Viele Eltern würden ihr Kind gern in eine Ganztagsschule schicken, doch nicht überall gibt es entsprechende Möglichkeiten. Baden-Württemberg hat noch großen Nachholbedarf.

Stuttgart - Eltern von Ganztagsschülern sind mit den Schulen ihrer Kinder zufriedener als Eltern von Kindern, die eine Halbtagsschule besuchen. Das geht aus einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Zwei Drittel der befragten Ganztagseltern bewerten die Angebote zur individuellen Förderung ihrer Kinder positiv, finden die Lehrer gut dafür qualifiziert und begrüßen es, dass ihr Kind im eigenen Tempo lernen kann. Bei den Halbtagsschulen sagen das jeweils nur etwa die Hälfte. Auch die Ausstattung ist an Ganztagsschulen häufig besser.

 

Allerdings gibt es noch immer nicht genügend Plätze an Ganztagsschulen. Rund 30 Prozent der Eltern von Halbtagsschülern gaben bei Befragung an, dass sie ihr Kind gern in eine Schule mit Nachmittagsangeboten schicken würden, in erreichbarer Entfernung aber keine passende Schule haben. Bundesweit waren im Schuljahr 2014/15 insgesamt 57,6 Prozent der öffentlichen und privaten allgemeinbildenden Schulen Ganztagsschulen, in Baden-Württemberg waren es 35,8 Prozent, im Schuljahr 2015/16 nach Angaben des Kultusministeriums 40.4 Prozent. Im neuen Schuljahr kamen weitere dazu.

Kein Recht auf Ganztagsplatz

Um den Ausbau zügig voranzubringen, fordert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz. Ganztagsschulen seien der beste Rahmen für individuelle Förderung, sagte er. Dabei seien Schulen mit verbindlichen Angeboten für alle Schüler besser als so genannte offene Ganztagsschulen, in denen Kinder und Jugendliche freiwillig an Nachmittagsangeboten teilnehmen. Wenn alle Schüler länger bleiben, können die Schulen den Vormittagsunterricht entzerren und haben dadurch mehr Zeit für die Förderung einzelner. Davon profitieren aus Sicht der Wissenschaft vor allem benachteiligte Kinder, denen die Eltern kaum selbst helfen oder Nachhilfe finanzieren können.

Vor zwei Jahren hat die Landesregierung ein Ganztagsschulgesetz verabschiedet, das unterschiedliche Modelle zulässt, um die vielfältigen Interessen von Eltern und Schulen abzudecken. Die Schulträger, entscheiden, ob das Ganztagsangebot an drei oder an vier Tagen gilt und ob es sieben oder acht Stunden umfasst. Je nach Umfang erhalten die Schulen pro Ganztagsklasse oder -gruppe sechs bis zwölf Lehrerstunden wöchentlich zusätzlich. Die Kommunen bestimmen auch, ob das Ganztagsangebot für alle Schüler verpflichtend oder die Teilnahme freiwillig ist. Im November lädt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zu einem Ganztagsschulgipfel ein, um mit allen beteiligten über weitere Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren. Aus Sicht des Landeselternbeirats sind neben guter Förderung auch Angebote von außerschulischen Partnern wie Sportvereinen, Musikschulen, Jugendarbeit wichtig.