Die Zeichnungen sind wie offene Wunden. Eine Ausstellung in Birkach zeigt, wie palästinensische Kinder die Welt sehen. Ein Teil der Bilder stammt von Folteropfern. Die Schau war bereits in mehrenen deutschen Großstädten zu Gast.

Birkach - Das Bild auszusuchen, das sie am meisten berührt, fällt Edelgard Meyer zu Uptrup schwer. Sie blättert in dem Katalog zu der Ausstellung, die von dieser Woche an im Haus Birkach zu sehen sein wird. Wie soll sie auch entscheiden, welche der kindlichen Abbildungen von Krieg und Gewalt tiefer berührt als andere? Dann zeigt sie doch auf ein Bild. „Vielleicht das?“, fragt sie.

 

Auf der Zeichnung sind Kinder zu sehen, die sich in einem Haus verstecken. Mit angstverzerrten Grimassen schauen sie nach draußen. Vor dem Haus liegt ein Toter. Männer in Uniform laufen vorbei und lachen, als sei der Anblick der Leiche ein Grund zur Freude. Der Schmetterling, der über dem Toten schwebt, weint dagegen.

Kinder im Gefängnis

Das Insekt mit den gelb ausgemalten Flügeln löst bei der engagierten Birkacher Christin etwas aus. Sie war selbst im von Israel besetzten Westjordanland und denkt an die Kinder, die sie kennengelernt hat. Deren Lebenswelt ist begrenzt von Mauern und den Checkpoints der israelischen Armee. Ein Dorf ist dabei für die Bewohner eines anderen bisweilen unerreichbar. Ein Schmetterling kann die zahlreichen Barrieren, die das Land zerschneiden, sicher mühelos überfliegen. Die Kinder erleben dagegen von Geburt an, wie klein ihre Welt ist. Sie schrumpft sogar noch, weil die israelischen Siedlungen im Westjordanland ständig wachsen, die Wohngebiete auf denen Palästinenser leben dürfen, aber ständig kleiner werden. „Die palästinensischen Kinder wachsen in einem Gefängnis auf. Das gilt erst recht für Gaza“, sagt Edelgard Meyer zu Uptrup.

Edelgard Meyer zu Uptrup Foto: privat

Die Ausstellung will nicht nur Emotionen ansprechen, in dem sie die Zeichnungen der Kinder aus Gaza und dem Westjordanland wie offene Wunden präsentiert. Auf Informationstafeln werden die Besucher mehr erfahren über die Verhältnisse, in denen palästinensische Kinder aufwachsen müssen. Das Konzept ist bereits seit zwei Jahren erprobt. Die Wanderausstellung war bereits in verschiedenen deutschen Großstädten zu sehen.

Die Infotafeln, die neben den Zeichnungen auch im Haus Birkach hängen werden, machen dabei die Rechtlosigkeit deutlich, in der palästinensische Kinder aufwachsen. Israel hat zwar die Kinderrechtskonvention unterzeichnet. Sie gilt aber nur für Israelis, nicht für die staatenlosen Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten.

Auch Folteropfer haben gezeichnet

Eine Konsequenz ist, dass Israel Tausende von Minderjährigen in Militärgefängnisse gefangen hält. Menschenrechtsbeobachter werfen Israel auch Folter von Kindern und Jugendlichen vor. Einige der Zeichnungen, die in der Ausstellung gezeigt werden, stammen aus einem Behandlungs- und Rehabilitationszentrum für Folteropfer in Ramallah. Für die Kinder sei es besonders schlimm, dass sie sich ausgeliefert fühlen, sagt Meyer zu Uptrup. „Sie können kein Vertrauen entwickeln, dass die Eltern sie beschützen können“, sagt die Aktivistin. Das habe psychologische Folgen. Ebenso verhalte es sich mit dem Mangel an Versorgungsgütern im von Israel abgeriegelten Gazastreifen und der Gefahr durch Luftangriffe, sagt sie.

Ein Hilfsprojekt aus Gaza stellt der Wanderausstellung Bilder zur Verfügung. Sie stammen wie auch die Zeichnungen aus dem Behandlungszentrum in Ramallah aus der Maltherapie mit den traumatisierten Kindern. Die Kinder sollen so lernen, ihre Gefühle auszudrücken. Denn im Alltag voller Gewalt müssen sie oft unterdrückt werden, damit die Kinder funktionieren können. Nicht alle Zeichnungen, die im Haus Birkach zu sehen sein werden, sind deshalb düster. Ein Bild zeigt einen blühenden Baum und eine leuchtende Sonne. Die 15-Jährige hat das Bild signiert.„Ich wünsche mir, dass wir glücklich sind“, steht darauf.

Ausstellungstermine

Die Ausstellung „Kinder in Palästina“ ist von Donnerstag, 15. Januar, bis Freitag, 23. Januar, von jeweils 14 bis 20 Uhr im Haus Birkach, Grüninger Straße 25, zu sehen.