Es gibt immer mehr Fälle organisierter Kriminalität. Straftaten wie Autodiebstahl, Wohnungseinbrüche oder Lotteriebetrug werden laut einem BKA-Bericht verstärkt von Banden verübt – aus dem Ausland, was die Arbeit der deutschen Polizei erschwert.

Berlin - Die Organisierte Kriminalität (OK) ist an der Haustüre angekommen. Diese Einschätzung ist eines der zentralen Ergebnisse des neuen Lagebildes zur OK, das Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) und Jörg Ziercke, der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), vorstellten. Straftaten wie Autodiebstahl, Wohnungseinbrüche oder Lotteriebetrug, so der Minister, würden verstärkt von Banden verübt, die international agierten.

 

Täter aus dem Ausland dominieren

De Maizière nannte die OK eine „schwerwiegende Bedrohung“, die wegen anderer Gefahren wie dem Treiben islamistischer Täter nicht aus dem Blick geraten dürfe. Im Jahr 2013 führten die deutschen Strafverfolgungsbehörden 568 Ermittlungsverfahren wegen organisierter Kriminalität. Davon waren 298 neue Verfahren, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 7,2 Prozent ausmacht. Den Schaden durch OK gab der Minister mit 720 Millionen Euro im Jahr 2013 an, wobei er betonte, dass dieser Wert die Dunkelziffer nicht enthalte.

Die Mehrzahl der in Deutschland agierenden OK-Gruppen werde von Tätern aus dem Ausland dominiert, sagte Ziercke. Dabei gehe es vor allem um Bürger Italiens, Georgiens, der Balkanstaaten, Russlands und der Niederlande. Der BKA-Chef verwies auch darauf, dass es in der Türkei Callcenter gebe, die zumeist ältere Bürger mit angeblichen Lotteriegewinnen betrügten. Allein diesem Betrug seien inzwischen etwa eine Million Menschen zum Opfer gefallen. Die jüngst im Zuge der Ukraine-Krise erfolgte Verschlechterung der deutsch-russischen Beziehungen wirke sich auch auf die polizeiliche Zusammenarbeit der beider Staaten aus: „Wir spüren Zurückhaltung auf russischer Seite“, sagte Ziercke.

80 Prozent der Erfolge dank Telefonüberwachung

Was die Kooperation mit Italien bei der Bekämpfung der Mafia und der kalabrischen `Ndrangheta anbelangt, so betonten der Minister und der BKA-Chef, dass die Zusammenarbeit hervorragend funktioniere. Schwierig sei aber, dass Hinweise italienischer Ermittler für die deutsche Strafverfolgung oft nicht nutzbar seien. Denn nach Jahrzehnten leidvoller Mafia-Geschichte mit ermordeten Polizisten, Richtern und Staatsanwälten habe Rom eine sehr strenge Gesetzeslage geschaffen. Dort muss ein Verdächtiger nachweisen, dass sein Vermögen legal zustande kam. In Deutschland, so de Maizière, gelte genau das Gegenteil, weshalb die deutsche Seite Informationen aus Italien oft nicht für ihre Verfahren nutzen könne. Es sei unbefriedigend, dass hier nur etwa ein Viertel kriminell gewonnener Vermögen vom Staat eingezogen werden könne. Die Hürden für die so genannte Abschöpfung müssen aus Sicht des CDU-Politikers niedriger angesetzt werden: „Wir wollen die OK dort treffen, wo es sie am meisten trifft: beim Geld.“

Ziercke betonte, dass das Internet die Kriminalität entgrenzt und unpersönlich gemacht habe. Straftaten spielten sich in der Anonymität ohne jeden direkten Bezug zwischen Opfer und Täter ab. Die OK setze zudem auf neueste Technik. So nutzen viele Banden bei ihrer Kommunikation aufwendige Verschlüsselungen. Damit stehe das BKA vor Ermittlungslücken, weil es schwerer werde, Straftaten zu ermitteln. Der Minister wies darauf hin, dass 80 Prozent der Ermittlungserfolge bei OK auf die Telefonüberwachung zurückgingen. Dieser Ansatz werde schwerer, wenn Telefon- oder Mailkommunikation der Täter von OK verschlüsselt ablaufe.