Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Für den Zulieferer handelt es sich um eine „gezielte Anschwärzungs- und Verleumdungskampagne“ eines früheren Mitarbeiters. Man gehe davon aus, dass sich die Vorwürfe „vollumfänglich entkräften lassen“, teilten die Anwälte mit. Belastende Aussagen hätten sich bereits als falsch erwiesen, gegen den Urheber gehe man rechtlich vor. Doch die Strafanzeige wegen Falschaussage scheint die Staatsanwälte wenig zu beeindrucken, sie wundern sich dem Vernehmen nach eher über das aggressive Vorgehen der Verteidiger. Die Angaben des zentralen Zeugen hätten sich durch die Ermittlungen weitgehend bestätigt, sagt die Sprecherin. Im vorigen Sommer forderten die Anwälte denn auch vergeblich die „kurzfristige Einstellung“ des Verfahrens. Begründung: die Situation sei für ihren Mandanten „existenziell bedrohlich und nicht länger hinnehmbar“.

 

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Firmengruppe wegen Korruption ins Visier der Justiz gerät. Bereits 2007 wurde der Seniorchef und Vater des jetzt Beschuldigten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte. Bestochen wurde damals ein junger, bei Daimler frisch eingestellter Ingenieur, der sich von zwei Firmenchefs für Aufträge belohnen ließ – unter anderem mit einem Motorrad der Marke Harley Davidson und einer Berlinreise samt Begleitdame. Vermutungen in der Firma, der Vater habe damals Verantwortung für Taten des Sohnes übernommen, nennen die Anwälte „unzutreffend“. Genauso falsch wäre es ihnen zufolge, eine fortgesetzte Praxis zu unterstellen. Die beiden Vorgänge hätten nichts miteinander zu tun. Das sehen die Ermittler etwas anders: Einer der damals Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt wurde, spiele auch jetzt wieder eine Rolle. Dabei hat sich die Firmengruppe zwischenzeitlich einen strengen Kodex gegeben: Man verzichte lieber auf ein Geschäft, heißt es darin, als gegen Gesetze zu verstoßen.

Auftragssperre von Daimler kostet über 100 Jobs

Mindestens ebenso wie die Ermittlungen machen der Firmengruppe die Konsequenzen durch Daimler zu schaffen. Sämtliche Unternehmen der Gruppe seien bei dem Autokonzern „mit sofortiger Wirkung gesperrt“ worden, schrieben die Anwälte bereits 2011 drohend an den Hauptzeugen. Jeden Tag habe man dadurch mehr als 80 000 Euro Umsatzausfall, übers Jahr seien es 30 Millionen Euro. Die Weiterbeschäftigung von 120 bis 150 Mitarbeitern sei „akut gefährdet“. Das Risiko realisierte sich. Wegen der Sperre durch Daimler, klagten die Verteidiger Mitte 2012 bei der Staatsanwaltschaft, „musste der Mitarbeiterstamm . . . um über 120 Leute reduziert werden“. Aktuell sind von den einst mehr als 500 Jobs noch 350 übrig, also schon 150 verloren gegangen.

Von Daimler selbst gibt es zu der Auftragssperre keine konkreten Auskünfte. Wann und unter welchen Umständen sie wieder aufgehoben werde – dazu äußert sich der Konzern nur vage. „Organisatorische Veränderungen beim Business-Partner werden geprüft“, teilte eine Sprecherin mit. Es komme darauf an, „ob sie dazu geeignet sind, das Fehlverhalten dauerhaft auszuschließen“. Inwieweit man in Kauf nehme, dass unter einem etwaigen Fehlverhalten von Managern alle Mitarbeiter von Zulieferfirmen litten – dazu gab es keinen Kommentar.

Daimler hatte die Staatsanwaltschaft eingeschaltet

Noch ist der Korruptionsvorwurf, den die Firmengruppe bestreitet, nicht bewiesen oder Anklage erhoben. Doch der Fall zeigt exemplarisch, welch weitreichende Folgen für ein Unternehmen schon ein konkreter Verdacht haben kann. Aufgebracht wurde dieser einst durch einen Informanten, der sich an Daimler wandte. Dort wurden die Hinweise überprüft und als so stichhaltig angesehen, dass der Konzern die Justiz einschaltete. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen sechs Personen – den einstigen Chef des Zulieferers, vier Verantwortliche bei Daimler und eine Ehefrau. Es geht um Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr, Untreue und Steuerhinterziehung. Bereits 2011 gab es bei mehreren Beschuldigten Durchsuchungen.

