Etwa 4900 Krippenplätze fehlen in der Landeshauptstadt aktuell. Die Stadt sucht nun flächendeckend nach Standorten für Behelfsbauten. Aber der Platzmangel ist nicht das einzige Problem beim Kita-Ausbau.

Stuttgart - Aktuell fehlen in der Landeshauptstadt rund 4900 Krippenplätze. Vom 1. August 2013 an greift bundesweit der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Stuttgart und anderen Städten droht eine Klagewelle. Nun will die Stadt den räumlichen Ausbau der Krippen mit Containerlösungen beschleunigen. Das Liegenschaftsamt prüft nach Informationen der Stuttgarter Zeitung derzeit im ganzen Stadtgebiet, wo dies möglich sein könnte. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) sieht jedoch noch ein weiteres Problem: „Auch wenn ich die Objekte habe, fehlt immer noch das Personal“, sagt er. Sein Vorschlag: weil der Notstand bei den Erzieherinnen „zumindest kurzfristig nicht lösbar ist, muss man abwägen, ob es nicht vertretbar ist, vorübergehend die Fachkraftquote in den Kitas abzusenken“.

 

Zunächst allerdings gehe es darum, geeignete Standorte für die Container zu finden. Föll spricht lieber von „Fertigteilbauten, die die Anforderungen an eine Kita erfüllen“. Auf Anfrage bestätigt er: „Die Stadt wird flächendeckend abgescannt – was geht, was geht nicht?“ Wie berichtet, hatte die FDP-Ratsfraktion beantragt zu prüfen, welche Grundstücke sich als Übergangsimmobilie für die Tagesstätten eignen und dabei insbesondere Schulgrundstücke in den Blick zu nehmen. Im Liegenschaftsamt habe man bereits mit der Suche angefangen – „eine sehr breit gefasste Aufgabe“, wie dessen Mitarbeiter Daniel Nikoleizig sagt. Dabei würden sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke auf ihre Eignung durchforstet. Insbesondere prüfe man, wo und ob es an bestehenden Kindertagesstätten noch Flächenreserven gebe. Aber auch Schulgelände würden verstärkt ins Visier genommen. Kämmerer Föll betont im Blick auf die auch von den Schülern zunehmend benötigten Außenflächen: „Die schulische Nutzung hat Vorrang.“ Allerdings seien gerade dort, wo der Krippenbedarf am höchsten sei, nämlich in der Innenstadt, die Flächenreserven am kleinsten.

Übersicht über mögliche Standorte noch dieses Jahr

Noch in diesem Jahr werde eine Übersicht über mögliche Standorte vorliegen samt einer Einschätzung, ob sie grundsätzlich genehmigungsfähig seien, kündigt Föll an. Für Prognosen über die mögliche Zahl an Krippencontainern sei es zu früh. Auch darüber, wie rasch solche Vorschläge zu realisieren wären, wagt der Bürgermeister keine Angaben. „Ich gehe davon aus, dass das Baurechtsamt willens und in der Lage ist, die Genehmigungsverfahren rasch umzusetzen.“ Diese müssten jedoch rechtssicher sein, sagt Föll im Blick auf mögliche Einsprüche von Nachbarn. Erfahrungen mit Containerlösungen hat die Stadt bereits. So wurden die Kinder der städtischen Kita Griegstraße in Botnang 2010 in 14 Containern untergebracht, um die Sanierung der Tagesstätte überbrücken zu können. Die anfänglichen Lärmprobleme seien auf eine nicht auftragsgemäße Ausstattung zurückzuführen gewesen, und die Sache habe sich gezogen, weil der Eigentümer, die Nestwerk-Stiftung, insolvent geworden sei, berichtet Föll. Inzwischen sei mit dem Lärmschutz alles geregelt. „Seither gibt’s keine Beschwerden mehr.“

“Task-Force“ soll den Kita-Ausbau beschleunigen

Doch der Bürgermeister setzt – neben Neubauten – nicht nur auf Behelfsbauten: „Wir müssen auch eine befristete Nutzung in den Waldheimen hinkriegen“, sagt er. Darauf hatten zuletzt erneut auch Iris Ripsam (CDU) und Andreas Reißig (SPD) im Jugendhilfeausschuss des Gemeinderates gedrungen. Aber die Verhandlungen über Ausnahmegenehmigungen stehen noch aus. Erste Ergebnisse gibt es in Sachen „Task-Force“. Diese von den Grünen im Rathaus geforderte „Beschleunigungstruppe“ in Sachen Kitaausbau soll nun unter Federführung von Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) eingerichtet werden. Das Ziel: die Verwaltungsabläufe sollen referatsübergreifend schneller gemacht werden. Fezer findet die Containerlösung „nicht unvernünftig“, gerade auf Schulhöfen. Zudem böten sich so „Synergieeffekte bei der Verpflegung“. Oberstes Ziel: „Wir müssen alles tun, um den Rechtsanspruch zu erfüllen.“

Während Bruno Pfeifle, der Leiter des Jugendamts, erst abwarten will, was die Standortsuche für Container bringt, bevor er sich an die Akquise des Personals macht, erachtet Bürgermeister Föll den Fachkräftemangel als Problem, „das nicht kurzfristig lösbar ist“. Es würden viel zu wenige Erzieherinnen ausgebildet. Deshalb bringt Föll nun seinen Vorschlag von einer „vorübergehenden Absenkung der Fachkraftquote“ ins Gespräch. Fezer hingegen setzt auf eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen durch eine Aufstockung vom Tarif S 6 auf S 8 und, wie die Grünen, auf eine Fortsetzung der praxisintegrierten Erzieherausbildung (PIA). 50 Schüler haben in Stuttgart die neuartige Ausbildung aufgenommen, die von Anfang an vergütet wird – und bei der die angehenden Erzieher von Anfang an in den Kitas eingesetzt werden. Mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Männern (Stuttgart: ein Drittel) sowie Quereinsteigern aus anderen Berufen kann hier offenbar eine neue Zielgruppe für die Arbeit mit Kindern angesprochen werden.