Das Team der Sozialmedizinischen Nachsorge im Olgahospital berichtet von vielen Ablehnungen, wenn belastete Familien Haushaltshilfen beantragen. Die Mitarbeiter haben „ständig“ mit dem Thema zu tun.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Schwer belastete Familien haben kaum Chancen, eine Haushaltshilfe bewilligt zu bekommen. Der in der Stuttgarter Zeitung geschilderte Fall einer Familie, die sich in ihrer Verzweiflung selbst wegen Kindesvernachlässigung angezeigt hatte, deckt sich mit den Erfahrungen des Sozialmedizinischen Nachsorgeteams des Olgahospitals. „Es ist sehr viel schwieriger geworden als vor einigen Jahren“, sagt die Sozialpädagogin Heidi Uhlig. Teilweise seien die Begründungen der Krankenkassen für eine Ablehnung schlicht „nicht nachvollziehbar“, sagt sie.

 

In der Regel werde von den Krankenkassen angeführt, dass nur bei Akutfällen oder bei einer akuten Verschlechterung einer chronischen Erkrankung eine Haushaltshilfe gewährt werde. „Da hat man einen sehr großen Ermessensspielraum“, sagt die Sozialpädagogin. Sie nennt als jüngeres Beispiel die Mutter eines schwer kranken Kindes mit einer neurologischen Störung, das nachts kaum schlafe – und die Mutter entsprechend auch nicht. Die Frau habe noch drei Kinder. „Man kann quasi dabei zusehen, wie diese Mutter weniger wird“, sagt Uhlig. Für die Krankenkasse liege aber keine akute, sondern eine chronische Erschöpfung vor. „Sie bekommen da keine Haushaltshilfe genehmigt“, sagt sie. Die Kassen verwiesen auf die Jugendämter, die jedoch zurück auf die Krankenkassen. Auch Jugendämter können Haushaltshilfen in Notlagen finanzieren, aber als nachrangige Leistung. Vorrangig werden die Krankenkassen verantwortlich gesehen.

Großeltern wohnen oft nicht mehr in der Nähe

Die Gesellschaft habe sich verändert, viele Familien hätten keine Großeltern vor Ort. Bei Familien mit Migrationshintergrund lebten die Großeltern teilweise im Ausland. Wenn dann ein Kind schwer krank werde, stünden die Eltern alleine da.

„Das mit den Haushaltshilfen beschäftigt uns ständig“, sagt die Sozialpädagogin. „Für uns ist das Thema mit viel Aufwand verbunden“, bekräftigt ihre Kollegin Bärbel Bodenheimer. Die Psychologin hat die Erfahrung gemacht, dass bei Müttern von Kleinkindern eher eine Haushaltshilfe gewährt wird, als wenn die Kinder älter als drei Jahre sind. Schwierig sei für einen Teil der Familien auch, dass Haushaltshilfen oft mit Zuzahlungen verbunden sind – zum Beispiel zehn Euro pro Tag . Für einkommensschwache Familien sei die Zuzahlung ein Problem, so die Psychologin. Sie berichtet von Drillingseltern, denen zwar nach viel Einsatz ihrerseits eine Haushaltshilfe bezahlt worden wäre, die sich die Zuzahlung aber nicht leisten konnten.

Psychologin spricht von „Lücke im System“

Aktuell schreibt sie einen Einspruch gegen die Ablehnung einer Haushaltshilfe für eine Mutter mit Zwillingen, die „unheimlich erschöpft“ sei. Das Jugendamt habe bereits klargemacht, dass keine soziale Problematik bestehe, es deshalb nicht tätig werde. „Es werden sich gegenseitig die Verantwortlichkeiten zugeschoben“, sagt Bärbel Bodenheimer. Die Jugendämter in der Region gingen unterschiedlich großzügig vor. Die „Lücke im System“ könne nur zum Teil mit Ehrenamtlichen geschlossen werden. Sie hebt die Wellcome-Initiative lobend hervor, die Familien nach der Geburt unterstützt. „Wenn die Kinder älter sind und eine Mutter Hilfe braucht, wird es schwierig“, sagt Bärbel Bodenheimer.

Hintergrund ist der Fall einer belasteten Familie aus der Region Stuttgart, die Schwierigkeiten hatte, eine Haushaltshilfe bewilligt zu bekommen (wir berichteten). Die Familie hat ein behindertes und ein schwer krankes Kind, die Mutter ist krankgeschrieben. Die Familie hat sich selbst angezeigt wegen Kindesvernachlässigung. Letztlich gibt es nun eine Kombination an Hilfen: Zwei Tage werden über die Pflegekasse finanziert, und drei Tage über die Familienhilfe vom Jugendamt abgedeckt.