Hörgeschädigte Menschen haben oft Schwierigkeiten, Wohnungen und Jobs zu finden. Sie tun sich schwer, mit Ämtern zu kommunizieren und mit den Lehrern ihrer Kinder, die hören können. Bei all diesen Problemen hilft die Beratungsstelle für Gehörlose der Diakonie, die nun 50 Jahre alt wird.

Stuttgart - Frau P., die nicht mit ihrem Namen in der Zeitung stehen will, kommt aus Taiwan und hat als Kind sehr unter ihrer Gehörlosigkeit gelitten. Ihre Familie hatte sich einen Sohn gewünscht, und als sich herausstellte, dass sie gehörlos ist, wurde ihr das Leben noch schwerer gemacht. Erst mit neun durfte sie auf eine Schule gehen, aber sie tat sich schwer, die Gebärdensprache zu lernen, da die meisten Kinder schon weiter waren. Später drängte ihre Mutter sie, nach Deutschland zu gehen. Im Jahr 1989 kam sie nach Stuttgart.

 

Heute ist Frau P. um die 60 Jahre alt. In Gebärdensprache sagt sie, dass sie ohne die Beratungsstelle für Hörgeschädigte der Diakonie aufgeschmissen wäre. Mit Hilfe der Sozialarbeiter hat sie eine Wohnung und einen Job gefunden und versteht, was die Ärzte ihr wegen ihrer hohen Zuckerwerte empfehlen. Auch Herr V. aus Kasachstan ist der Beratungsstelle sehr dankbar für die Unterstützung.

Die Diakonie Württemberg hat die beiden Gehörlosen zu einem Pressetermin geladen, um anschaulich zu machen, wie die Arbeit der beiden Beratungsstellen in Stuttgart und Heilbronn aussieht. Der Anlass ist, dass es diese Art der Unterstützung seit 50 Jahren gibt. „Das ist ein Grund zum Feiern, aber auch ein Anlass, um den Finger in die Wunde zu legen“, sagt Eva-Maria Armbruster, stellvertretende Vorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. Denn besonders für Migranten sei diese Anlaufstelle sehr wichtig. Einwanderer machen inzwischen etwa 21 Prozent der Klienten aus, Tendenz steigend.

Die Gebärdensprache ist in vielen Ländern verschieden

Den 50. Geburtstag will die Diakonie nun zum Anlass nehmen, eine höhere finanzielle Unterstützung zu fordern. „Die Refinanzierung der Trägergemeinschaft beläuft sich auf 29 Prozent. Das ist zu wenig“, sagt Eva-Maria Armbruster. Für mehr Planungs- und Versorgungssicherheit fordere man eine 80-prozentige Refinanzierung. Diesen Punkt haben Eva-Maria Armbruster und ihre Kollegen auch bei dem Festakt zum Jubiläum angesprochen.

Wie der Beratungsbedarf in der Praxis aussieht, weiß Roswitha Köble am besten. Die Sozialarbeiterin sieht sich als Brückenbauerin zwischen der Welt der Hörenden und der Welt der Gehörlosen. Sie unterstützt in Stuttgart die Klienten bei der Wohnungs- und Jobsuche, hilft bei Erziehungsfragen, Problemen in der Schule und Fragen zu finanziellen Schwierigkeiten, persönlichen Notlagen und Anträgen bei Ämtern. „Derzeit habe ich viel mit der Beantragung von Rauchwarnmeldern zu tun, die speziell für hörbehinderte Menschen hergestellt sind“, sagt Roswitha Köble. Denn die gängigen Modelle, die inzwischen in jeder Wohnung Pflicht sind, helfen den hörbehinderten Menschen nicht.

„Viele denken, dass man mit gehörlosen Menschen gut schriftlich verkehren kann, aber dabei entstehen oft Missverständnisse“, sagt Roswitha Köble, die selbst schwerhörig ist. Für viele gehörlose Menschen stelle die geschriebene Sprache eine Fremdsprache dar. „Man kann sie nicht mit der deutschen Gebärdensprache vergleichen.“ Noch komplizierter werde es bei Menschen, die aus anderen Ländern stammen, sagt Köble: „Auch bei den Gebärdensprachen gibt es nationale Unterschiede. Denen Menschen dann auch noch die deutsche Schriftsprache näher zu bringen, ist ganz besonders schwierig.“