Die Fahrten von behinderten Kinder und Jugendlichen in die Schule werden im Kreis Göppingen neu organisiert. Im Vorfeld hatte es wegen der Ausschreibung Kritik gegeben. Jetzt ist zumindest die Politik mit der gefundenen Lösung zufrieden.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Die Ausschreibung ist durch, der Wettbewerb entschieden: Von Mitte September an werden die 350 behinderten jungen Menschen, die im Kreis mit Bussen zur Schule oder in den Kindergarten gebracht werden, neue Gesichter an den Lenkrädern der jeweiligen Fahrzeuge sehen. Die Beförderung wird neu geregelt. In 19 Teile, sogenannte Lose, ist das Gesamtpaket im Vorfeld aufgesplittet worden. Für drei davon wurden keine Angebote eingereicht. Diese werden mit potenziellen Interessenten nun gesondert ausgehandelt. Die übrigen 16 Lose wurden auf sieben Anbieter verteilt.

 

Im Vorfeld der Vergabe hatte es öffentliche Kritik, vor allem von Eltern und Schulleitern, aber auch von Seiten mittelständischer Busunternehmen gegeben. Dennoch hat sich der Kreistagsausschuss für Umwelt und Verkehr in seiner jüngsten Sitzung einstimmig für den von der Verwaltung vorgeschlagenen Weg ausgesprochen. Die Mitglieder des Gremiums ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass die von etlichen Außenstehenden in Frage gestellte Ausschreibung gesetzlich erforderlich gewesen sei.

Sieben der 16 Lose gehen an gemeinnützige Träger

Außerdem betonte nicht nur Landrat Edgar Wolff, dass der günstigste Bieter den Zuschlag nur bekommen habe, weil er auch die Einhaltung der geforderten Qualitätskriterien hätte garantieren können. Dass diese Qualität nicht nur versprochen, sondern auch in die Praxis umgesetzt werden müsse, machten gleich mehrere Ausschussmitglieder deutlich. Entsprechende Kontrollen sagte die Verwaltung ebenso zu wie rechtzeitige Informationsgespräche, zu denen die Schulen und die Eltern sowie die jeweiligen Anbieter und Unternehmen eingeladen werden sollen. Zu diesen gehören mit dem Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfall-Hilfe und der Diakonie Stetten drei gemeinnützige Träger, denen insgesamt sieben der 16 Lose zugesprochen wurden.

Unter den Gewerbebetrieben ging der Löwenanteil an die Firma Köhler-Transfer aus Frankfurt. Gegen sie hatte es zuletzt im Kreis Esslingen massive Beschwerden der Eltern gegeben, die das Unternehmen der Unzuverlässigkeit bezichtigten. Landrat Wolff versicherte aber, „dass wir unseren Vergabevorschlag nach einer genauen Prüfung der Referenzen gemacht haben“.

Köhler: „Wir wollen beweisen, dass wir es können“

Ralf Köhler, der Chef der viel gescholtenen Firma, räumte gegenüber der StZ die Probleme, die es in Esslingen gegeben hat, unumwunden ein. „Doch wir haben aus diesem Fall eine Menge gelernt. Zum einen haben wir dieses Mal genügend Vorlauf und setzen, gerade vor dem bekannten Hintergrund, auf vertrauensbildende Maßnahmen und Information“, sagt er. Die Pannen in Esslingen hätten seinen Ehrgeiz geweckt. „Wir wollen beweisen, dass wir es können“, fügt Köhler hinzu.

Der Göppinger Busunternehmer Volker Allmendinger ist indes skeptisch: „Alles ist neu zusammengewürfelt worden, so dass sich die behinderten Kinder von den ihnen vertrauten Fahrern und Betreuungspersonen verabschieden müssen.“ Darüber hinaus seien die Lose inhaltlich nicht miteinander vergleichbar. Von einer gerechten Verteilung, bei der auch die hiesigen Mittelständler zum Zuge gekommen seien, könne also keine Rede sein. „Wenn ich auf unseren Auftrag schaue, so haben wir, im Vergleich zum Status quo, 78 Prozent verloren“, betont Allmendinger.

Kommentar

Mit Argusaugen

Die Kuh, um die es in den vergangenen Monaten Streit gegeben hat, ist vom Eis, zumindest für die Kreispolitik. Und wenn’s funktioniert, dann haben die Verantwortlichen am Ende alles richtig gemacht. Denn durch die rechtlich ohnehin erforderliche Ausschreibung des Schulbusverkehrs für behinderte Kinder und Jugendliche, spart der Stauferkreis einen von Landrat Edgar Wolff nicht näher benannten sechsstelligen Euro-Betrag.

Wenn die öffentliche Hand jeden Cent zweimal umdreht, bevor sie ihn ausgibt, ist das zunächst einmal gut. Aber Sparen ist nicht alles, zumal dann nicht, wenn der Bereich, in dem das getan wird, äußerst sensibel ist. Auf die Behindertentransporte trifft das zweifellos zu, denn die jungen Menschen sind, ebenso wie ihre Eltern, auf Verlässlichkeit, auf gewohnte Abläufe und auf ihnen bekannte Personen angewiesen.

Aufgrund der eingeforderten Qualitätskriterien sei dies alles gewährleistet, beteuern die Entscheidungsträger. Doch was diese Kriterien festschreiben, bezieht sich in erster Linie auf sicherheitsrelevante Maßnahmen und organisatorische Abläufe, nicht aber auf den Umgang mit den Fahrgästen. Die Politik ist deshalb gut beraten, die neuen Abläufe, zumindest solange mit Argusaugen zu überwachen, bis sich diese eingespielt haben. Die Eltern sowie die Schulen werden es ohnehin tun und – völlig zurecht – jeden Missstand anprangern.