Die Gespräche beim Gipfeltreffen in Berlin mit Wladimir Putin sollen hart geführt worden sein. Aber eine noch härtere Gangart gegenüber Putin wegen seiner Kriegsverbrechen in Syrien tut Not, kommentiert Korrespondent Christopher Ziedler.

Washington - „Sehr hart“ seien die Gespräche geführt worden, hat Angela Merkel nach dem nächtlichen Berliner Gipfeltreffen mit Wladimir Putin bekannt. Gut so! Es muss etwas passieren im Angesicht eines immer wieder auflodernden Brandherdes im größten Land Europas und eines ungezügelten, erbarmungslosen Krieges in seiner direkten Nachbarschaft, der auf die Zivilbevölkerung keinerlei Rücksicht nimmt und sie bestenfalls in die Flucht Richtung Europa treibt.

 

Die beiden so gänzlich unterschiedlichen Konflikte in der Ukraine und in Syrien haben eines gemeinsam: Das mit aller Brutalität in den Status einer Weltmacht zurückdrängende Russland hält die Fäden in der Hand, und gleichzeitig verbietet das Eingreifen der Atommacht jeden Gedanken an militärische Lösungen. Auch der Druck der Öffentlichkeit auf Putin hält sich in engen Grenzen, sein – allerdings auch sehr kurzfristig angekündigter - Besuch war nur von kleinen Friedensdemonstrationen begleitet. Was also tun?

Lockerung der Sanktionen

Nüchtern betrachtet war Putin bereit über die Ukraine zu reden, weil bei einer Umsetzung der Minsker Friedensvereinbarung das Ende oder zumindest die Lockerung der EU-Wirtschaftssanktionen winkt, die Russland neben dem Ölpreisverfall zusätzlich treffen. Die Ukraine betreffend war er auch bereit, einen Fahrplan mit einer genau festgelegten Abfolge von Entspannungsschritten in Auftrag zu geben, der freilich noch viele Fallstricke birgt.

Nur weil der starke Mann im Kreml von mehr Frieden in der Ukraine etwas zu gewinnen hat, willigte er überhaupt ein, in Berlin auch über Syrien zu reden. Das legt eine Konsequenz nahe: Die russische Unterstützung der Regierungstruppen von Bashar al-Assad, das in einem Flächenbombardement von Aleppo jenseits allen internationalen Kriegsrechts gemündet ist, muss einen Preis haben: Wenn wieder einmal nichts wird aus dem klitzekleinen Hoffnungsschimmer, der sich mit einer möglichen Verlängerung der Feuerpause andeutet, die wiederum Voraussetzung für Hilfslieferungen ist, muss diese Frage ernsthaft auf den Tisch.

Zweischneidiges Schwert

Eine Verschärfung bestehender Wirtschaftssanktionen wäre ein zweischneidiges Schwert. Das Gegenargument ist bekannt: Die bisherigen Strafmaßnahmen gegen Moskau haben der Ukraine bisher keinen Frieden gebracht und für Europas Landwirtschaft bittere Gegenmaßnahmen nach sich gezogen – begleitet von einer gefährlichen militärischen Aufrüstung in Osteuropa. Und nicht zuletzt müssten auch die Europäer selbst jene Maßnahme fürchten, die Putin an härtesten treffen würde, nämlich ein Importstopp für Öl und Gas aus Russland. Immerhin jedoch gibt es für die Ukraine eine Art von Friedensfahrplan, so oft er auch missachtet worden ist, und vor Ort Institutionen wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). In Syrien gibt es nichts dergleichen – und es spricht einiges dafür, dass dies eben damit zu tun hat, dass Putin bisher keine handfesten Konsequenzen seines Handelns dort befürchten musste.

Das muss sich ändern – so schwer es auch ist, sinnvolle Sanktionsmaßnahmen zu ersinnen. Könnte es die Fußball-WM 2018 sein, oder wären weitere Reiseverbote für sein politisches Umfeld denkbar? Ein entsprechender Vorhaltebeschluss des EU-Gipfels an diesem Donnerstag in Brüssel, der Assad und Putin noch einmal eine gewisse Frist zur Umsetzung einer belastbaren Waffenruhe einräumt, danach aber keine Entschuldigung mehr gelten lässt, wäre dennoch das richtige Signal.