Nach einem turbulenten letzten Verhandlungstag steht nun das Urteil bevor. Der Vorsitzende Richter deutet schon mal an, dass die Zivilkammer am Landgericht Stuttgart vor einer schwierigen Entscheidung steht.

Stuttgart - Das Zivilverfahren um eine mögliche Beteiligung am Kaufhauskonzern Breuninger wirft selbst auf der Zielgeraden noch mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Das Gericht verwehrte am Freitag nach mehreren Unterbrechungen einem Zeugen gegen dessen ausdrücklichen Wunsch die Aussage, um ihn „vor sich selbst zu schützen“. Die Richter der zuständigen Kammer am Landgericht Stuttgart stellten die Verschwiegenheitspflicht des Zeugen, der im Jahr 2004 als Wirtschaftsprüfer am Breuninger-Verkauf beteiligt gewesen ist, über die Forderung der Klägerseite, den Mann aussagen zu lassen.

 

Auch die zweite Zeugin wird nicht mehr vernommen

Daraufhin wurde wiederum die „Gegenvernehmung“ einer weiteren Zeugin, der Chefin der Breuninger-Stiftung Helga Breuninger, die schon einmal im Prozess ausgesagt hatte, aus der Sicht der Richter „entbehrlich“ und ebenfalls gestrichen. Sie hätte die Darstellung der Beklagtenseite unterstützt. So verbrachten die Beteiligten den wahrscheinlich letzten Verhandlungstag vor der Urteilsverkündung statt mit Zeugenbefragungen damit, nochmals ihre jeweiligen Argumente auszutauschen.

In dem Verfahren fordert der Stuttgarter Anwalt Wolfgang Blumers von den Haupteigentümern der E. Breuninger GmbH & Co., Willem van Agtmael und Wienand Meilicke, entweder eine Firmenbeteiligung oder die Zahlung von 220 Millionen Euro. Die 80-prozentige Anteilsmehrheit am Unternehmen war 2004 von den beiden Beiräten übernommen worden. Der damalige Kaufhauschef Van Agtmael arbeitete genau wie der Anwalt Meilicke bereits seit mehreren Jahrzehnten für Breuninger. Hintergrund des Verkaufs war die Trennung der gemeinnützigen Breuninger Stiftung von der Warenhauskette, um die Stiftung unabhängig von deren wirtschaftlichen Erfolg zu machen.

Blumers und zwei weitere Beiratsmitglieder des damals fünfköpfigen Gremiums beteiligten sich auf eigenen Wunsch hin (noch) nicht am Kauf. Van Agtmael und Meilicke signalisierten allerdings ihre Bereitschaft, die drei Beiratsmitglieder Blumers, Theo Henselijn und Benno Stratmann zu einem späteren Zeitpunkt mit ins Boot zu holen, das räumt auch die Seite der Beklagten an. Strittig – und damit der Kern des Zivilprozesses – ist allerdings, ob beim Verkauf oder in der Folge ein Treuhandverhältnis entstanden ist. Die Anklageseite konnte keine beglaubigte schriftliche Vereinbarung vorlegen, verwies stattdessen im Verfahren wiederholt auf ein „besonderes Vertrauensverhältnis“ zwischen den fünf Beiratsmitgliedern, die noch bis 2011 in dem Gremium zusammenarbeiteten.

Der Richter nimmt kein Urteil vorweg

Nachdem die beiden letzten Zeugen nicht gehört wurden, gab der Vorsitzende Richter Andreas Patschke noch eine Einschätzung zum Stand des Verfahrens ab: „Es spricht einiges dafür, dass eine notarielle Beurkundung notwendig gewesen wäre.“ Die Rechtsprechung sehe allerdings eine Ausnahme vor, den Grundsatz „Treu und Glauben“. Aus Sicht des Klägers sei über eine Zeitspanne von sechs bis sieben Jahren die Zusage einer Beteiligung im Raum gestanden. „Das ist ein Punkt, den wir berücksichtigen müssen“, sagte Patschke und deutete an, dass die Richter in ihrem Votum gespalten sind. Das Urteil soll am 16. Januar 2014 verkündet werden.