Große und kleine Banken im Land reduzieren nicht nur die Zahl ihrer Angestellten, sondern auch die der Auszubildenden. Sie wollen damit sicherstellen, auch künftig möglichst viele im Anschluss an die Lehre weiterbeschäftigen zu können.

Stuttgart - Für Jonas Maier (Name geändert)  ist mit der Zusage für den Ausbildungsplatz ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen: „Ich wollte unbedingt eine Ausbildung bei der PSD-Bank machen und habe mich bei keiner anderen Bank beworben“, sagt der junge Mann. Er hat gerade einen Kennenlern- und Einführungsmarathon im Büro und an der Berufsschule hinter sich. Statt sich wie einige Mitschüler für ein Wirtschaftsstudium einzuschreiben, wollte Maier lieber in die Praxis. In den kommenden zwei Jahren absolviert der Wirtschaftsabiturient nun eine Ausbildung zum Finanzassistenten, der Bankkaufmannslehre für Abiturienten, bei der PSD Bank Rhein Neckar Saar.

 

Das Institut versteht sich als beratende Direktbank. An den drei Filialstandorten Stuttgart, Freiburg und Saarbrücken beschäftigt es 165 Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren kamen in der Regel jeweils vier Lehrlinge dazu – in diesem Jahr ist Jonas Maier der einzige. Eine zweite Stelle will das Genossenschaftsinstitut noch besetzen, allerdings mit einem Azubi zum Informatikkaufmann. „Wir wollen unser Spektrum um dieses Berufsbild erweitern, weil im Zuge der Digitalisierung der Bankgeschäfte mehr technischen Kompetenzen gefordert sind“, sagt der Personalleiter David Czech. Der Mitarbeiter soll nach der Lehre „technisches Know-how mit dem Wissen um Bankprozesse verbinden“ können.

Sparkassen bilden die meisten Bankkaufleute im Land aus

Auch bei den größten Banken im Land gehen die Lehrlingszahlen zurück. „Der Trend sowohl bei den Bewerberzahlen als auch bei den Ausbildungsstellen ist seit mehreren Jahren rückläufig“, erklärt Frank Metzner, der Leiter der Sparkassenakademie Baden-Württemberg. Die 52 Sparkassen zwischen Lörrach und Tauberbischofsheim sind zusammengenommen der größte Ausbilder von Bankkaufleuten im Land. An kleineren Standorten werden zwei bis drei Lehrlinge ausgebildet, an großen bis zu 30. Im September haben bei den Sparkassen 908 junge Männer und Frauen eine Banklehre begonnen, vier Jahre zuvor waren es noch mehr als 1300.

Akademiedirektor Metzner zufolge korrespondiert der Rückgang in der Ausbildung mit dem generellen Abbau der Mitarbeiterzahlen. Die Ausbildungsquote halte man stabil hoch, sie liege bei rund zehn Prozent. Metzner ist seit 2014 für die Aus- und Weiterbildung bei den Sparkassen verantwortlich. Die Klagen vieler Arbeitgeber, dass die Qualität der Schulabgänger immer mehr zu wünschen übrig ließe, deckt sich nicht mit seinen Erfahrungen. Er spricht vielmehr von einem gleichbleibend hohen Niveau. Allerdings mache es auch den Sparkassen zu schaffen, dass immer mehr Schüler vom Gymnasium an die Hochschulen streben. Mit etwa 70 Prozent sind Abiturienten die Hauptzielgruppe für eine Banklehre. Das schlägt auch auf die Bewerberzahlen durch: Zwischen 2010 und 2015 ist die Zahl der eingegangenen Bewerbungen von 13 000 auf 9700 zurückgegangen.

Auf dem absteigenden Ast sieht Metzner die Banklehre durch den strukturellen Wandel in der Branche oder den Imageverlust durch die Bankenkrise nicht: „Der Job des Bankkaufmanns zählt immer noch zu den gefragtesten“, sagt er und verweist auf die verschiedenen Weiterbildungsmöglichkeiten etwa zum Bankfachwirt, Bankbetriebswirt oder Bachelor. Auch ohne anschließendes Studium biete der Beruf breitere Einsatzmöglichkeiten als andere. Die Sparkasse sei bestrebt, den erfolgreichen Absolventen auch künftig einen Arbeitsplatz anzubieten, wie es in der Vergangenheit üblich war. Garantien gebe es jedoch nicht.

Die Veränderungen im Bankenwesen könnten nach Metzners Meinung sogar dazu beitragen, den Beruf des Bankkaufmanns attraktiver zu machen: Früher seien die meisten Ausgelernten am Schalter gelandet – und nicht selten auch erst einmal geblieben. Gerade in diesem Bereich werde personell reduziert, sodass der Nachwuchs schneller als bisher in beratenden Funktionen eingesetzt wird, mehrheitlich im Privatkundengeschäft. Jungen Mitarbeitern fiele es zudem leichter, mit neuen digitalen Angeboten wie Videochats oder Onlineberatungsdiensten umzugehen.

Zahl der Azubis und Studenten bei der LBBW gehen zurück

Wie beliebt der Ausbildungsberuf immer noch ist, belegt auch die Nachfrage der Bewerber bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und ihrer Privatkundentochter BW-Bank. An zwölf von 34 Standorten im Land sind bereits alle Ausbildungsplätze für das im September 2017 beginnende Lehrjahr vergeben. In den übrigen Filialen können sich Interessenten über eine zentrale Plattform bewerben.

Auch die Landesbank fahre ihre Ausbildungsaktivitäten zurück, um möglichst vielen Ausgelernten eine berufliche Perspektive im Konzern bieten zu können, erklärt ein LBBW-Sprecher. In diesem Sommer beschäftigte die Bank insgesamt 410 Azubis und Studenten an einer Dualen Hochschule, ein Jahr zuvor lag die Zahl noch bei 490.

Die Reduzierung von immerhin 16 Prozent sei dem Sprecher zufolge im Zusammenhang mit den allgemeinen Veränderungen der Bankenlandschaft zu sehen: „Mit dem Ausbau es Online-Angebots von Bankprodukten und Dienstleistungen sowie der Anpassung des Standortnetzes werden künftig weniger Mitarbeiter benötigt.“ Die LBBW, die rund 11 000 Mitarbeiter beschäftigt, will bis 2020 etwa 830 Stellen abbauen. Die Zahl der BW-Bank-Filialen soll von 168 auf 130 schrumpfen.

Jonas Maier teht ganz am Anfang seiner Ausbildung. Er hat sich noch nicht festgelegt, wie es danach für ihn weitergehen soll: „Die Bank ermöglicht mir Einblick in alle Bereiche, neben der Kundenberatung auch in interne Abteilungen wie Marketing, Controlling und Rechnungswesen“, sagt der 21-Jährige. Auch eine Weiterbildung zum Bankfachwirt hält er für möglich.