Schauspieler sind mir suspekt. Bei einem Casting bestätigen sich auch mal wieder alle Klischees. Fast. Aus dem Leben einer Filmstudentin.

38a. FILMAKADEMIE    INNEN/ TAG

 

Schauspieler sind ein anstrengendes Pack. Ständig müssen sie singen, beginnen ohne Grund in epileptischen Rythmen zu tanzen oder versuchen anderweitig auf sich aufmerksam zu machen. Und sei es nur durch einen seltsamen Klamottenstil oder eine "Ich-esse-nichts-was-einen-Schatten-hat"-Attitüde am Set. 

Aber ohne sie geht es nun mal nicht beim Film und wir haben für ein neues Projekt zum Casting geladen. Und jetzt sitzen zahlreiche Schauspieler im Gang und warten darauf vorzusprechen, während ich es mir im Castingraum hinter einem Tisch in Dieter-Bohlen-Pose gemütlich gemacht habe. 

Der erste Schauspieler (jung, gutaussehend, etwas verstrubbelt) wird aufgerufen und kommt in den Raum hinein. Er ist schon bei seiner Vorstellung unfassbar aufgedreht, hüpft durch den Raum, macht seltsame Mund- und Gesichtsübungen und kann keine Minute still sitzen. Innerlich verdrehe ich die Augen: typisch. 

Als es dann dazu kommt, dass er die Szene aus meinem Buch vorspielt, die er vorbereiten sollte, hat er ständig Texthänger oder verändert sogar meine stundenlang durchdachten und vorformulierten Sätze bis zur Unkenntlichkeit. 

Ich bin beleidigt. Wenn er das Buch nicht richtig gelesen hat, dann kann ihn auch die Rolle und damit das Projekt nicht sonderlich interessieren. Er entschuldigt sich damit, dass er die letzte Nacht nur zwei Stunden geschlafen hat. Tatsächlich sieht er übernächtigt aus. Er ist also auch noch lieber feiern gegangen als sich in Ruhe auf das Casting vorzubereiten. Pah.

Wahrscheinlich hat ihn seine Agentur auch bloß hierher zitiert, damit er Erfahrungen sammelt. Er ist ja wirklich nicht schlecht, das geb ich ja zu, aber draußen sitzen noch genügend andere von seiner Sorte, die bestimmt auch nicht schlecht sind, das Buch aber tatsächlich gelesen haben und wirklich an der Rolle interessiert sind. Für mich ist er raus. Ich streiche seinen Namen durch.

Als wir mit ihm fertig sind, kommt er noch mal extra zu mir rüber.

                         SCHAUSPIELER

              Oh, Mann. Das tut mir voll Leid mit den Texthängern. Aber ich find euer Projekt so klasse, dass ich richtig aufgeregt war. Konnte deswegen ja auch nicht schlafen gestern Nacht.

Er lacht etwas nervös.

                         SCHAUSPIELER

             Nicht, dass du denkst, dass ich das Buch nicht mochte oder so!

Ich lächle ertappt.

                         ICH

              Nein. Quatsch. Hab ich natürlich nicht gedacht. 

Er verabschiedet sich. Auf meiner Liste entfernen ich den Strich durch seinen Namen wieder. 

38b. GANG   INNEN/ TAG

Ja, vielleicht sind Schauspieler doch auch ganz normale Menschen und ich bin nur etwas vorurteilsbehaftet.

Als ich in den Gang blicke, hüpfen einige Schauspieler auf und ab, andere singen, manche tanzen. Einer liegt auf dem Boden und wälzt sich von einer Seite auf die andere.

Vielleicht aber auch nicht.

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