Die Generation Y ist hoch motiviert und will Karriere machen, dabei aber nicht auf Flexibilität, Freizeit und Gesundheit verzichten.

'Das Renteneintrittsalter steigt, heutige Berufsanfänger müssen aufgrund demografischer Veränderungen wahrscheinlich 50 Jahre ihres Lebens arbeiten', sagt Jutta Rump. Die Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE in Ludwigshafen fasste damit jüngst eine der Aussagen ihrer mit der Personalberatungsagentur von Rundstedt veröffentlichten Studie zum heutigen Karrierebegriff zusammen. Wer ein halbes Jahrhundert gesund, motiviert und leidenschaftlich im Berufsleben stehen will, kann nicht fünf Jahrzehnte lang dasselbe tun. Immer häufiger wechseln sich Voll- und Teilzeitstellen, Sabbaticals und Familienzeiten ab.

 

'Es ist durchaus denkbar, dass die heutige Führungskraft sagt, sie will ab morgen nur noch im Projektgeschäft arbeiten', sagt die Professorin an der Hochschule Ludwigshafen. Eine Studie des Fraunhofer Instituts besagt, dass innerhalb der kommenden fünf Jahre Teamarbeit und flexible Modelle, in denen Mitarbeiter über keinen festen Arbeitsplatz verfügen, um 40 Prozent zunehmen werden. Und innerhalb der nächsten 20 Jahre soll jede achte erwerbsfähige Person verloren gehen. So steigt die Marktmacht der Angestellten, und die Unternehmen müssen sich auf die neuen Bedürfnisse der Young Professionals einstellen.

Karriereplanung wird vielschichtiger

'Die Chefs bekommen auch etwas zurück, denn die Generation Y ist hoch motiviert und macht ihren Job mit Leidenschaft und hohem Arbeitseinsatz', ist sich Rump sicher. 'Karriereplanung und Karrieremanagement werden zum strategischen Faktor für Unternehmenserfolg', sagt die Wissenschaftlerin. Unternehmen müssten eine Kultur aufbauen, Talente und deren Management konsequent in den Fokus stellen. Rump selbst etabliert derzeit ein Netzwerk aus ehemaligen Mitarbeitern. Wer ihre Hochschule verlässt, bekommt regelmäßig News und Stellenausschreibungen zugesandt. Auch den persönlichen Kontakt fördert die Netzwerkerin, indem sie die Ausgeschiedenen zu Sommerfesten und Veranstaltungen der Hochschule einlädt. Karriereplanung wird vielschichtiger, auch weil man in der volatilen Arbeitswelt immer seltener mehr als drei, vier Jahre in die Zukunft planen kann. Stattdessen möchten Leistungsträger ihre individuellen Bedürfnisse mit dem Arbeitgeber abstimmen und eigene Strategien entwickeln. Rump und ihr Team haben deshalb das Bild eines Mosaiks entwickelt, um die nichtlineare Karriere abzubilden.

'Karriere ähnelt daher immer weniger der Vorstellung einer Leiter, bei der Stufe um Stufe erklommen wird', sagt Rump. Vielmehr werde sie zu einer Art Szenarioplanung mit einer Reihe von Optionen in unterschiedlichen Dimensionen. Fach-, Führungs- und Projekteinsätze wech seln sich dabei ab, und die entstehenden Brüche sind nicht negativ zu sehen. 'Im Gegenteil: Brüche tragen zur Kompetenzentwicklung bei', weiß die Personalexpertin. Unternehmen gibt Rump mit auf den Weg, sich mehr bei der Mitarbeiterbindung zu engagieren. 'Das Stichwort ist Flexicurity', sagt die Professorin. Bei aller Flexibilität am Arbeitsplatz und obwohl Angestellte heute mehr reisen als früher und häufiger Position und Tätigkeitsfeld wechseln, bleibt der Wunsch nach Sicherheit des eigenen Jobs und Einkommens. Natürlich sei es heute für Firmen schwierig, unbefristete Verträge zu vergeben und Gehaltserhöhungen zur jährlichen Regel zu machen.

Wer Leistungen in seiner Position erbringt, wird mit Punkten belohnt

'Aber jeder Betrieb sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten prüfen, wie er High Performer halten kann', sagt die HR-Expertin. Mittelständlern, die nicht mit großen Benefits wuchern können, rät die Wissenschaftlerin zu einem Cafeteria-System: Wer bestimmte Leistungen in seiner Position erbringt, wird mit Punkten belohnt, die er dann gegen eine Zusatzleistung des Chefs wie in einer Cafeteria nach eigenem Gusto einlösen kann. Neben dem Klassiker Dienstwagen können das beispielsweise Zusatzversicherungen sein. Finanzplaner Markus Sobau empfiehlt diese, weil sie steuerbegünstigt sind.

Der Chef des 25-köpfigen Teams von Confina Finanzplanung in Mannheim berät mittelständische Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern: 'Wenn Geschäftsführer etwa durch eine betriebliche Krankenversicherung zeigen, dass ihnen nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter am Herzen liegt, sondern sie auch finanziell entlasten, erzeugen sie eine emotionale Bindung', sagt der Versicherungsmakler. Denn durch die betriebliche Krankenversicherung spart sich der Arbeitnehmer Ausgaben etwa für Brille, Zahnersatz, Chefarzt- oder Heilpraktiker-Behandlung. Der Vorteil für die Chefs: 'Sie können die Versicherungen erst mal für ein Jahr abschließen, etwa als Bonus für erfolgreiche Mitarbeiter, und später bei Bedarf verlängern', sagt der Mannheimer. Die Arbeitnehmer kämen so möglicherweise an einen Vertrag, den sie sich selbst nicht leisten wollen. Eine private Zahnzusatzversicherung kostet bis zu 40 Euro im Monat.

Schließt ein Unternehmen mehr als fünf Verträge bei einem Versicherer ab, entfallen lästige Gesundheitsfragen. Das ist vor allem interessant für ältere Menschen. Oder für Allergiker, Asthmatiker oder Mitarbeiter mit anderen chronischen Vorerkrankungen. Für Arbeitgeber hingegen ist die betriebliche Krankenversicherung mit wenig Aufwand zu haben: Pakete gibt es ab zehn Euro pro Monat und Beschäftigtem.