Ich habe einen ganzen Tag verschlafen und muss nun in nur zwei Stunden alles wieder aufholen. Aus dem Leben einer Filmstudentin.

35. WOHNZIMMER      INNEN/ TAG

 

Es ist Sonntag. Mr. Big hat frei und fragt, ob ich etwas mit ihm unternehmen möchte. Ich würde total gerne, aber die Woche über haben sich so viele Dinge angesammelt (eigentlich muss ich "nur" ein komplettes Drehbuch schreiben, die Deadline ist bereits am nächsten Tag um 9 Uhr früh), dass ich ihm schweren Herzens absage. 

Er geht also ohne mich und überlässt mich meinem Schicksal. 

Ich komme mal wieder mehr schlecht als recht voran. Es hatte natürlich seinen Grund, warum ich das Schreiben immer weiter nach hinten geschoben habe. Ich stehe nämlich vor einem grundlegenden Problem, von dem ich nicht weiß, wie ich es lösen soll. Daran hat sich nur leider nichts geändert. Und dann merke ich auch noch, dass ich müde werde. Der Samstagabend war lang und überhaupt hatte ich die Woche nicht viel Schlaf abbekommen.

Ich rede mir ein, dass ich nach einem kleinen Nickerchen bestimmt fitter sein werde. 

35b. SCHLAFZIMMER     INNEN/ TAG

Ich lege mich also ins Bett und schließe die Augen. Ich denke darüber nach mir einen Wecker zu stellen, doch bevor ich mich entscheiden kann, bin ich bereits eingeschlafen. 

Ich träume von meinem Drehbuch. Ich bin die weibliche Hauptfigur (auch wenn die aussieht wie Ryan Gosling) und auf einmal macht alles Sinn. Ich habe das Problem gelöst - im Schlaf.

Als ich aufwache, bin ich glückselig. Bis ich merke, dass es dunkel draußen ist - und Mr. Big in seinem Schlafanzug neben mir liegt und friedlich schläft. Die Uhr sagt  7 Uhr früh. 

Was zur...?

Wie konnte das passieren? Ich kann doch nicht einen ganzen Tag und eine ganze Nacht durchgeschlafen haben? Und warum hat mich Mr. Big nicht geweckt? Er wusste doch von meiner Deadline!

Ich werde panisch. Und dann merke ich auch noch, dass die Lösung, die ich im Traum hatte, nun überhaupt keinen Sinn mehr hat. Ich als weiblicher Ryan Gosling? Was hab ich eigentlich gedacht?

Aber jammern hilft jetzt nicht. Ich habe noch zwei Stunden bis zur Abgabe.

WOHNZIMMER        INNEN/ TAG

Als es halb zehn ist habe ich schließlich eine Fassung, die zwar hingerotzt ist, mit der man aber weiter arbeiten kann. Irgendwie. Ich schicke die Fassung ab.

Mr. Big kommt ins Wohnzimmer und streckt sich.

                ICH

         Guten Morgen.

                MR. BIG

          Ja, genau. Ich wollte gar nicht so lange schlafen. 

               ICH

           Ja, ich ganz bestimmt auch nicht.

               MR. BIG

           Ich glaub, ich geh nachher noch in die Spätvorstellung ins Kino. Kommst mit? Oder bist noch nicht durch?

               ICH

             Hä? Heute Abend oder was?

                 MR. BIG

              Na jetzt gleich.

               ICH

             Wie? Jetzt gleich?

Er hält mir seine DIGITALE Uhr unter die Nase. Es ist 21.38 Uhr. Nicht 9.38 Uhr.

Ich ärgere mich total über mich selbst. Ich ärgere mich natürlich über die Verwechslung. Am meisten aber ärgere ich mich darüber, dass ich meine Zeit so gemanagt habe, dass ich mich überhaupt in diese Situation hinein manövrieren konnte. 

Ich werde versuchen an meinem Zeitmanagement zu arbeiten.

Oder ich besorge mir eine digitale Uhr.

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