Kriminelle manipulieren inzwischen weniger die Bankautomaten. Stattdessen droht neue Gefahr beim Bezahlen im Supermarkt und an der Tankstelle.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Fast jeder hat eine EC-Karte. Die meisten Bankkunden heben damit auch Geld am Automaten ab – und können so jederzeit Opfer von Datenklau werden. Nach einem rasanten Anstieg im vergangenen Jahr meldet die Euro Kartensysteme GmbH der deutschen Kreditwirtschaft nun für 2011 etwa 61 Prozent weniger Spähangriffe auf Geldautomaten als noch ein Jahr zuvor. Während Kriminelle 2010 noch 3183-mal Geräte manipuliert und vertrauliche Kontodaten abgegriffen haben, rechnen die Experten für dieses Jahr mit ungefähr 1250 Fällen. Endgültige Zahlen liegen nach Angaben des Unternehmens im kommenden Frühjahr vor.

 

Etwa 800 Automaten in der Bundesrepublik sollen betroffen gewesen sein (2010: 1765). Das Bundeskriminalamt erfasst die Fälle ebenfalls und bestätigt den Trend. Der durch die Verbrechen entstandene Schaden ist nach Angaben von Hans-Werner Niklasch, Geschäftsführer der Euro Kartensysteme GmbH, schätzungsweise von circa 38 Millionen Euro auf 27 Millionen Euro in Deutschland gesunken – ein Minus von ungefähr 29 Prozent.

Zurückzuführen ist dieser deutliche Rückgang laut BKA auf mehrere Faktoren: Zum einen haben Banken zum Januar 2011 einheitlich und flächendeckend eine neue EC-Karte in Deutschland eingeführt, bei der die am Bankautomaten getätigten Zahlvorgänge nicht über den Magnetstreifen laufen, sondern über einen in der Karte integrierten Chip. „Und dieser Chip ist bislang – anders als der Magnetstreifen – von den Verbrechern noch nicht geknackt worden“, sagt eine BKA-Sprecherin.

Um ihre Kunden zu schützen, haben viele Banken reagiert und in den vergangenen Jahren auch sukzessive veraltete und deshalb leicht zu manipulierende Geldautomaten aus dem Verkehr gezogen und durch neue, sicherere Geräte ersetzt. Auch die Türöffnungssysteme, die der Kunde außerhalb der Banköffnungszeiten mit seiner Karte betätigt hat, haben viele Geldhäuser schon vor Jahren abgeschafft. Denn sie waren lange Zeit ein Einfallstor für Betrüger, die die Systeme so manipuliert haben, dass sie auch dort die vertraulichen Daten des Bankkunden auslesen konnten. Seit einiger Zeit spielt diese Form des Datenklaus aber keine Rolle mehr, sagt die Sprecherin.

In den meisten Fällen laufen die Taten nach dem gleichen Muster ab: Zunächst installieren die Täter kleine, auf den ersten Blick nicht sichtbare Kameras am Geldautomaten, so dass sie die Eingabe der Geheimnummer sehen können. Oder sie setzen auf die Tastatur zur Eingabe des PIN-Codes eine zweite, um so an die Geheimnummer zu kommen. Der PIN-Code ist das eine; dann benötigen sie noch die Kontodaten des Kunden. Diese ergaunerten sie lange über den Magnetstreifen auf der Karte. In einem zweiten Schritt stellen sie dann eine Kartendublette her und buchen mit dieser Karte über die Eingabe des PIN-Codes im außereuropäischen Ausland Geld ab. Im Zweifel merkt der Bankkunde den Betrug erst dann, wenn er die irreguläre Abbuchung auf seinem Konto entdeckt.

Für Kriminelle ist der Betrug ein lukratives Betätigungsfeld

„Weil die Geldautomaten aber in der Regel immer besser gesichert werden, weichen viele Täter immer häufiger auf Fahrkartenautomaten, Tankstellenautomaten oder die Bezahlsysteme in Supermärkten aus“, sagt die BKA-Sprecherin. Dazu brechen sie in die Geschäfte ein und präparieren heimlich die Bezahlterminals an der Kasse. Für den einzelnen Kunden oder etwa den Kassenmitarbeiter sei die Manipulation in 99,9 Prozent der Fällen auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Das Bundeskriminalamt rät Händlern deshalb, die Geräte häufiger intensiv zu prüfen, gerade wenn nach einem Einbruch nichts gestohlen wurde. Erstmals seit Längerem hat es nach Informationen der Euro Kartensysteme GmbH seit September wieder Fälle manipulierter Kartenterminals an Ladenkassen gegeben. Von 25 bemerkten Versuchen seien aber 17 vereitelt worden.

„Der Betrug mit Zahlungskarten ist ein sehr lukratives Betätigungsfeld, in dem der Kriminelle in kurzer Zeit sehr viel Geld machen kann“, sagt die Sprecherin des Kriminalamtes. Häufig sind die Täter in Banden organisiert und gehen arbeitsteilig vor. Während die erste Truppe für den Datenklau zuständig ist, stellen wieder andere die Kartendublette her und plündern im Ausland das Konto des Opfers.