Die Website „Frag den Staat“ eröffnet Bürgern einen neuen Weg, von Ämtern Informationen einzuholen.  

Stuttgart - Bürger in Baden-Württemberg müssen mindestens noch ein Jahr warten, bis ein Informationsfreiheitsgesetz ihnen das Recht gewährt, Informationen von Landesbehörden zu verlangen. Bundesbehörden können sie aber schon seit 2006 befragen. Die Website "Frag den Staat" unterstützt die Bürger jetzt bei solchen Behördenanfragen.

 

Dieses Projekt der Open Knowledge Foundation Deutschland ist vor wenigen Tagen an den Start gegangen. Es hilft bei Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes sowie dem Umwelt- und Verbraucherinformationsgesetz. Vorbild für die Website ist das britische Projekt "WhatDoTheyKnow". Im vergangenen Jahr wurden dort mit rund 5200 Anfragen zwölf Prozent aller Anfragen an zentrale Behörden über die Website vermittelt. In Deutschland wurden in den letzten fünf Jahren durchschnittlich nur 1600 Anfragen nach dem Bundesinformationsfreiheitsgesetz gestellt.

Die Website will Barrieren senken

Das soll sich nun mit "Frag den Staat" ändern. Projektleiter Stefan Wehrmeyer will "mit Hilfe des Web ein mächtiges, demokratisches Werkzeug wie die Informationsfreiheit optimal nutzen". Die Website will zum einen die Barrieren senken, einen Antrag zu stellen. Zum anderen will sie zu einer zentralen Sammelstelle für Anfragen an die Bundesbehörden werden. Stand jetzt verläuft die Kommunikation nur zwischen Antragsteller und Behörde. Gibt die Behörde Informationen frei, erhält diese erst einmal nur der Antragsteller. Über die Website sollen nun auch andere Interessierte auf die frei gegebenen Informationen zugreifen können. So sollen Doppelanfragen vermieden werden. Der Fragesteller muss anfallende Gebühren zahlen, doch Bürger, die sich für das gleiche Thema interessieren, müssen nicht selbst eine Anfrage stellen und können so die mitunter hohe Rechnung vermeiden.

Die Website listet über 830 Bundesbehörden und Einrichtungen des öffentlichen Rechts auf. Bereits in den ersten drei Tagen wurden über hundert Anfragen gestellt. Zu den ersten gehörte eine zur "Folgenabschätzung zum Leopard-2-Export nach Saudi-Arabien".

Anfragen können zunächst nichtöffentlich gestellt werden

Über ein Web-Formular können die Anfragen nach den Informationsfreiheitsgesetzen vereinfacht gestellt und an ausgesuchte Behörden verschickt werden. Die Antwort der jeweiligen Behörde soll automatisch auf die Internetplattform geleitet und dort zusammen mit der entsprechenden Anfrage veröffentlicht werden.

Die Betreiber von "Frag den Staat" kommen auch den Bedürfnissen von Nichtregierungsorganisationen und Journalisten entgegen: So können Anfragen zunächst nichtöffentlich gestellt werden. Wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden, kann die exklusive Nutzung der Informationen gewahrt werden.

Vor allem geeignet für sehr präzise formulierte Anfragen

Anfragen nach den Länder-Informationsfreiheitsgesetzen werden zurzeit nicht unterstützt. Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency International Deutschland, hält die Entscheidung der baden-württembergischen Landesregierung, die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes um ein Jahr zu verschieben, für "höchst enttäuschend und unverständlich". Bislang hat nur der Stadtstaat Bremen ein Informationsfreiheitsgesetz, das eine Veröffentlichung vieler behördlicher Dokumente in einem zentralen Informationsregister verlangt. Es enthält unter anderem beschlossene Senatsvorlagen, bremische Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften.

In der Praxis wird sich zeigen müssen, inwieweit dieser Weg praktikabel ist. Er eignet sich vor allem für sehr präzise formulierte Anfragen wie etwa nach den Kosten eines Staatsbesuchs oder einer Werbekampagne, der Aufschlüsselung von Subventionen oder die Herausgabe bislang nicht veröffentlichter Statistiken. Persönliche Fragen können Bürger nach wie vor direkt an die Behörde stellen, ohne sich auf ein Informationsfreiheitsgesetz berufen zu müssen. Auch allgemeine Behördeninformationen können bereits unter der einheitlichen Behördennummer 115 abgerufen werden.

Unterstützt wird die Plattform bislang von elf Organisationen

Ein Sprecher des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit begrüßt die Initiative, denn der Zugang der Bürger zu Informationen staatlichen Handelns sei ein "wichtiger Aspekt für die Erhöhung der Transparenz der Verwaltung". Sie sei "gut geeignet, um Interessierten eine Übersicht darüber zu verschaffen, was angefragt wurde". "Frag den Staat" schließe die Lücke zwischen den Daten, die die Verwaltung freiwillig im Rahmen von "Open Data" freigibt und den staatlichen Informationen, die die Bürger erfragen. Es bleibe zu hoffen, dass das Projekt von den Nutzern angenommen wird.

Daniel Dietrich, Vorstandsmitglied der Open Knowledge Foundation Deutschland, macht auf die unterschiedlichen Bundesgesetze aufmerksam. Sie sollten "zu einem einheitlichen Gesetz zusammengeführt werden, um die Antragstellung zu erleichtern". Entsprechende Reformvorschläge liegen bereits seitens Greenpeace und den Grünen vor.

Unterstützt wird die Plattform "Frag den Staat" bislang von elf Organisationen, die sich mit Netzpolitik, Open Data und Transparenz beschäftigen. Dazu gehören Transparency International sowie Journalistenverbände wie der DJV, die DJU, n-ost und Netzwerk Recherche.