Der Verdacht laut einer Behördensprecherin: Bei Daimler sei der Zulieferer gegenüber anderen, günstigeren Mitbietern bevorzugt worden, die zuständigen Mitarbeiter hätten sogar wissentlich überhöhte Angebote und folglich auch aufgeblähte Rechnungen akzeptiert. Die Gegenleistung soll unter anderem in Aufträgen für eine Werbeagentur erfolgt sein, die einst der Ehefrau des Projektleiters bei dem Autokonzern gehörte. Diese habe Rechnungen über Dienstleistungen für den Zulieferer gestellt, die in Wirklichkeit nie erbracht worden seien. Auch den Kauf einer Villa und einen gut dotierten, womöglich fingierten Beratervertrag schauen sich die Ermittler genauer an. Der nach wie vor bei Daimler beschäftigte Projektleiter verwies im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung auf seine Anwälte, die auf mehrere Anfragen jedoch nicht reagierten.

Die Anwälte beklagen eine „Anschwärzungskampagne“

Für den Zulieferer handelt es sich um eine „gezielte Anschwärzungs- und Verleumdungskampagne“ eines früheren Mitarbeiters. Man gehe davon aus, dass sich die Vorwürfe „vollumfänglich entkräften lassen“, teilten die Anwälte mit. Belastende Aussagen hätten sich bereits als falsch erwiesen, gegen den Urheber gehe man rechtlich vor. Doch die Strafanzeige wegen Falschaussage scheint die Staatsanwälte wenig zu beeindrucken, sie wundern sich dem Vernehmen nach eher über das aggressive Vorgehen der Verteidiger. Die Angaben des zentralen Zeugen hätten sich durch die Ermittlungen weitgehend bestätigt, sagt die Sprecherin. Im vorigen Sommer forderten die Anwälte denn auch vergeblich die „kurzfristige Einstellung“ des Verfahrens. Begründung: die Situation sei für ihren Mandanten „existenziell bedrohlich und nicht länger hinnehmbar“.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Firmengruppe wegen Korruption ins Visier der Justiz gerät. Bereits 2007 wurde der Seniorchef und Vater des jetzt Beschuldigten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte. Bestochen wurde damals ein junger, bei Daimler frisch eingestellter Ingenieur, der sich von zwei Firmenchefs für Aufträge belohnen ließ – unter anderem mit einem Motorrad der Marke Harley Davidson und einer Berlinreise samt Begleitdame. Vermutungen in der Firma, der Vater habe damals Verantwortung für Taten des Sohnes übernommen, nennen die Anwälte „unzutreffend“. Genauso falsch wäre es ihnen zufolge, eine fortgesetzte Praxis zu unterstellen. Die beiden Vorgänge hätten nichts miteinander zu tun. Das sehen die Ermittler etwas anders: Einer der damals Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt wurde, spiele auch jetzt wieder eine Rolle. Dabei hat sich die Firmengruppe zwischenzeitlich einen strengen Kodex gegeben: Man verzichte lieber auf ein Geschäft, heißt es darin, als gegen Gesetze zu verstoßen.

Auftragssperre von Daimler kostet über 100 Jobs

Mindestens ebenso wie die Ermittlungen machen der Firmengruppe die Konsequenzen durch Daimler zu schaffen. Sämtliche Unternehmen der Gruppe seien bei dem Autokonzern „mit sofortiger Wirkung gesperrt“ worden, schrieben die Anwälte bereits 2011 drohend an den Hauptzeugen. Jeden Tag habe man dadurch mehr als 80 000 Euro Umsatzausfall, übers Jahr seien es 30 Millionen Euro. Die Weiterbeschäftigung von 120 bis 150 Mitarbeitern sei „akut gefährdet“. Das Risiko realisierte sich. Wegen der Sperre durch Daimler, klagten die Verteidiger Mitte 2012 bei der Staatsanwaltschaft, „musste der Mitarbeiterstamm . . . um über 120 Leute reduziert werden“. Aktuell sind von den einst mehr als 500 Jobs noch 350 übrig, also schon 150 verloren gegangen.

Von Daimler selbst gibt es zu der Auftragssperre keine konkreten Auskünfte. Wann und unter welchen Umständen sie wieder aufgehoben werde – dazu äußert sich der Konzern nur vage. „Organisatorische Veränderungen beim Business-Partner werden geprüft“, teilte eine Sprecherin mit. Es komme darauf an, „ob sie dazu geeignet sind, das Fehlverhalten dauerhaft auszuschließen“. Inwieweit man in Kauf nehme, dass unter einem etwaigen Fehlverhalten von Managern alle Mitarbeiter von Zulieferfirmen litten – dazu gab es keinen Kommentar.

Das Schreiben des geschäftsführenden Gesellschafters an die Belegschaft las sich übrigens so, als ob er sich für immer aus der Führung verabschiede. Bei den Anwälten klingt das ein wenig anders: der Rückzug erfolge „bis auf Weiteres“.