Wie gehen Sie im Beruf mit Ihrem Beziehungsstatus um?
Julia Lilien M. Bis jetzt hatte ich eher Kollegen, die mir nicht wirklich nahe standen. Mit ihnen rede ich dann natürlich auch nicht explizit über mein Liebesleben. Smalltalk birgt da aber seine Tücken, denn wenn meine Kollegen ganz genau zuhören, könnten sie darauf kommen, dass ich nicht nur einen Partner habe – auch ohne, dass ich es ihnen direkt sage. Ich warte schon auf den Tag, an dem ein Kollege mich fragt: „Wie kann das eigentlich sein, dass dein Freund gleichzeitig zwei Jahre älter und neun Jahre jünger ist? Dann sagst du, dass du schon seit zwölf Jahren mit ihm zusammen bist, aber er erst vor vier Jahren als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist. Du erfindest das doch alles!“
Sie leiten in Tübingen zwei Gruppen, eine für Lesben und bisexuelle Frauen namens LesBiT und eine für bisexuelle und polyamore Menschen, TüBisch. Was treibt Sie dazu an?
Julia Lilien M. Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass ich irgendwo hin wollte, aber keiner vor mir gelaufen ist, an dem ich mich orientieren konnte. Als Teenager hätte ich mich gerne einer Gruppe Gleichgesinnter angeschlossen, aber es gab schlichtweg keine. Daraus habe ich gelernt, dass ich selbst den Anfang machen muss. Heute versuche ich, anderen das zu geben, was ich früher vermisst habe.