Die Werkstation fertigt Info-Terminals nach individuellen Wünschen – und einer speziellen Philosophie.

Besigheim - Ein ehemaliger Polizist und ein einstiger Staatsanwalt führen ein Mini-Unternehmen mit Weltruf im Besigheimer Teilort Ottmarsheim. Sie wollen nicht wachsen, keine neuen Geschäftsfelder erschließen und nicht aktiv um Kunden werben. Ihre Info-Terminals und Touchscreens lassen sie von psychisch Kranken fertigen, ihre Auszubildenden dürfen gerne auch Lücken im Lebenslauf haben und ihr oberstes Ziel ist Spaß an der Arbeit: Die Werkstation tickt anders als andere Unternehmen – und hat trotzdem Erfolg.

 

Genauso schnörkellos wie ihre Philosophie war der Name für ihr erstes Produkt: Kiste Nummer 1 hieß das klobige erste Computerterminal der 1993 von Frank Nägele gegründeten Werkstation. Nägele und sein Kompagnon Joachim Löffler, die sich die Geschäftsführung teilen, pflegen gern das Understatement. Sie bezeichnen sich ganz schlicht als Kistenbauer – dabei haben ihre Info-Terminals und Touchscreen-Stelen längst ein modernes, schlankes Design und werden von renommierten Unternehmen in ganz Europa geordert.

Display aus Besigheim beim Eurovision Song Contest

So waren beim Eurovision Song Contest in Aserbaidschan 2012 Displays aus Besigheim im VIP-Bereich aufgestellt. Auch der Züricher Flughafen ist mit Info-Terminals der Werkstation ausgestattet. Porsche, Daimler, Nestlé, Fraport und Lidl gehören ebenso zu den Kunden wie die Deutsche Postbank oder die Deutsche Flugsicherung. Der TV-Moderator Günther Jauch habe schon einmal ein Display der Werkstation für eine Quizshow genutzt, der Entertainer Stefan Raab miete regelmäßig Terminals aus Besigheim für seine Wok-WM und selbst im ARD-Krimi Tatort sei mal ein Produkt aus seinem Hause zu sehen gewesen – wenn auch nur zufällig, erzählt Frank Nägele. Jüngst habe der europäische Flugzeuggigant Airbus sogar 200 Infoscreens bei den schwäbischen Tüftlern bestellt.

Große Stückzahlen sind sonst jedoch nicht das Steckenpferd von Nägele und Löffler. Sie wollen mit individuellen Anfertigungen für den jeweiligen Kunden punkten – auch wenn dieser nur wenige Exemplare bei ihnen bestellt. Im Zweifelsfall kann sich aber auch das mehr als auszahlen: So hat die belgische Stadt Kortrijk einst ein einzelnes barrierefreies Terminal zur Bürgerinformation angefordert – die Lösung aus Besigheim überzeugte so sehr, dass die Werkstation den Deutschen Multimediapreis dafür bekam.

Keine hochtrabenden Pläne

In anderen Sphären schweben die beiden geschäftsführenden Gesellschafter deshalb trotzdem nicht. Nägele und Löffler sehen sich lieber als bodenständige Tüftler denn als große Geschäftsmänner. Dementsprechend haben sie auch keine hochtrabenden Pläne. Eine Erweiterung können sie sich nicht vorstellen, auch die Zahl der Kunden reiche ihnen aus. „Unsere Maxime ist nicht die Gewinnoptimierung“, betont Nägele. Aus seiner Sicht habe die Werkstation mit ihren acht Mitarbeitern die optimale Größe, um flexibel auf die Kundenwünsche reagieren und nur kleine Stückzahlen anfertigen zu können. Mehr wolle er gar nicht: „Da ticken wir anders als andere.“

Auch in anderen Bereichen setzen die Besigheimer besondere Schwerpunkte: „Wir haben immer einen Auszubildenden, der woanders keine Stelle bekommt“, erzählt Nägele. Ihm gehe es nicht um Top-Noten, sondern darum, dass der Mensch zum Team passe. Weil es laut dem Chef so gut passt, lässt die Werkstation ihre Produkte von Mitarbeitern der zwölfköpfigen Firma Intec gleich um die Ecke fertigen, die vor allem psychisch Kranke beschäftigt.

Die bunte Mischung von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Vorerfahrungen mache die Werkstation aus, findet Nägele. Er und Löffler sind die besten Beispiele: Nägele war früher Polizist, Löffler war Staatsanwalt. Sie lernten sich an der Hochschule in Heilbronn kennen, als Nägele schon auf das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens gewechselt hatte und Löffler bereits Professor für Wirtschaftsrecht war. Das ist er heute noch, bei der Werkstation ist er nur in Teilzeit für Personal und Controlling zuständig. Aber er schaut dennoch fast jeden Tag in der Firma vorbei: Weil ihm die Arbeit dort so viel Spaß macht.

Hardware und Software

Produkte
: Die Werkstation fertigt Info-Terminals, Display-Stelen und Touchscreen-Lösungen für Unternehmen und Behörden. Bei ihrem Start entwarf die Firma vor allem die Hardware, inzwischen entwickelt sie auf Wunsch auch die Software für ihre Produkte. Die Bandbreite reicht von touristischen Terminals über Mitarbeiter-Informationen in Produktionshallen bis hin zu Wegeleitsystemen oder Check-in-Stelen in Flughäfen.

Firma:
Frank Nägele hat die Werkstation 1993 gegründet. Zunächst leitete der heute 49-Jährige die Firma allein, seit 2001 ist Joachim Löffler mit 26 Prozent der Geschäftsanteile zweiter geschäftsführender Gesellschafter.