Der Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold erklärt Eduard-Spranger-Gymnasiasten die EU.

Bernhausen - Politik gilt bei jungen Leuten als uncool. Dies gilt besonders für das Thema Europäische Union. Der Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold gab Zehntklässlern des Eduard-Spranger-Gymnasiums in Bernhausen Einblick in die Problematik politischer Entscheidungsprozesse. Angesichts des Vormarschs von Rechtspopulisten in Europa warnte der Verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion: „Es zieht ein unsäglicher Geist durch Europa. Einfache Antworten gibt es in der Politik leider nicht. Politik ist nicht Schwarz und Weiss, sondern die Nuancierung von Grau in Grau.“

 

Das Flüchtlingsthema, gesteht Arnold, sei „eine Blutzufuhr“ für die Rechten gewesen. Aber angesichts eines weltweiten Flüchtlingsstroms von 60 Millionen Menschen sei es unmöglich, sich einzumauern. „Dennoch ist alles beschissen gelaufen, denn wir waren auf die Flüchtlingswelle völlig unvorbereitet. Jetzt kommen wir nach und nach damit zurecht.“

Angesichts der vielfach bemängelten angeblichen Realitätsferne der Bundespolitiker könne er nur entgegnen: „Ich komme aus Harthausen, aus einem ganz normalen Umfeld mit ganz normalen Leuten und sage deshalb selbstbewusst, dass ich Lebensituationen besser beurteilen kann, als die Professoren in der AfD.“

Auf die Schülerfrage, ob er es für in Ordnung halte, dass sich jüngst US-Präsident Barack Obama in Großbritannien in die politische Debatte eingemischt und vor dem Austritt Großbritanniens aus der EU gewarnt habe, sagte Arnold: „Obama hat Recht. Man muss den Briten klar machen, was ein Austritt bedeutet. Nach einem Austritt wird es für Großbritannien schwer, eine Zollunion mit der EU zu bekommen.“ Der Inselstaat habe keine bedeutende produzierende Industrie mehr und nur von der Finanzindustrie könne das Land nicht leben. „Außerdem werden dann Frankfurt und Paris der Hauptstadt London den Sitz als europäisches Finanzzentrum streitig machen.“ Darüber hinaus stelle sich die Frage nach dem Austritt Schottlands aus dem Vereinigten Königreich neu, „denn die Schotten wollen in der EU bleiben.“

Auch ein Austritt Deutschlands aus der EU und aus dem Euro, sagte Rainer Arnold, wäre für die Bundesbürger negativ. „Der Zerfall der Euro-Zone würde viele Staaten zwingen, ihre nationalen Währungen abzuwerten. Die starke D-Mark würde dann die Waren verteuern und den Export ausbremsen: „Vielleicht sind deutsche Produkte ja immer noch etwas besser als diejenigen der Konkurrenz. Es gibt aber hervorragende Maschinenbauer in Norditalien. Die Chinesen können dann von dort ihre Maschinen preiswerter beziehen.“

Auf das Spannungsverhältnis der EU mit Russland angesprochen, sagte der Abgeordnete: „Es ist die Entscheidung jedes Staates, selbst zu bestimmen, ob er sich Russland, oder der EU zuwendet.“ Bei der Nato-Konferenz müsse man mäßigend auf die baltischen EU-Staaten einwirken, aber dennoch ihre Angst vor Russland ernst nehmen: „Anderenfalls orientieren sich diese Staaten transatlantisch nach den USA. Dies wäre nicht im Sinne der EU-Außenpolitik, denn die Spaltung der Europäer wäre ein Erfolg für Wladimir Putin.“