Das belgische Städtchen Mons wirbt für seinen Start ins Kulturhauptstadtjahr 2015 mit einem jahrhundertealten Spektakel.

Mons - Das belgische Mons ist zusammen mit dem tschechischen Pilsen Europas Kulturhauptstadt 2015. Die einstige Tuchmacher-Metropole weiß diese Ehre zu schätzen und startet richtig durch. Kein Wunder: Der weltberühmte Maler Vincent van Gogh, der eigentlich Pfarrer hatte werden wollen, entdeckte in der wallonischen Stadt sein Talent. Auswärtigen Gästen bietet Mons gleich drei Welterbestätten und ein Fest, das die Vereinten Nationen als „lebendiges Brauchtum“ zum immateriellen Welterbe erhoben haben: das jährliche Stadtfest „Ducasse de Mons“ , das die 90 000 Einwohner fast zärtlich „Doudou“ nennen.

 

Gewidmet ist das Doudou der Schutzheiligen der Stadt Waltraud von Mons (auch Waldetrudis, französisch Sainte-Waudru), die zahlreiche Wunder gewirkt haben soll und deshalb von der Katholischen Kirche heiliggesprochen wurde. Begangen wird das Fest jedes Jahr am Dreifaltigkeitswochenende. Dann feiern die Bürger von Mons eine Woche durch. Sie versammeln sich auf dem Grande Place, dem von Cafés, Kneipen und Bars gesäumten Großen Platz im Herzen der Altstadt. Viele tanzen auf der Straße. „Vive nous, vive vous, vive le Doudou - Hoch leben wir und ihr und das Doudou“, singen sie. Am Samstagabend strömen Honoratioren, einfache Bürger und Geistliche in die Kirche Sainte-Waudru. Die Klänge der Orgel füllen das gotische Kirchenschiff. Männer in mittelalterlichen Uniformen stehen mit Hellebarden in der Hand Spalier.

„Descente de la Châsse“

„Diesem magischen Moment kann sich kaum jemand entziehen“, verkündet der Pfarrer im gold-weißen Ornat, bevor er dem Bürgermeister symbolisch für ein Wochenende die Reliquie der Stiftsgründerin übergibt. Wie viele andere europäische Städte entstand das heutige Mons um ein Kloster herum. Waltraud, die dem Königsgeschlecht der Merowinger entstammte, hatte die Benediktinerinnen-Abtei gegründet und leitete sie selbst als Äbtissin. Zu Orgelklängen seilen kräftige Männer in grünen Gewändern den Schrein mit den Gebeinen der heiligen Waltrudis bedächtig ab, hieven ihn im Weihrauchnebel auf eine Sänfte und tragen ihn durch die Kirche. Ernste Gesichter beobachten die jährlich gleiche Prozedur. Der Kirchenchor singt zu den Klängen der Orgel, die Bach, Händel und heimische Lieder spielt. Wenn Organist und Chor das Doudou-Lied anstimmen, stehen manchem die Tränen in den Augen. Nach der „Descente de la Châsse“ genannten Aufbahrung der Reliquie auf ihrem gold-weißen Prunkwagen folgt am Sonntagmorgen eine Prozession durch die Stadt.

Zu Tausenden drängen die Menschen auf den Straßen. In einem mit Sand aufgeschütteten Kreis in der Mitte des Platzes kämpft der heilige Georg gegen den Drachen. Das Spektakel folgt einer 500 Jahre alten Choreografie: Teufel schlagen mit Keulen (heute aus Gummi) auf die Helfer des heiligen Georg ein. Der Drache mit einem rund fünf Meter langen Schwanz, der von zwölf weiß gewandeten kräftigen Männern getragen wird, dreht sich gegen den Uhrzeigersinn. Sankt Georg, hoch zu Pferd, hält mit seinem Schwert dagegen. „Eine Truhe voller Schätze“, nennt Stadtführerin Catherine Stilmant Mons mit seinen versteckten Stadtvillen reicher Bürger und Ordensschwestern.

Rund um die Grande Place, den Marktplatz mit seinem gotischen Rathaus und den verzierten Fassaden aus fünf Jahrhunderten, sind viele historische Häuser erhalten - jedes genau fünf Meter breit. Bis ins 18. Jahrhundert bemaß sich die Steuer für die Besitzer nach der Breite des Gebäudes. So türmte man Stockwerk um Stockwerk auf schmale Fundamente. Innen führen enge Holztreppen steil nach oben. Große Menschen müssen den Kopf einziehen, um sich nicht an den niedrigen Decken zu stoßen. Draußen gehen sie dann wieder erhobenen Hauptes, die stolzen Bürger von Mons.

Infos zu Mons

Anreise
Mit dem Zug via Köln nach Liège ( www.bahn.de, www.thalys.com/de ). Von dort gibt es einen direkten Interregio nach Mons. Ab Stuttgart fliegt Germanwings ( www.germanwings.com ) nach Brüssel, ab Frankfurt die Lufthansa ( www.lufthansa.com ). Vom Flughafen Brüssel fahren Züge nach Mons.

Unterkunft
Hotel St. James, modernes Drei-Sterne-Hotel in einem stilvoll renovierten Backstein-Altbau aus dem 18. Jahrhundert, Doppelzimmer ab 83 Euro, www.hotelstjames.be .

In einem restaurierten alten Herrenhaus mit Garten mitten in der Altstadt bietet Compagnons 11 verschiedene Gästezimmer, ÜF im DZ ab 100 Euro, www.compagnons11.be .

Essen und Trinken
Essen im Ambiente des 18. Jahrhunderts kann man im Le Salon des Lumières, mediterrane Küche, www.salondeslumieres.com . La table du Boucher, www.latableduboucher.be .

Allgemeine Informationen
Tourist-Information: www.visitmons.be .

Europäische Kulturhauptstadt: www.mons2015.eu/de/ .

Stadtfest
Ducasse de Mons (Doudou): www.ducassedemons.info und www.doudou.mons.be