Die Stadt fordert „weltanschauliche Neutralität für Träger und Personal“ in der Betreuung von Ganztagsschülern. Das veranlasst die Evangelische Gesellschaft und Caritas, die Unterschrift unter der Vereinbarung über den Betrieb zu verweigern.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat in dieser Woche wichtige Entscheidungen zu Ausgestaltung und Betrieb von Ganztagsschulen beschlossen. Deshalb kommt es überraschend, dass noch immer nicht alle freien Träger, die die bildungs- und freizeitpädagogischen Angebote unterbreiten sollen, die Rahmenvereinbarung mit der Stadt unterschrieben haben. Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) bestätigte auf StZ-Anfrage, dass die Wohlfahrtsorganisationen der großen Kirchen, die Evangelische Gesellschaft (Eva) sowie die katholische Caritas, die Zustimmung verweigern. Beide sind derzeit für je vier der 19 Einrichtungen zuständig, insgesamt sollen sie etwa für die Hälfte aller neu entstehenden Ganztagsgrundschulen (acht neue jährlich insgesamt sind geplant) das pädagogische Personal anbieten. Eisenmann hat angekündigt, die Fraktionen um Lösungsvorschläge zu bitten. Andernfalls laufe die Stadt Gefahr, die Kirchen als Auftragnehmer zu verlieren. Das sei nicht erstrebenswert.

 

Auslöser des Streits ist ein Satz in der Präambel, den beide Wohlfahrtsorganisationen nicht zu akzeptieren bereit sind. Darin heißt es, die „weltanschauliche Neutralität für den Träger und sein Personal“ sei eine „unabdingbare Voraussetzung“ für die Arbeit in einer Ganztagsgrundschule.

SÖS/Linke fordert „Respekt vor Verschiedenheit“

Zwar bestand im Gemeinderat Einigkeit, diese Neutralität einzufordern, da im Schulgesetz Lehrkräften politische, religiöse oder weltanschauliche Bekundungen untersagt sind – es sei an den Kopftuchstreit erinnert. In der Sitzung ging es aber auch darum, unter „weltanschaulicher Neutralität“ den „Respekt vor Verschiedenheit“ zu verstehen, wie es SÖS/Linke formulierten. Arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen Schwule und Lesben sowie Beschäftigte, die sich scheiden lassen, sollten verboten werden, stand in deren Antrag.