Bettina Wilhelm, Sozialbürgermeisterin von Schwäbisch Hall und ehemalige OB-Kandidatin in Stuttgart, will die Nachfolge von Gabriele Zull im Rathaus antreten. Dem Oberbürgermeister Guido Till kommt das nicht unbedingt gelegen.

Göppingen - Vor Kurzem haben noch viele befürchtet, dass es schwierig werden könnte, einen fähigen Nachfolger für die Göppinger Sozialbürgermeisterin Gabriele Zull zu finden, die im November als Oberbürgermeisterin nach Fellbach (Rems-Murr-Kreis) geht. Diese Sorge ist jetzt vom Tisch: Die Erste Bürgermeisterin von Schwäbisch Hall, Bettina Wilhelm, will sich bewerben. Die parteilose 52-Jährige ist vor allem bekannt, weil sie vor vier Jahren für die SPD unter anderem mit Fritz Kuhn um den Posten des Stuttgarter Rathauschefs kämpfte – mit bekanntem Ausgang. Bei den Göppinger Gemeinderatsfraktionen stößt die erfahrene Politikerin offenbar auf viel Zustimmung. Für den Oberbürgermeister Guido Till allerdings scheint damit endgültig der Plan zunichte, die Rathausspitze umzustrukturieren.

 

Wilhelm hat eine bewegte Karriere hinter sich. Sie war Frauenbeauftragte in Ludwigsburg und arbeitete als Amtsleiterin in Kirchheim (Kreis Esslingen), bevor sie als Erste Bürgermeisterin nach Schwäbisch Hall ging. Ihre Kandidaturen als Oberbürgermeisterin in Aalen und Stuttgart scheiterten trotz der Unterstützung der SPD – vielleicht auch, weil viele Bürger der Sozialpädagogin eher Fähigkeiten im sozialen Bereich und weniger in der Führung einer Verwaltung zutrauten. Ein Image, gegen das sich Wilhelm lange Zeit erfolglos gewehrt hat.

Keine Zukunft in Schwäbisch Hall

In Göppingen hat Wilhelm bereits mit einigen Gemeinderatsfraktionen gesprochen und kommt dem Vernehmen nach gut an. Mit den Grünen steht am kommenden Dienstag ein Gespräch an, mit der CDU eine Woche später. Die SPD war bereits im Sommer an Wilhelm herangetreten. Wilhelm hatte die Vorgänge in Göppingen da bereits im Auge, wie sie erzählt. „Ich kenne und schätze Gabriele Zull vom Städtetag, und Göppingen ist eine interessante Stadt. Deswegen habe ich beobachtet, wie sich die Ereignisse dort entwickeln“, erzählt sie.

In Schwäbisch Hall hat die Politikerin keine Zukunft. Denn ihr Mandat läuft am 31. März aus und wird nicht verlängert, weil die Verwaltung zugunsten des Bauamts umstrukturiert wird. Künftig wird dort der Baubürgermeister die Stelle des Ersten Bürgermeisters haben, nicht mehr der Sozialbürgermeister. Wilhelm ist deshalb auf der Suche nach einer neuen Aufgabe – und wird vielleicht in Göppingen fündig.

„Ich habe den Eindruck, die Gespräche mit den Fraktionen sind bisher sehr gut gelaufen“, sagt sie. Allerdings, so schränkt sie ein, sei die Stelle ja noch nicht einmal ausgeschrieben. Mehr als ein grundsätzliches Interesse habe sie den Fraktionen deshalb auch nicht signalisieren können.

Heftige Auseinandersetzung wegen Stellenausschreibung

Tatsächlich ist die Ausschreibung der Stelle das Thema heftiger Auseinandersetzungen im Rathaus gewesen. Denn der Oberbürgermeister Guido Till wollte diese nutzen, um die Struktur der Dezernate zu ändern und anders zu besolden, wie er dem Ältestenrat vor Kurzem hinter verschlossenen Türen mitteilte. Till wollte die Mitarbeiter des städtischen Referats Recht, die bisher zum Sozialdezernat gehören, in sein Dezernat holen und die Sozialbürgermeisterstelle nicht mehr als Erste Bürgermeisterstelle ausschreiben. Offenbar plante er, die besser dotierte Funktion dem Baubürgermeister Helmut Renftle zu übertragen, der in drei Jahren in den Ruhestand geht.

Die Mehrheit der Stadträte macht da aber offenbar nicht mit. Das Thema ist zwar noch nicht im Gemeinderat besprochen und beschlossen worden. Doch das Ergebnis scheint bereits festzustehen: Die Stadträte sehen keinen Grund, die bewährte Dotierung der Ämter zu ändern. Immerhin ist das Sozialdezernat mit 554 Mitarbeitern das größte im Rathaus. Tills eigenes Dezernat I hat hingegen nur 159 Mitarbeiter, das Dezernat III, das Bauamt, hat 299 Mitarbeiter. Lediglich dem Wechsel der drei Rechtsreferatsmitarbeiter wollen die Stadträte wohl zustimmen.

Offenbar befürchten viele Stadträte auch, dass es kaum gute Bewerber geben würde, wenn die Stelle schlechter als bisher bezahlt würde. „Herr Renftle macht gute Arbeit, aber er geht in drei Jahren in den Ruhestand. Den neuen Sozialbürgermeister werden wir hingegen noch lange haben“, sagt einer der Stadträte. Sprich: die Kommunalpolitiker wollen lieber Geld in die Zukunft stecken, und das ist in diesem Fall die Sozialbürgermeisterstelle.

Bettina Wilhelm jedenfalls hat den Stadträten bereits angekündigt, dass sie sich nur auf eine Stelle als Erste Bürgermeisterin bewerben werde.

Erfolge und Rückschläge

Frauenbeauftragte
Die Stuttgarterin Bettina Wilhelm hat Sozialpädagogik studiert. In Ludwigsburg arbeitete sie vom Jahr 2000 an als Frauenbeauftragte und verschaffte sich mit Kampagnen für gewaltfreie Schulen und gegen gewalttätige Männer rasch Respekt. Doch als sie sich vier Jahre später um die Leitung des Fachbereichs Bürgerschaftliche Kooperation bewarb, scheiterte sie. Die frauenbewegte Frau Wilhelm war den Kommunalpolitikern wohl zu selbstbewusst, zu forsch und zu wenig pflegeleicht. Ihre Kandidatur als Oberbürgermeisterin in Aalen ein Jahr später war nicht erfolgreich.

Bürgermeisterin
Ein weiteres Jahr später wechselte sie als Leiterin des Geschäftskreises Kultur und Soziales nach Kirchheim (Kreis Esslingen). Dort startete sie eine Bildungsoffensive: Kindertageseinrichtungen wurden zu Orten frühkindlicher Bildung, das Ganztagesangebot an den Schulen wurde ausgebaut. Zweieinhalb Jahre später wurde sie zur Ersten Bürgermeisterin von Schwäbisch Hall gewählt. Dort leitet sie das Sozialdezernat und ist zudem für das Stadtmarketing zuständig. Ihre OB-Kandidatur 2012 für die SPD in Stuttgart scheiterte.