Die erste Auflage war schnell vergriffen. Nun liegt das Buch „Begehbares Feuerbacher Gedächtnis“ wieder vor. Joachim Arendt liefert damit einen Beitrag zur Ortsgeschichte.

Feuerbach - Das Werk mit dem etwas sperrigen Titel „Begehbares Feuerbacher Gedächtnis“ hat viele interessante Facetten. Der Wiedererkennungseffekt überwiegt beim Anblick bekannter Gebäude und alter Mauern. Aber selbst ortshistorisch Versierte werden beim Durchblättern der Sammlung und beim Schmökern der Texte immer mal wieder auf neue und unbekannte geschichtliche Details stoßen. Das Aha-Erlebnis wechselt mit einem Ausdruck überraschten Erstaunens.

 

Von der Alten Apotheke bis zur Zehntscheuer

Zunächst einmal fällt einem die Vielfalt der dargestellten Objekte ins Auge. Nicht nur historisch und architektonisch relevante Gebäude werden abgebildet, sondern auch Stäffele, Brunnen, Friedhöfe, Straßen, Plätze oder Objekte, an denen der Einheimische vielleicht bisher achtlos vorbeigegangen ist. Aber auch ein sprichwörtlicher Motor der einstigen wirtschaftlichen Entwicklung in Feuerbach wie die Industriebahn hat Eingang in das Buch gefunden. Längst führt sie ein Randdasein.

In der 250 Seiten dicken Sammlung beschreibt Arendt mehr als 200 historisch, architektonisch oder auch kulturell bedeutsame Objekte im Stadtbezirk. Allein die Recherchen nahmen mehrere Jahre in Anspruch. „Mit dieser Broschüre wurde quasi ein virtuelles Freilichtmuseum geschaffen, in dem – kombiniert mit dem realen Besuch der Objekte – ein beträchtliches Wissen über die Ortsgeschichte aufgenommen werden kann“, schreibt Arendt im Vorwort und fügt als Gebrauchsanweisung hinzu: „Über die ebenfalls vorgeschlagenen Spaziergänge findet der Leser einen guten Einstieg, der mit individuellen Besuchen der Freilichtexponate fortgesetzt werden kann.“ Mit dem Projekt habe er in erster Linie das Geschichtsbewusstsein der Feuerbacher Bevölkerung wecken wollen. Der studierte Historiker schließt mit dem Werk allerdings auch eine Lücke. Denn bisher fehlt ein solches Werk speziell für Feuerbach. Von A wie Alamannisches Gräberfeld bis Y wie die Yeni Camii Moschee oder Z wie Zehntscheuer reicht die Palette der beschriebenen Sehenswürdigkeiten.

Der Erlös fließt in soziale Projekte

Entstanden ist das Mammutvorhaben „Begehbares Feuerbacher Gedächtnis“ unter dem Dach des örtlichen Zukunftsforums und in Kooperation mit der Arbeitsgruppe „Erlebbare Stadtgeschichte“. Das Projekt wurde von vielen Seiten finanziell unterstützt, unter anderem auch vom Feuerbacher Bezirksbeirat.

Dort stellte Arendt in der vergangenen Sitzung die zweite gedruckte Auflage vor. Das Projekt sei so gut gelaufen, dass über den Verkauf der Bücher ein erheblicher Überschuss in Höhe von mehreren Tausend Euro erwirtschaftet werde: „Die Verkaufserlöse fließen aber ausschließlich in soziale Projekte und werden für gemeinnützige Zwecke verwendet“, betont Arendt. Umso mehr freut er sich darüber, dass das fünf Euro teure Buch weg geht wie warme Semmeln: Die erste Auflage – immerhin rund 2000 gedruckte Exemplare – ist inzwischen so gut wie vergriffen. Deshalb hat Arendt noch eine zweite Auflage drucken lassen.

Feuerbacher Pianofabrik

„Damit hat das Projekt nun seinen Abschluss gefunden“, sagt er. Die neu gedruckte Version hat Arendt um einige weitere Objekte ergänzt. So werden neben dem ehemaligen Happoldstift an der Leobener Straße 35 unter anderem auch die frühere „Lippsche Pianofabrik“ an der Wernerstraße 19 beschrieben.

Richard Lipp gründete im November 1831 mit zwei Arbeitern eine Werkstatt in Feuerbach: „Bereits in den 1840er Jahren war die Belegschaft auf 40 Mitarbeiter angewachsen. Gefertigt wurde auf über 1800 Quadratmeter, verteilt auf sechs Stockwerke. Bereits zu jener Zeit wurden Pianos von Lipp nach Italien, Russland, England, Schweden, Argentinien, Südafrika und Australien verschickt“, schreibt Arendt. Später entwickelte Lipp kreuzsaitige Pianos mit einer sehr hohen Klangqualität.

Neue Objekte und Dokumente

Neu in die Sammlung aufgenommen hat der Historiker auch die oberhalb des Mühlwasens gelegene Alte Mühle sowie das Höhenfreibad Killesberg. Auch eine Wiedergabe der Abschrift des „Codex Hirsaugiensis“ aus dem Jahr 1075 hat Arendt aufgenommen. In der Urkunde wird zum ersten Mal unter dem Namen „Biberbach“ die Gemeinde Feuerbach erwähnt. Autorisiert und unterzeichnet wurde das Schriftstück von keinem Geringeren als König Heinrich IV. Sein Gang nach Canossa hat dem spätere Kaiser des Römischen Reiches (1084 bis 1105) mehr als nur eine Randnotiz in den Geschichtsbüchern beschert.