Oft stehen Makler in Stuttgart und der Region jetzt mit leeren Händen vor ihren Kunden. Durch die Einführung des Besteller­prinzips werden den Maklern nur noch selten Mietwohnungen angeboten.

Seit der Einführung des Bestellerprinzips bei der Vermittlung von Mietimmobilien im Juni dieses Jahres beklagt jeder dritte Immobilienmakler Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent, so eine Studie. 47 Prozent der Makler schätzen ihre Situation sogar so bedrohlich ein, dass sie ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sehen. 'Von der Vermietung allein konnten schon früher nur die wenigsten Makler wirklich leben', sagt Makler Erich Hildenbrandt. Mit der Einführung des Bestellerprinzips hätten die Politiker ihren Bürgern einen Bärendienst erwiesen. 'Wer jetzt eine Wohnung zur Miete sucht, muss Klingel putzen gehen.' Denn die Vermieter seien nicht bereit, für eine Dienstleistung zu bezahlen, die bislang unentgeltlich für sie war. Das bestätigt auch die Studie. Knapp die Hälfte der Vermieter, die bislang einen Makler beauftragt haben, kündigten aufgrund des Bestellerprinzips den Vertrag mit ihrem Dienstleister, so die Studie. Doch gerade das Geschäft mit den Mietobjekten funktioniere nur dann, wenn die Makler genügend Objekte zur Vermittlung bekommen.

 


Bleibe das aus, weil Vermieter keine Provision an den Makler zahlen wollen, kommen diese Objekte auch nicht auf den Mietmarkt. Anders bei Kaufimmobilien. Hier bekommt der Makler in der Regel vom Verkäufer und vom Käufer eine Courtage. Doch die schönsten Provisionssätze nützen nichts, wenn es an Objekten fehlt. 'Nur wenn ich etwas anbieten kann, verdiene ich auch Geld', erklärt Hildenbrandt das Prinzip. Nicht umsonst hörten jedes Jahr rund 20 Prozent aller Makler wieder auf. Viele beginnen mit ein, zwei Objekten. Sind die verkauft und kommen keine neuen Objekte herein, kehre schnell Ernüchterung ein. Für den 60-jährigen Makler ist es aber immer noch der schönste Beruf auf der Welt. 'Ein Makler ist ein Verkäufer, der für zwei Seiten arbeitet und ein Produkt verkauft, das es nur einmal gibt', erklärt er mit Begeisterung. Auch den Makler Markus Lechler aus Stuttgart-Degerloch tangiert das Bestellerprinzip. Aber mit rund fünf Prozent sei der Vermietungsanteil eher unterrepräsentiert am Gesamtumsatz. Allerdings sieht auch er die Problematik: 'Wer zahlt schon gern für eine Dienstleistung, die er bislang umsonst bekam?', fragt er. Wer trotzdem nicht darauf verzichten will, für den bietet Markus Lechler unterschiedliche Pakete.


Durch die neuen Regelungen fallen vor allem die One-Man-Shows durchs Raster

Etwa ein Basispaket, zu dem die Erstellung des Exposés gehört, aber keine weiteren Dienstleistungen wie zum Beispiel das Wahrnehmen von Besichtigungsterminen. 'Das Bestellerprinzip wird zu einer Grundbereinigung des Maklermarktes führen', ist er sich sicher. Durch die neuen Regelungen würden vor allem die One-Man-Shows durchs Raster fallen. Dass die Einführung des Bestellerprinzips am Wohnungsmangel in der Landeshauptstadt etwas ändern könnte, glaubt Lechler ohnedies nicht. 'Die Ballungszentren werden immer weniger bezahlbar für den Normalverdiener.' Von der starken Nachfrage profitierten die Makler, allerdings werde gerade bei Kaufimmobilien die Objektbeschaffung immer schwieriger. Hinzu kommt: mittlerweile ließen sich auch nicht mehr alle Objekte verkaufen. 'Wenn die Lage und der Preis nicht passen, bleibt die Immobilie liegen.' Am gefragtesten seien derzeit bei den Kaufimmobilien vor allem Drei- bis Vierzimmerwohnungen bis 600 000 Euro in Stuttgart. Die gingen in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen über den Tisch - wenn es passt. Darunter werde es dünn: Unter 300 000 Euro gebe es in der Landeshauptstadt kaum Angebote an qualitätsvollen Wohnungen ab drei Zimmern.


Die Immobilienmaklerin Nicole Gleinser aus Ostfildern gibt offen zu, dass mit der Einführung des Bestellerprinzips ihr Vermietungsgeschäft gravierend zurückgegangen sei. Während sie davor bis zu mehrere Vermietungsanfragen pro Woche hatte, habe sie seit Inkrafttreten des Gesetzes gerade noch einmal zwei Beauftragungen erhalten. Im Gegenzug habe der Verkauf deutlich angezogen. Die neue Mietgesetzgebung würde geradezu die schwarzen Schafe in ihrer Branche dazu ermutigen, jetzt mit allerlei Tricks zu versuchen, doch noch an eine Provision zu kommen. Das schade dem Ruf der ganzen Branche, ärgert sie sich. Besser wäre es gewesen, hätte man die Maklercourtage 50 zu 50 zwischen Vermieter und Mieter aufgeteilt. So habe keiner etwas davon. Der Vermieter ziehe sich zurück, weil er die Provision einsparen will - der Mieter tut sich noch schwerer, eine Wohnung in den begehrten Lagen der Region zu finden. Dass Nicole Gleinser als Einzelkämpferin auf dem hart umkämpften Immobilienmarkt unterwegs ist, sieht sie als Herausforderung. 'Ich habe kein großes Büro, aber dafür kenne ich mein Gebiet und meine Kunden noch persönlich.' Und auch, wenn es sich mal nicht so rechnet: 'Ich freue mich auch für und mit meinen Kunden, wenn wir das passende Ergebnis erzielt haben', so die Maklerin. Trotz der negativen Erfahrungen mit dem Bestellerprinzip kommt nach der Studie von 'Immobilienscout 24', 'Immobilien-Zeitung' und 'Immo Media Consult' für die Mehrheit der Immobilienmakler ein Rückzug aus dem Maklergeschäft aber nicht in Betracht.