Der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart droht der Abstieg aus der dritten Liga. Damit wäre auch das Nachwuchsmodell des Clubs gefährdet.

Stuttgart - Am liebsten würde Fredi Bobic (40) die Tabelle der dritten Liga umdrehen und auf den Kopf stellen. Dann wäre die zweite Mannschaft des VfB auch Siebter, wie die Profis in der Bundesliga. Das Bild sieht jedoch anders aus. Nach einer starken Hinserie ist das Nachwuchsteam auf den 14. Platz abgerutscht und muss um den Klassenverbleib bangen. Bobic weiß, dass ein Abstieg gravierende Folgen hätte. „Für die jungen Spieler wäre es dann noch mühsamer, nach oben zu kommen“, sagt der Manager. Aber nicht nur das – womöglich müsste der Verein dann sogar seine Philosophie überdenken. Zumindest wäre das Ziel des Stuttgarter Wegs nur über Umwege zu erreichen – wenn überhaupt.

 

Beschritten hat diesen Weg, der zu einer intensiven Förderung der eigenen Talente führen soll, beim VfB auch so schon länger keiner mehr. Die neuen Hoffnungsträger sind davon momentan weiter entfernt denn je, nachdem keiner mehr Aufnahme in den Kader des Cheftrainers Bruno Labbadia findet – im Gegensatz etwa zu den Verhältnissen bei Werder Bremen. Da liefen – zwar auch wegen der Verletzungsmisere im Profikader – am Samstag gegen Augsburg in Florian Hartherz, Tom Trybull, Niclas Füllkrug und Lennart Thy vier junge Leute aus der zweiten Mannschaft auf. Die spielt wie jene des VfB in der dritten Liga – und ist da abgeschlagen Letzter.

Davon ist der VfB weit entfernt. Er hat alles noch selbst in der Hand. So ist die Chance trotz der bedenklichen Entwicklung da, in der nächsten Saison der einzige Fußball-Bundesligist zu sein, der ein Team in der dritten Liga unterhält. Und wenn nicht? „Selbst wenn wir in die Regionalliga runter müssten, würden wir unser Konzept nicht über Bord werfen“, sagt Bobic.

Aber dann wäre es noch komplizierter als zurzeit, da es auch kaum gelingt, die von dem Präsidenten Gerd Mäuser ausgegebene Strategie mit Leben zu füllen. Deshalb prüft der VfB bereits andere Varianten, um die Durchlässigkeit zu erhöhen und die Talente weiterzubringen. Gut möglich ist beispielsweise, dass im Sommer der ein oder andere junge Spieler an einen Zweitligisten ausgeliehen wird, weil er in der dritten (oder vierten?) Liga unterfordert, aber in der Bundesliga noch überfordert wäre. Kandidaten sind speziell Raphael Holzhauser und Kevin Stöger.

Zunächst gilt jedoch die Konzentration dem Klassenverbleib. Sollte es nicht reichen, hätte das Auswirkungen auch auf die Transferpolitik im Nachwuchsbereich. Für einen jungen Spieler ist es ein Unterschied, ob er sich in der dritten Liga oder in der Regionalliga präsentieren kann. Von diesem Argument ließen sich zuletzt die von mehreren Vereinen umworbenen Holzhauser und Stöger überzeugen.

„Viele Clubs beneiden uns um die dritte Liga“, sagt Marc Kienle (39), „diese Ausnahmestellung wollen wir erhalten.“ Der Nachwuchschef des VfB sieht es wie Bobic – dass der Stuttgarter Weg bei einem Abstieg beendet wäre, glaubt auch Kienle nicht. Vielmehr verweist er darauf, dass Talente auch aus der Regionalliga heraus immer wieder in der Bundesliga landen. Aktuell ist das besonders beim SC Freiburg der Fall, wo Matthias Ginter (18) und Oliver Sorg (21) den Sprung jetzt geschafft haben.

So soll es künftig auch beim VfB funktionieren. Aber es holpert, sowohl bei der zweiten Mannschaft als auch bei den A-Junioren, dem traditionellen Stuttgarter Vorzeigeteam. Die Mannschaft, die seit Jahr und Tag zur nationalen Spitze zählt, belegt nur den sechsten Platz in ihrer Staffel. Vor zehn Tagen setzte es sogar eine 0:3-Pleite gegen Unterhaching. Für Kienle ist das jedoch auch dadurch bedingt, dass einige A-Jugendspieler bereits fest zur zweiten Mannschaft gehören und den Junioren fehlen: Holzhauser, Stöger, Steffen Lang, Rani Khedira und Antonio Rüdiger.

„Wir haben eine schwierige Situation“, sagt Kienle, der damit die A-Junioren und die zweite Mannschaft, aber auch den Stuttgarter Weg insgesamt meint. „Viele Spieler machen gerade einen gewaltigen Lernprozess durch“, sagt Bobic, „wenn sie diese Herausforderung meistern, bringt sie das weiter.“ Die nächsten Wochen werden also in jeder Beziehung entscheidend.