Darf Stefan Mappus als „Betroffener“ am EnBW-Ausschuss teilnehmen? Sein Wunsch wirft schwierige Rechtsfragen auf und wäre ein Unikum in der baden-württembergischen Landespolitik. Nächste Woche will das Gremium entscheiden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal wird in einer Sondersitzung am nächsten Dienstag entscheiden, ob der frühere Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) den Status eines „Betroffenen“ sowie ein Frage- und Antragsrecht erhält. Dies hat der Ausschussvorsitzende Klaus Herrmann (CDU) am Mittwoch nach einer Besprechung mit den Obleuten der Fraktionen mitgeteilt. Das Gremium folge damit einem Antrag der CDU, „sobald als möglich“ eine Sitzung anzusetzen. Die Landtagsverwaltung solle bis zu dem Termin zu juristischen Sachfragen aus dem Ausschuss Stellung beziehen.

 

Mappus hatte den Status des Betroffenen Ende voriger Woche durch einen neuen Rechtsvertreter, den Münchner Strafrechtsexperten Bernd Schünemann, fordern lassen. Es sei „rechtlich zwingend“, ihm diese Stellung einzuräumen, schrieb der emeritierte Professor an den Landtag. Zur Begründung verwies er auf einen Passus im Untersuchungsausschussgesetz, wonach jemand Betroffener sei, wenn das Gremium ihm eine „persönliche Verfehlung“ bescheinigen wolle.

CDU will Mapus als Betroffenen zulassen

Die Landtags-CDU sieht die Voraussetzungen bei Mappus als erfüllt an, wie ihr Obmann Alexander Throm mitteilte. Zu einem möglichen Frage- und Antragsrecht sagte er zunächst nichts. Skeptisch äußerten sich hingegen die Obleute von Grünen und SPD, Ulrich Sckerl und Sascha Binder: Man könne die Frage erst nach Klärung aller Rechtsfragen beantworten. Frühere Ausschüsse hätten gute Gründe gehabt, den Betroffenen-Status wegen des Schutzes der jeweiligen Person nicht zu gewähren, sagte Sckerl. „Schnellschüsse sind fehl am Platz“, man müsse für ein geordnetes Verfahren sorgen, sagte Binder.

Beide zeigten sich überrascht über die frühe Festlegung der CDU, noch vor der Prüfung aller Rechtsfragen. Zudem erinnerten sie daran, dass Mappus sich bereits zwei Mal vor dem Ausschuss äußern konnte und somit „umfassendes rechtliches Gehör“ erhalten habe.

Fragerecht ist höchst fraglich

Durch Mappus’ Ansinnen wird der Landtag vor schwierige Rechtsfragen gestellt, zu denen es – auch bundesweit – bisher offenbar wenig Rechtsprechung und Literatur gibt. In Baden-Württemberg sei noch nie jemandem der Betroffenen-Status eingeräumt worden, in anderen Ländern höchst selten, war zu erfahren. Wenn Mappus diese Rechtsstellung zuerkannt würde, werfe dies die Frage nach weiteren Betroffenen auf – etwa bei seinem Freund und Investmentbanker Dirk Notheis.

Selbst als Betroffene hätten sie offenbar nicht unbedingt ein Rede- und Antragsrecht. In den siebziger Jahren soll die Landtags-SPD einen solchen Automatismus zwar einmal beantragt haben. Der Vorstoß sei jedoch von der CDU-Mehrheit abgelehnt worden. Auch Schünemann hatte eingeräumt, dass das Landesgesetz nur ein Anwesenheitsrecht erwähne. Aus den Grundrechten ergebe sich aber das Recht, „an der Beweisaufnahme aktiv mitzuwirken und insbesondere ein eigenes Fragerecht“. Zur Begründung verwies er besonders auf die enge Verzahnung zwischen der Ausschussarbeit und den Untreue-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Auslöser für den Antrag war das Bekanntwerden der Protokolle von Vernehmungen durch die französische Justiz.

Von dem Fragerecht will Mappus offenbar bei der nächsten regulären Sitzung am 31. Januar Gebrauch machen, wenn zwei Experten zum Unternehmenswert der EnBW im Dezember 2010 befragt werden sollen: der Gutachter der Staatsanwaltschaft, Professor Wolfgang Ballwieser, und der Gegengutachter von Notheis, Professor Henner Schierenbeck. Er hält den Kaufpreis für angemessen, ebenso wie der frühere Konzernchef Hans-Peter Villis, der ebenfalls als Zeuge geladen ist.