend beleumundete Hochschule“ liege in dessen Interesse, daher habe er „in angemessenem Umfang“ auch auf Mitarbeiter zurückgreifen dürfen; diese unterlägen als Beamte der Verschwiegenheit. Als Hochschulrat sei es Haas‘ „ureigenste Aufgabe und Pflicht“, Vorgängen nachzugehen und sich Informationen zu beschaffen – zumal wenn es um mögliche Straftaten gehe.

Wie Haas an die ihm offiziell nicht zugänglichen Informationen des Rektorats über die Zuwendungen gelangte, könnte nun im U-Ausschuss ausgeleuchtet werden. Dem Gremium vorliegende Unterlagen deuten nach StZ-Informationen auf ein informelles Zusammenspiel mit der (bis heute amtierenden) Kanzlerin hin, die als Gegenspielerin von Stöckle galt – und offenbar enge Kontakte ins Wissenschaftsministerium pflegte. Ein Termin für die Ladung des Landrats in den U-Ausschuss steht noch nicht fest.