In einer Serie nehmen wir Platz auf dem Beifahrersitz. Heute: in einem Streifenwagen der Polizei.

Stuttgarter Norden - Auf der Siemensstraße hat es gekracht: Zwei Autos sind ineinander gefahren, weil ein Lastwagen abrupt die Spur gewechselt hat. Verletzte hat es nicht gegeben, die Blechschäden sind kaum zu sehen. Als der Streifenwagen mit Alexander Schmid-Rüdt und Arno Dünkel am Unfallort eintrifft, ist die Lage entspannt. Die beiden Autofahrer sind sich einig: Schuld ist der Lkw-Lenker, und der hat sich aus dem Staub gemacht. Die beiden Polizisten nehmen die Personalien auf und leiten per Funk eine Fahndung nach dem Lastwagen ein, von dem das Kennzeichen bekannt ist. Bereits wenige Minuten später kommt eine Rückmeldung: Die Nummer gehört zu einem Fahrzeug einer Pforzheimer Spedition. Von nun an wird sich eine spezielle Ermittlungsgruppe um den Fall kümmern.

 

Familienstreit in Hausen

Der Wagen mit der Nummer 1/418 nimmt Kurs Richtung Feuerbacher Zentrum. „An einer Haltestelle hat vor kurzem ein Mann ein kleines Mädchen angesprochen und wollte es mitnehmen“, erzählt Dienstgruppenleiter Schmid-Rüdt. Daraufhin habe die Mutter Anzeige erstattet. Nun möchten die Beamten die Gegend beobachten. Just als der Streifenwagen an der Haltestelle eintrifft, kommt über Funk ein neuer Einsatzauftrag: In Hausen gibt es seit einiger Zeit heftige Streitigkeiten innerhalb einer Familie, Vater und Sohn sind per Gerichtsbeschluss der Wohnung verwiesen worden und dürfen sich ihr nicht mehr als 100 Meter nähern. Nun hat die Freundin der Tochter angerufen und die Polizei darüber informiert, dass die beiden Männer in einem schwarzen BMW auf einem Parkplatz vor der Wohnung gestanden und sogar an der Haustür geklingelt haben. „Die meisten verletzten Polizisten gibt es bei Hausstreitigkeiten“, sagt Schmid-Rüdt, während sein Kollege Dünkel Gas gibt. Nach wenigen Minuten treffen die Beamten ein, der schwarze BMW ist mittlerweile nicht mehr zu sehen. Die Zeugin hat Handyfotos gemacht und das Nummernschild des Fahrzeuges erkannt. Ähnlich wie schon beim Verkehrsunfall, dauert es auch hier einige Zeit, bis alles handschriftlich zu Papier gebracht ist. Später müssen die Beamten dann auf dem Revier per PC noch alles ins Reine tippen. Der Außendienstanteil, so erzählt Schmid-Rüdt, betrage trotz aller bürokratischen Tätigkeiten mehr als 50 Prozent. Das sei auch gut so. Schließlich würden sich die Menschen sicher fühlen, wenn sie regelmäßig Polizisten sähen. Der Dienstgruppenleiter selbst ist seit 1991 bei den Ordnungshütern. „Ich wurde für die Bundeswehr gemustert und sollte zu den Feldjägern“, erzählt der 44-Jährige. Da sei er lieber gleich zur Polizei gegangen. Diese Entscheidung erwies sich auch privat als Glücksfall: Seine Ehefrau hat er bei der Polizei kennengelernt, wo sie bei der Kripo arbeitet.

Von Hausen geht es weiter zur Bergheimer Steige. Wegen einer Umleitung nehmen in letzter Zeit immer mehr Lastwagen diesen Weg, obwohl deutlich ausgeschildert ist, dass die maximale Fahrzeugbreite zwei Meter nicht überschreiten darf. Wer erwischt wird, muss 20 Euro berappen. Zur Unterstützung wird ein weiterer Streifenwagen per Funk herbeigerufen. Einer der Kollegen geht ein paar hundert Meter weiter oben an der Straße in Stellung, um per Funk Missetäter zu melden. Neben der Breite wird auf Handy-Telefonierer und nicht angegurtete Fahrer geachtet. Die Beamten müssen nicht lange warten. Ein polnischer Kleinlaster wird herausgewunken. „This is a traffic check“, erklärt Arno Dünkel dem Fahrer, der kein Deutsch spricht. Dünkel ist 25 Jahre und seit knapp drei Jahren Polizist.

Fahrzeugkontrolle an der Bergheimer Steige

Da die Fahrzeugpapiere auf Polnisch sind und die Beamten daraus die Breite nicht ersehen können, holen sie ein Maßband aus dem Auto. Der Kleinlaster hat einige Zentimeter zu viel, jetzt wären eigentlich 20 Euro fällig. Die, so beteuert der Pole, habe er aber nicht. Jetzt wird es kompliziert: Wer eine Verwarnung nicht gleich bezahlt und keinen Wohnsitz in Deutschland hat, muss eine Sicherheitsleistung erbringen. In diesem Fall sind das 48,50 Euro. Nun wollen die Beamten das Fahrzeug durchsuchen, da es aber eine Schlafkoje hat, wird es vor dem Gesetz ähnlich wie eine Wohnung behandelt. Für eine Durchsuchung braucht man das Okay eines Staatsanwalts. Bei der Staatsanwaltschaft geht aber keiner ans Telefon. Der Pole willigt schließlich freiwillig einer Dursuchung des Lasters ein, dazu kommt es aber gar nicht mehr: Nachdem man ihm nochmals erklärt hat, dass er 48,50 Euro bezahlen muss und nicht, wie fälschlich von ihm verstanden, 148,50 Euro, entspannt sich die Situation. Schließlich findet sich doch eine Kreditkarte, zusammen mit zwei Beamten geht es zu einem Bankomat in Weilimdorf, wo die Schuld beglichen wird.

„Der Respekt vor der Polizei nimmt immer weiter ab“, erzählt Schmid-Rüdt, nachdem der Kontrollposten wieder abgebaut ist und es zurück zum Feuerbacher Revier geht. Seine Schusswaffe hat er noch nie auf Menschen richten müssen. Auf ihn selbst ist aber schon geschossen worden – nicht mit Kugeln, sondern, bei einer Demo in Mannheim, mit „Munition“ aus Elektrotackern. Schmid-Rüdt blieb zum Glück unverletzt. „Angst ist ein natürliches Gefühl“, sagt der Hauptkommissar. Diese müsse man hin und wieder überwinden. Normalerweise würden alle Leute weglaufen, wenn irgendwo etwas passiere. Die Polizisten hingegen liefen zur Gefahr hin. Egal, ob Großeinsatz oder Verkehrsdelikt, für Schmid-Rüdt ist eines stets wichtig: „Man muss immer Mensch bleiben.“